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ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)

ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)

Titel: ANGEL - Wolfsmensch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liesa Maria Nagel
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und war nicht erstaunt, als ich im Inneren rein gar nichts fand. Bis auf eine zentimeterdicke Staubschicht auf allem, war hier nicht einmal ein ungefallener Stuhl. Auch in den übrigen Stockwerken und Zimmern, die ich eines nach dem anderen absuchte. Hier war aufgeräumt worden. Und zwar gründlich. Jemand hatte Spuren verwischt. Das ließ den Schluss zu, dass zumindest irgendetwas mit dämonischem Hintergrund hier geschehen war. Unauffällig zu bleiben war das höchste Gebot unter allen Dämonenrassen. Denn wie erklärte man dem Gerichtsmediziner zum Beispiel den stärkeren Knochenbau, das verbreiterte Sternum? Oder gar die überaus seltsame DNS eines Werwolfs, die bei jeder Überprüfung eine achtundneunzigprozentige Übereinstimmung mit Canis Lupus ergeben würde?
    Ergebnislos verließ ich das kleine Hotel wieder. Draußen blieb ich vor der Tür stehen. Da war es wieder. Dieses seltsame Gefühl, das ich auch in der Agentur gehabt hatte. Was zum Teufel war das nur? Wie magnetisch zog es mich in den kleinen Hinterhof des Hotels. Wie eine innere Stimme, die mir den Weg wies.
    Lautlos und unauffällig, schlich ich um das Haus herum und durch den Torbogen in den Innenhof. Ein Blick nach oben verriet, dass in keinem der Fenster Licht brannte. Keine wandernden Schatten. Keine schlagenden Herzen. Und dennoch zog mich irgendetwas wie magisch hierher.
    Ich sah mich vorsichtig um, achtete auf jeden Schritt. Was genau ich hier suchte, wusste ich nicht, aber…
    Eine Bewegung aus dem Augenwinkel ließ meinen Kopf herumschnellen. Was war da? Wer?
    In leicht geduckter Haltung verharrte ich und lauschte. Da war jemand. Eindeutig. Ich hörte leisen Atem, den Schatten eines Herzschlags. Und da war ein Geruch … Subtil und kaum wahrnehmbar trug ihn der laue Wind zu mir. Was war das nur?
    Das sanfte Rauschen von Wind in Federn ließ mich den Kopf heben. Vom nächtlichen Himmel kam ein Rabe herunter und landete kaum einen Steinwurf von mir entfernt in den Schatten. Er legte die gewaltigen Schwingen an und erst da erkannte ich, wie riesig er war. Bald größer als eine Katze. Das war kein gewöhnlicher Rabe.
    Plötzlich schlug der Rabe wild mit den Flügeln und krächzte laut und abgehackt vor Schmerz. Das laute Knacken von Knochen hallte durch die Stille. Ich hörte, wie sie brachen, wuchsen. Ein Gestaltwandler! , schoss es mir durch den Kopf. Schwarze Federn stoben durch den Hof. Haut spannte sich über neue Beine und Arme. Der lange Schnabel verschwand und das Krächzen ging langsam in schmerzhaftes, menschliches Keuchen über. Die dunkle Haut des Vogels wurde heller. Wie ein großer, grauweißer Klumpen Fleisch kauerte er da am Boden. Flügel verschwanden, Arme streckten sich. Krallen und Federn fielen aus und machten menschlichen Beinen und Muskeln platz.
    Dann lag er da. Schwer atmend. Blass, fast weiß. Das hüftlange, rabenschwarze Haar zerzaust und feucht vom Schweiß. Ein schlanker, starker Körper. Groß war er und bedeckt mit seinen schwarzen Rabenfedern, die geräuschlos aufstieben, als er aufstand. Schwankend waren seine ersten Schritte. Schatten verbargen sein Gesicht, so, dass selbst ich es nicht erkennen konnte, als der Mann sich zeigte. Inmitten der Dunkelheit von Mauern und Zäunen, Kartons und Mülltonnen hatte er gewartet.
    Nur wenige Schritte trennten uns jetzt noch voneinander.
    Irgendetwas an ihm zog sofort meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich, machte mich atemlos. Willenlos. Und das war nicht einmal die Tatsache, dass er splitternackt und verdammt sexy war. Seine Gegenwart fesselte mich mit unsichtbaren, starken Ketten.
    Er war groß und kräftig gebaut. Breite Schultern und starke Oberarme. Obwohl es feucht war von seinem Schweiß, wehte sein langes Haar leicht, als er sich bewegte. Schimmernd und stolz. Wie gesponnener Turmalin . Es schien einfach alles Licht in sich aufzusaugen. Ich sah die Schatten deutlich, die ihn verfolgten.
    Unübersehbar ein Dämon, doch war da Menschlichkeit in ihm. Vielleicht ein Magier? Seiner pechschwarzen Aura nach zu urteilen.
    Minutenlang standen wir in diesem Hinterhof und starrten uns an. In mir brodelte es. Ich konnte mir nicht erklären, warum mein Körper förmlich in Flammen aufging in der Nähe dieses Fremden. Wer war er nur? Und dieser Geruch! Einmalig und unbeschreiblich driftete er zu mir herüber. Tief atmete ich ihn ein und konnte das verlangende Grollen, das auf meiner Zunge lag, kaum noch zurückhalten. Ich schrak vor mir selbst zurück. Das war doch nicht ich.

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