ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
nur erregte mich dieses Gefühl sosehr?
Ich wollte, dass er nie mehr damit aufhörte. Doch da spürte ich, wie die Last seines Körpers auf mir immer leichter wurde. Träge öffnete ich meine schweren Lider und krallte die Hand noch fester um den Griff des Messers, das in seiner Seite steckte und ihn nicht einmal zu stören schien.
Ich sah, wie das stumpfe Fell verschwand. Ganz langsam zog es sich unter seine Haut zurück. Der gewaltige Wolf wurde mehr und mehr Mensch. Aus dem Monster wieder ein … Mann.
Ira löste seine blassen Lippen von meinem Hals und versiegelte die tiefe Wunde schnell mit seiner Zunge. Erst dann begegnete er meinem Blick.
Seine Augen verschlangen mich. In unendlich tiefem Schwarz glommen immer noch bernsteinfarbene Funken. Mein Blut befleckte ein ebenmäßiges, edles Gesicht mit ausgeprägten Wangenknochen und vollen, weichen Lippen. Er sah soviel jünger aus, als ich erwartet hatte und irgendwie weckte sein Anblick ein Gefühl von Erinnerung in mir.
„Danke“, krächzte eine raue Stimme. Seine.
Ich konnte ihm nicht antworten. Sprachlos starrte ich ihn an, hingerissen von seinen Augen, wütend über seine grobe Art. Verloren in einem Begehren, dass ich gar nicht hätte empfinden dürfen, zornig auf den Verrat meines eigenen Körpers.
Es rasselte, als er sein Gewicht etwas verlagerte und meine Hände freigab. Immer noch hingen die schweren Ketten um seine Gelenke und seinen Hals. Erst jetzt erkannte ich überhaupt, dass sie für die Maße seines menschlichen Körpers gemacht worden waren. Wie schrecklich mussten sie geschmerzt haben um die Gelenke seiner anderen Gestalt.
Ich biss mir auf die Lippen, als mir aufging, wie sehr er all die Jahre hier unten gelitten hatte. Warum mir sein tragisches Schicksal so nahe ging, verstand ich nicht, aber ich konnte mich der Trauer nicht verschließen.
Von ganz allein bewegte sich meine Hand hinauf und legte sich auf seine Wange. Seine schönen Augen weiteten sich erschrocken.
„Wehe dir, du tust noch einmal nicht das, was ich dir sage“, zischte ich leise.
„Warum hast du das getan?“, murmelte er und nun wurde sein Blick ernst, beinah verschlossen. Ich deutete ein Schulterzucken an und nahm die Hand von ihm. „Was hätte ich sonst tun sollen?“, erwiderte ich leise. Das Gefühl seiner Haut unter meinen Fingern hatte so etwas Vertrautes. Erschreckend vertraut und so intensiv, dass ich es nicht ertragen konnte.
Ira schnaubte leise. „Du hättest mich hier lassen können. Einfach wieder gehen und Tony sagen, wo er mich findet. Dich der Gefahr auszusetzen mich zu nähren, war sehr riskant. Ich hätte dich töten können.“
„Aber das hast du nicht“, erwiderte ich und ließ meinen Blick weiter über seinen Nacken und seine Schultern wandern. Sein nackter Körper war immer noch schrecklich dünn, aber er sah schon deutlich kräftiger aus, als vorher.
„Warum siehst du mich so an?“, fragte er leise und legte den Kopf genauso auf die Seite, wie vorhin. Ich musste unwillkürlich lächeln. Sein langes, zerzaustes Haar fiel ihm leicht in die Stirn. Es hatte die unglaublich schöne, wilde Farbe von Wolfsfell. Ein unergründliches Grauschwarz, hier und da eine braune Strähne.
„Ich habe das Gefühl mich an dich zu erinnern“, gab ich zu und versuchte das Gefühl, welches von Herzschlag zu Herzschlag stärker wurde, zu begreifen. Mir war als kannte ich ihn. Doch mir fiel nicht ein, woher.
„Ich erkenne dich nicht“, sagte er rau, „aber der Geschmack deines Blutes weckt ein ähnliches Gefühl in mir.“
War das Feuer in seinen Augen gerade noch beinah erloschen, flammte es nun wieder auf.
„Dein Blut löst in mir den Wunsch aus, dich zu besitzen.“
Ein Schauer rann durch mich hindurch. Seine Stimme glitt wie ein eiskalter Wassertropfen meine Wirbelsäule hinab, war sie doch kaum mehr als ein tiefes Grollen.
Mein Körper hatte eindeutig keinerlei Einwände sich von ihm besitzen zu lassen.
Mein anderes Ich regte sich in meinem Herzen. Wild und leidenschaftlich kroch es unter meine Haut, betäubte meinen Verstand und befahl meinen Instinkten. Ich würde mich nicht wehren, das begriff ich nun mit einer erschreckenden Deutlichkeit. Ich kannte ihn nicht, ich wusste nicht, wer er war, und doch verzehrte sich mein Körper nach ihm.
Nein, das Biest in mir sehnte sich nach ihm. Mein Verstand riet mir, ihn zu meiden.
Der Wolf in mir gewann den Streit. Er überrannte meinen Verstand, als wäre er ein Gartenzaun und warf sich dem
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