ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
nicht gefallen. Vorsichtshalber machte ich einen Schritt näher an die Tür heran. Von einer Sekunde auf die nächste war der diebische Ausdruck vom Gesicht der Frau verschwunden und von einem fast liebevollen Lächeln ersetzt worden.
„Ich hoffe ich hab dich nicht erschreckt! Robin scheint dir nicht allzu viel über meine Arbeit erzählt zu haben.“
Ich schüttelte schnell den Kopf und warf einen Blick zu Robin hinüber, die grinsend in einer Ecke stand und das Schauspiel beobachtete.
„Na, das macht ja nichts. Komm mit. Nebenan ist mein Labor, da können wir uns unterhalten, während ich dir Blut abnehme.“
Zweifelnd sah ich ihr nach, aber auf Robins aufmunterndes Nicken hin, folgte ich ihr.
Der Nebenraum sah aus, wie jede beliebige Arztpraxis. Ein Behandlungsstuhl, ein gewaltiger Schreibtisch mit einem ganzen Wald in Form von Papieren und Akten, einem Computer und diverse mit Büchern vollgestopfte Regale und Schränke.
Der einzige Unterschied war wohl, dass es, genau, wie im Vorzimmer, kein einziges Fenster gab.
Tracey setzte sich in den rollbaren Schreibtischstuhl und bot mir mit einer Geste den Hocker an ihrer Seite an. Nur widerwillig nahm ich Platz. Sie sammelte aus kleinen Plastikschränkchen und Schubladen einige Dinge zusammen, ehe sie sich wieder zu mir umdrehte.
„Kannst du bitte deinen Arm freimachen?“, lächelte sie.
„Kannst du mir vielleicht erst verraten, was du hier treibst?“, knurrte ich und bewegte mich keinen Millimeter.
Tracey ließ die Hände in den Schoß sinken. „Gerne. Ich führe hier Forschungen an Dämonen durch. Hauptsächlich an Werwölfen, wie ich bereits sagte, aber auch an Vampiren und anderen Rassen. Für die Vampire verwalte ich zum Beispiel die europäische Blutstammdatenbank. So habe ich auch Robin kennengelernt. Was deine Rasse betrifft, so habe ich persönliche Gründe, warum ich euch erforsche. Und bevor du fragst: Nein, ich werde es dir nicht erzählen. Ich habe allerdings nicht vor eine Art Heilmittel für euch zu erfinden oder so. Ihr seit ja schließlich keine Krankheit, auch wenn das der weitverbreitete Glaube unter den Menschen ist.“
Ich schnaubte abfällig unterbrach sie aber nicht.
„Weißt du, ich betreue seit einigen Jahren ein Programm, dass jungen, obdachlosen Jugendlichen mit dem Werwolf-Gen ein zu Hause und das nötige Training bietet, dass sie brauchen um ihre zweite Seite unter Kontrolle zu halten. Meine Forschungen an erwachsenen Werwölfen dienen also nur dem Zweck so viel wie möglich über euch herauszufinden, damit ich den Kindern das Leben leichter machen kann. Irgendwann, so hoffe ich, kann ich mit meinen Erkenntnissen ein Serum entwickeln, dass die Verwandlung schmerzlos macht. Und im besten Falle sogar ganz unterdrückt.“
Ich holte tief Atem, um zu einer wütenden Antwort anzusetzen, aber sie fuhr mir einfach über den Mund.
„Ich weiß, was du sagen willst. Spar dir die Luft. Du bist nicht die Erste. Aber du ahnst nicht einmal, wie viele eurer Kinder, die ohne Eltern aufwachsen, die ihnen zeigen, wie alles funktioniert, den Freitod wählen, weil sie mit den Qualen nicht leben können!“
Für einen langen Moment sah ich sie fassungslos an. Dann schloss ich den Mund wieder, schluckte alle Erwiderungen hinunter und krempelte den Ärmel hoch. Wortlos staute Tracey das Blut und suchte nach einer guten Vene.
Es war selten, dass sich Menschen für uns einsetzten. Wenn es stimmte, was sie mir eben erzählte, dann hatte Tracey meinen ehrlichen Respekt. Kurz sah ich zu Robin rüber, die an der Wand lehnte und zufrieden beobachtete, wie mein unsterbliches Blut ein Röhrchen nach dem anderen füllte. Fünf unterschiedliche Glasröhrchen ließ Tracey mit meinem Blut füllen, ehe sie das Band an meinem Oberarm löste. Sie gab mir weder ein Pflaster noch etwas, womit ich die Wunde desinfizieren konnte. Das war nichts Ungewöhnliches. Viele dämonische Ärzte handhabten das so. Das Tracey diese Praxis verwendete deute nur darauf hin, dass sie schon lange im Geschäft war.
Der Einstich war schon fast verschwunden, als ich meinen Ärmel herunterrollte. Robin kam zu mir und gemeinsam beobachteten wir Tracey, wie sie eine Probe meines Blutes für das Mikroskop vorbereitete.
„Ich werde dein Blut untersuchen, um festzustellen, aus welchem Stamm du bist. Kannst du bitte solange diesen Fragebogen ausfüllen?“ Ohne mich anzusehen, reichte sie mir ein Blatt Papier. Ich nahm es ihr ab und überflog es. Seufzend suchte ich mir einen Stift
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