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Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)

Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)

Titel: Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Desrochers
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allem darf ich nicht panisch werden. Mein neuer Plan wird funktionieren, er muss funktionieren.
    Ich folge Frannie in Raum 616 und lasse mich neben ihr nieder. «Hallo, Frannie. Na, hattest du einen schönen Sonntag?»
    «Danke, ja.»
    Und in diesem Augenblick fällt es mir auf. Ich rieche nichts mehr, kein Anis, keinen Pfeffer und auch sonst nichts. Ich versuche, mir meine Überraschung nicht anmerken zu lassen. «Hast du was unternommen?», erkundige ich mich so gelassen wie möglich.
    «Nein.»
    «Ist irgendwas?»
    «Was soll denn sein?», gibt sie locker zurück.
    Mr. Snyder kommt und legt ein Papierbündel vor Frannie ab. «Hier sind noch einmal ein paar Briefe, Frannie. Die Übersetzung ist jeweils angeheftet. Brauchen Sie noch Geld für die Briefmarken?»
    «Nein danke, Mr. Snyder», Frannie lächelt, als wäre sie nie glücklicher gewesen. «Wir haben genug gesammelt.»
    Ich rutsche näher an Frannie heran. «Darf ich mal sehen?»
    War da ein leichtes Zittern, oder habe ich mir das nur eingebildet? «Nein, tut mir leid. Diese Briefe sind privat.» Dabei dreht sie sich nicht einmal zu mir um.
    «Wie funktioniert das Ganze eigentlich? Wer übersetzt die Briefe?»
    «Mr. Snyder scannt sie ein und lässt sie von einem Computerprogramm übersetzen. Das Gleiche macht er mit den Briefen, die aus Pakistan kommen. Die Übersetzungen sind nicht sonderlich gut, aber es funktioniert.»
    All das erklärt sie sachlich und ruhig. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Eben hat sie doch noch vor Wut geschäumt, darauf könnte ich jedenfalls wetten.
    «Wir machen weiter mit Früchte des Zorns .» Mr. Snyder läuft durch die Reihen. «Schlagen Sie Kapitel achtundzwanzig auf.»
    Die anschließende Diskussion blende ich aus und konzentriere mich nur auf Frannie. Irgendwann bittet Mr. Snyder sie, einen Abschnitt vorzulesen. Ich rücke noch dichter an sie heran, woraufhin sie von mir abrückt und ungerührt vorliest. Ihre Stimme klingt seidenweich.
    Kurz vor dem Ende der Stunde setzt Mr. Snyder sich an sein Pult. «Wir haben noch ein paar Minuten. Bitte, beginnen Sie mit der Zusammenfassung von Kapitel achtundzwanzig, und arbeiten Sie den zentralen Konflikt heraus.»
    Frannie dreht sich um und streift mich mit ihrem Blick. «Was ist los?», frage ich.
    «Was soll los sein?»
    «Willst du mir nicht sagen, was du hast?»
    «Alles in bester Ordnung», entgegnet sie. «Könnten wir jetzt mit der Zusammenfassung anfangen?»
    «Wenn es sein muss.» In großer Druckschrift schreibe ich «Luc und Frannie» auf eine Seite meines Heftes.
    Erwartungsvoll schaue ich Frannie an. Sie erwidert meinen Blick gleichmütig, wenn nicht gar kalt. Doch da klingelt es bereits zur Pause. Frannie verstaut ihr Buch in der Tasche.
    «Warum sagst du mir nicht, was mit dir los ist?», versuche ich es noch mal.
    «Nichts», entgegnet sie und macht Anstalten, den Raum zu verlassen. Ich packe ihren Arm. Meine Hand brennt sich in ihre Haut, das erkenne ich an Frannies Blick und an dem Grapefruitgeruch, den sie plötzlich verströmt. Trotzdem lasse ich sie nicht los.
    Wir schauen uns an – und ich verliere völlig den Faden.
    «Was willst du?», fragt sie und löst sich aus meinem Griff.
    Deine Seele – und alles andere. «Ich will nur wissen, was du hast. Habe ich etwas getan?»
    «Nein, es ist alles in Ordnung. Warum fragst du?» Verwundert zieht sie die Brauen hoch. Inzwischen bin ich am Ende meines Lateins. Wenn ich weiter nachbohre, kann ich sowohl meine direkte als auch meine indirekte Vorgehensweise vergessen. Deshalb zucke ich nur gleichgültig mit den Schultern. Für einen Moment wirkt sie beunruhigt, doch dann dreht sie sich um und geht.
    Ich bleibe sitzen und versuche, mir einen Reim auf Frannies Verhalten zu machen. Nachdenklich schaue ich hinaus in den Flur. Frannie steht da und knallt die Tür ihres Schließfachs zu. Und wer kommt und schleicht sich an sie heran? Gabriel, der Bastard. Lässig lehnt er sich an mein Schließfach und wirft einen Blick zu mir herüber. Was er zu Frannie sagt, kann ich nicht verstehen. Ich höre nur, wie Frannie kichert. Während ich aufstehe und betont lässig nach draußen schlendere, beginnt es unter meiner Haut zu knistern. Irgendetwas muss ich tun, aber leider habe ich keine Ahnung, was. Vielleicht sollte ich Gabriel auflauern, ihm die Flügel abreißen und sie ihm in den Hintern stecken?
    In dem Augenblick legen sich von hinten zwei Hände auf meine Augen, und jemand fragt: «Rate, wer ich bin?» Der Duft eines

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