ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
...?“, fragte ich leise und erhielt ein gebrummtes Stöhnen zur Antwort. Er lag dort, zu einer Kugel gekrümmt im Schatten und presste die Hände an den Kopf. Er war blass und sogar seine Lippen hatten ihre Farbe verloren. Vorsichtig ließ ich mich neben ihm auf die Knie nieder und strich ihm sanft mit der Hand über das Haar.
„Kann ich etwas für dich tun?“, fragte ich ihn so leise, wie ich konnte, um seinen Schmerz nicht noch zu verschlimmern. Er öffnete die Augen nicht. „Schatten“, raunte er leise. Ich verstand schon.
Behutsam schob ich meine Hände unter seine Achseln und zog ihn auf die Füße. „Na dann komm“, sagte ich leise und legte einen seiner Arme um mich. „Stütze dich auf mich. Ich bringe dich zum Haus. Da kannst du dich ausruhen.“ Er antwortete nicht, nickte nur schwach.
Langsam setzte ich mich in Bewegung. Claude versuchte zwar sich nicht mit seinem ganzen Gewicht auf mich zu stützen, aber er konnte kaum alleine gehen. Während ich ihn langsam durch den Wald zurück zum Haus führte, dachte ich nach.
Scheinbar hatte Claude einen gar grauenhaften Kater. Ich konnte mich nur an den ersten Teil des Abends erinnern. Wir hatten gegessen. Claude hatte das Feuer entfacht ... Schon da hatte ich die wilde Unruhe in seinem Körper gespürt. Seine Magie war unruhig geworden durch den Blutmond. Dann hatte ich mich mit ein paar der Anderen unterhalten. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Dante war wirklich nett gewesen.
Immer deutlicher formte sich die Erkenntnis in meinem Kopf, die ich so vehement versuchte nicht zuzulassen.
Ich hatte die Nacht mit dem nackten Mann in meinen Armen verbracht.
Ich biss mir auf die Lippe. Na toll! Ich hatte also vermutlich mit Claude geschlafen. Aber warum konnte ich mich nicht daran erinnern?
Als wir den Garten erreichten, war dort außer dem totalen Chaos und in die Erde gestampfte Asche nichts zu sehen. Scheinbar schliefen alle anderen in ihren Zimmern, wo sie hingehörten. So leise ich konnte, schlich ich mich ins Haus und zerrte Claude mit.
Endlich hatte ich sein Zimmer erreicht und stieß die Tür mit dem Fuß auf. Langsam ließ ich ihn auf das Bett gleiten. Er atmete erleichtert auf, als er auf der Decke zu liegen kam. Eilig schloss ich die Vorhänge und tauchte das Zimmer in tiefe Dunkelheit. Sofort ließ das Pochen in meinen Schläfen nach. Die Dunkelheit tat ihm gut.
Ich war schon wieder auf dem Weg zur Tür, als ich seine Stimme hörte. „Angel ...“, murmelte er leise und seine Stimme klang rau und angestrengt, „Bitte ... Geh nicht ... Bleib bei mir ... Deine Nähe ... tut mir gut.“
Ich seufzte und nahm die Hand wieder von der Klinke. Leise ging ich zum Bett zurück und ließ mich auf der Kante nieder. Sofort rollte sich Claude herum und legte seinen Kopf in meinen Schoß. Er umschlang meinen Körper und schmiegte sich an mich.
Ich ließ es geschehen. War er doch jetzt wirklich in einer Lage, in der er mal meine Hilfe brauchte. Behutsam strich ich ihm das lange, schwarze Haar aus der Stirn. Ließ die weichen Strähnen durch meine Finger gleiten.
Mit verstreichender Zeit fühlte ich, dass er ruhiger wurde. Sein Atem wurde tiefer. Sein Herzschlag gleichmäßig. Seine Muskeln entspannten sich. Erst, als ich mir sicher war, dass er fast schlief, beugte ich mich vorsichtig vor und zog ihm die Decke über den Körper.
Eigentlich fühlte ich mich selbst fürchterlich erschöpft. Mein Körper verlangte Schlaf. Aber ich war innerlich viel zu unruhig, um schlafen zu können.
Warum um alles in der Welt hatte ich denn nur mit Claude geschlafen?
Ja, ich fühlte mich zu ihm hingezogen, aber nicht auf diese Weise ... oder?
Seine Nähe tat mir gut. Seine Berührungen taten mir gut. Aber ich wollte ihn doch nicht!
Ich wusste, dass er da anders dachte, zum Teil auch gezwungenermaßen, aber was war nur geschehen, dass wir scheinbar beide den Verstand verloren hatten? Konnte das allein der Blutmond gewesen sein?
Ich schloss die Augen und genoss für einen Moment die Stille. Lauschte nur auf Claudes ruhigen Atem und das seltsam fremde, vertraute Gefühl unserer synchronen Herzen. Unwillkürlich wanderten meine Gedanken wieder zu der Situation, in der ich aufgewacht war. Hatte ich wirklich mit meinem Wächter geschlafen? Diese Frage ließ mich einfach nicht mehr los.
Es fiel mir nun einmal wahnsinnig schwer, Claude nicht bei mir haben zu wollen. Seine Nähe, seine Gesellschaft, war etwas, was ich wollte. Weil er mich ausglich, mich erdete,
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