ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
mir, als ich Claude beobachtete. Meine anfängliche Verwirrung machte nun Zorn platz.
„Wo warst du?“, fragte ich ihn. Meine Stimme war kaum ein Flüstern, aber Claude blieb sofort wie angewurzelt stehen. Als er mich ansah, erkannte ich, dass er auf diese Frage gewartet hatte. Ich würde wieder keine Antwort bekommen. Der Zorn in mir wuchs und ich stand langsam auf. Jede Bewegung meinerseits war eine Drohung.
„Wenn du mein Wächter bist, dann erkläre mir, wo du all die Jahre warst? Wieso weiß ich nichts von dir?“
Unmittelbar vor ihm blieb ich stehen. Fast musste ich den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen sehen zu können. Der kleine Raum, der noch zwischen uns war, füllte sich mit fast greifbarer Spannung. Die Luft um uns wurde immer wärmer.
„Glaube mir, wenn ich dir sage, dass ich dich niemals ganz verlassen habe, Angel“, sagte er leise. Seine schwarzen Augen glänzten traurig und das erstickte Gefühl in seiner Brust übertrug sich spielend auf mich. Es klang erschreckend gut, wie er meinen Namen sagte.
Tausend Dinge schwirrten mir durch den Kopf. Tausend Fragen ohne Antwort. Ich wollte sie ihm alle stellen, aber irgendetwas in mir sagte mir, dass ich auf keine Einzige eine ehrliche Antwort bekommen würde.
Er war nicht ohne Grund aus meinem Leben verschwunden. Was auch immer das vorher einmal für ein Leben gewesen war. Der Wächterbund war eng und intim. Wächter und Schützling waren am Stärksten, wenn sie zusammen waren. Wenn er sich von mir getrennt hatte, dann hatte es einen guten Grund gehabt.
„Warum?“, flüsterte ich mit erstickter Stimme. Ich fürchtete die Antwort.
Claude sah mich lange schweigend an. Sein schwerer, dunkler Blick lag auf mir und es fühlte sich an, als wäre er überall auf meiner Haut.
„Es ging um deine Zukunft“, murmelte er schließlich, „Ich musste dich allein lassen, damit du … ein glückliches, normales Leben führen konntest. Du warst in Gefahr und ich … Ich musste dich beschützen.“
Seine Worte widerhallten in mir. Er hatte es nicht aus Bosheit getan.
„Warum bist du jetzt wieder hier?“ Das war das Einzige, was ich noch zustande brachte. Jeder logische Gedanke in mir war wie gelähmt. Ein trauriges Lächeln umspielte seine vollen Lippen und sein Blick wurde so sanft, dass ich darin versinken wollte.
„Vieles hat sich geändert in der letzten Zeit. Ich musste dich beschützen. Vor dem Schlimmsten, dass dir auf dieser Welt drohen kann.“
Ich runzelte die Stirn. Er sprach von Ira. Aber, auch, wenn er ein Seelenfresser war, solange er Claude und mich nicht zusammen erwischte, waren wir nicht umzubringen. Warum also sollte Ira mir gefährlich werden?
Eine Bewegung ließ mich aufschauen. Mark war an meine Seite getreten.
„Ihr ahnt gar nicht, wie froh ich bin, dass wir das jetzt endlich aufgeklärt haben. Ich muss nämlich gestehen, dass ich langsam keine Lust mehr auf dein Versteckspiel habe, Claude. Stehe zu ihr und bleibe an ihrer Seite.“ Er legte mir kurz die Hand auf die Schulter, ehe er die Küche verließ. Verdutzt sah ich ihm nach. Mark hatte also die ganze Zeit über Bescheid gewusst. Aber das musste er wohl auch. Wenn die beiden sich schon länger kannten, hatte Claude mich wahrscheinlich mit Absicht hier gelassen. In Sicherheit.
Vorsichtig sah ich ihn wieder an. Es fühlte sich seltsam an, in ihm jetzt meinen Wächter zu sehen. Jemanden, mit dem ich verbunden war. Der zu mir gehörte, wie mein rechter Arm.
„Du hast mich damals hier gelassen oder? Damit ich in Sicherheit bin. War es so?“
Er nickte nur leicht. Immer noch fuhren seine Augen über mein Gesicht. Ganz so, als wäre es eine Ewigkeit her, seit er mich zuletzt gesehen hätte.
„Wenn ich dich frage, was genau damals geschehen ist, werde ich keine Antwort bekommen, oder?“
Wieder nickte er nur, aber in seinen Blick mischte sich Wehmut. „Weißt du, eigentlich sollte ich schrecklich wütend auf dich sein, weil du mich anlügst und mir Dinge verschweigst. Aber irgendwie will ich das nicht. Es ist schön zu wissen, dass da jemand ist, zu dem ich gehöre. So richtig, meine ich. Nicht, wie Robin. Sondern jemand, der wie ich ist.“
Seine Augenbrauen hoben sich, als er mich einen Augenblick lang erstaunt ansah. Dann kehrte dieser sanfte Ausdruck zurück. Fast ein wenig liebevoll.
„Ich bin auch sehr froh, wieder bei dir sein zu können“, krächzte er.
„Meinst du, es ist in Ordnung, wenn du mir wenigstens ein paar Fragen beantwortest? Zum
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