ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
erreichte die Tür, die mich tiefer ins Haus führte. Sie stand halb offen und spähte hindurch in die Eingangshalle. Meine Augen wurden beinah geblendet von der Farbenpracht, die vor mir lag. Säulen aus blutrotem Marmor, die sich hervorragend mit den Vorhängen und dem Mahagoni an den Wänden ergänzten. Das wohl Eindrucksvollste jedoch war der detaillierte, feine Mosaikfußboden. Ein fabelhaftes Kunstwerk, das man mit Sicherheit wundervoll von der Galerie am oberen Ende, der großen Freitreppe bestaunen konnte.
Moment mal! War ich denn hier, um mir die Innenausstattung anzuschauen oder wollte ich hier einen Mord begehen?
Ich schüttelte den Kopf und zwang mich über all die Pracht hinweg zu schauen. Am anderen Ende der Halle lag eine gewaltige, zweiflügelige Tür aus Ebenholz. Allerdings verschlossen. Links von mir führte eine weitere Tür in den nächsten Raum. Durch den Spalt, den sie offen stand, sah ich weiches, rotes Licht schimmern und der Duft von Gebratenem kroch heraus. Wohl das Esszimmer.
Ich schlüpfte aus dem Billardzimmer und wollte die Halle durchqueren, um meine Suche im oberen Stockwerk fortzusetzen.
„Ich hatte schon befürchtet du kämst nicht. Schön, dass du da bist.“
Die Stimme schnitt durch mich hindurch, auch wenn er ganz leise gesprochen hatte.
Ich hatte ihn nicht gehört!
In einer geschmeidigen, schnellen Bewegung fuhr ich herum. Das Messer in der einen, die Magnum in der anderen. Beides zielte auf seinen Kopf.
Was ich jedoch sah, verschlug mir die Sprache und löschte jeden Reflex aus meinem Hirn.
Dort stand er und lächelte mich an.
Ein Fleck schwarzer, negativer Kraft inmitten von Eleganz und Farbenpracht. Er wirkte so völlig fehl am Platze. In dem weißen Hemd und der schwarzen Anzughose sah er zwar aus, wie der Herr des Hauses, aber dennoch schien er nicht wirklich hier herzupassen. Viel zu dunkel war die Aura, die ihn umgab und viel zu prachtvoll die Welt um ihn herum.
Mein Herz machte einen Satz, als ich erkannte, wie gut er aussah. Erholt. Unter dem dünnen Hemd erkannte ich deutlich mehr Fleisch und Muskulatur, als bei unserem letzten Treffen. Dort in der Gasse unter der italienischen Sonne. Hitze schoss mir in die Wangen, als ich daran zurückdachte.
Langsam und mit einer angeborenen Eleganz kam er auf mich zu. Ich war nicht mal in der Lage einen Gedanken an Flucht zu fassen. Zu verblüfft war ich über seine unerwartete Anwesenheit. Und über die Flut von Gefühlen, die mich plötzlich überschwemmte.
Was machte er hier?
Unmittelbar vor mir blieb Ira stehen und machte eine elegante Verbeugung.
„Willkommen in meinem Haus“, sagte er, als er sich wieder aufrichtete, „Schön, dass du es einrichten konntest, Angel.“
Vollkommen entgeistert und verblüfft sah ich ihn an, bis sich, mit einem Mal, das Puzzle in meinem Kopf zusammensetzte.
„Du bist der Auftraggeber“, murmelte ich und ließ die Waffen sinken, „Warum heuerst du mich an, damit ich dich umbringe?“ Als hätte er mich nicht auch anrufen können. Oder eine Postkarte schreiben!
Ira lachte leise und steckte die Hände in die Taschen seiner Hose. Diese Geste ließ ihn unglaublich jung und etwas schüchtern wirken, was mein Herz sofort zum Schmelzen brachte.
„Ich hatte deine Handynummer leider nicht, sonst hätte ich dich angerufen und Robin wollte sie partout nicht rausrücken. Und was Besseres ist mir nicht eingefallen, um dich hierher einzuladen.“
Die Worte hörte ich, verstand sie aber kaum. Alles, was ich sah, war sein Lächeln und seine pechschwarzen Augen. Alles, was ich hörte, war der sanfte Klang seiner Stimme, die tief in mir vibrierte. Alles, was ich roch, war er, sein wahnsinniger Geruch nach exotischen Gewürzen, Ewigkeit und Tod.
In mir tobte ein Kampf. Mein Verstand und die Bestie in mir brüllten sich an, rissen und zerrten aneinander. Stritten sich zwischen Davonlaufen und ihm um den Hals fallen. Zwischen Vernunft und Verlangen.
Ira unterbrach den Streit. Seine Stimme ließ alles andere verstummen. Sogar die Welt schien den Atem anzuhalten.
„Komm. Hier entlang“, sagte er und machte eine auffordernde Geste in Richtung Esszimmer, „Ich war so frei uns ein Abendessen bereiten zu lassen.“ Er lächelte mich an und wiederholte die Geste. Er hatte immer noch etwas Berauschendes an sich.
Machte er hier gerade aus meinem Mordauftrag ein Date? Ein Abendessen zu zweit?
Ira ließ mich voran in den Speisesaal gehen und zeigte mir meinen Platz an dem riesigen Tisch,
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