ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
gerichtet.
Zum Horizont.
Erst jetzt bemerkte Claude, wie still es um ihn herum geworden war. Jeder hatte seinen Blick nun auf den Himmel gerichtet. Auch Angel wandte ihren Kopf.
Er fühlte, tief in seinem Inneren, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. Wie sie den Atem anhielt. Claude folgte ihrem Blick und sah, was sie alle mit klopfendem Herzen beobachteten. Hoch oben war der Himmel schon dunkel. Erste Sterne glommen auf in weiter Ferne. Von dem tiefen schwarzblau hinab zum Horizont erstreckte sich ein herrliches Farbenspiel aus Orange, Rot und Purpur. Von der Sonne war nur noch ein schmaler Streifen zu sehen.
Jetzt war der Moment, auf den sie alle gewartet hatten. Der Moment einer jeden Vollmondnacht, in der das Verschwinden der Sonne die Wandlung einleitete.
Die Stille, die sich ausgebreitet hatte, war fast greifbar. Dick und schwer, wie nasser Samt lastete sie über dem Garten. Niemand schien auch nur zu atmen. Auch Claude merkte, dass er die Luft anhielt.
Er wandte den Blick vom Himmel ab, als er sah, dass die Sonne verschwand. In seinem Herzen fühlte er den Stich, fühlte den Schwall flüssiger Hitze, die Angels Wirbelsäule herunterrann. Sein Kopf fuhr herum und er sah, wie Angel die Augen schloss. Ein Zittern rann durch ihren Körper. Er konnte das Brüllen ihres erwachenden Wolfes in seinen eigenen Ohren hören. Auch, wenn sie sich nicht verwandelte, sah er es gelb in ihren Augen aufblitzen, als sie die Lider aufschlug. Ein wildes, fast schon übermütiges Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie seinen Blick auffing.
Ihre Bestie, ihre zweite Gestalt, war wach heute Nacht. Die Kraft des roten Mondes flutete ihre Adern. Er konnte die wilde, elektrische Spannung körperlich spüren, die nun in der Luft lag. In einem jeden der anwesenden Werwölfe war das Tier erwacht. Jeder spürte die Kraft in sich. Spürte die wilde Lust, den Drang und das Verlangen, all seinen Trieben in dieser Nacht in menschlicher Gestalt nachzugehen. Sie würden feiern. Die feuchte, schwüle Nachtluft war erfüllt von einer alles erdrückenden, gefährlichen, lustvollen Euphorie.
Dann endlich gab Mark ein Zeichen und die Musiker nahmen an ihren Instrumenten platz. Laute, rhythmische Klänge hallten durch den Garten. Ein paar der Frauen versorgten die Musiker mit Essen und Wein, während sie spielten. Das Essen der Übrigen dauerte nicht besonders lange. Es gab viel und reichlich. Filet von spanischen Rindern. Allerlei Gemüse und Beilagen. Salate. Frisches Brot. Obst und Käse.
Und natürlich Wein.
Das französische Rudel hatte drei Fässer aus ihrem Keller mitgebracht. Bester, feinster, jahrzehntealter Rotwein. Claude konnte nicht widerstehen. Er war köstlich und von der Farbe wie Blut.
Nach gut einer Stunde verlagerte sich das Geschehen hinüber zur Feuerstelle. Auf dem Weg entzündete man die Fackeln und Kerzen und der dunkle Garten füllte sich mit dem sanften Schein der Lichter.
An dem gewaltigen Holzhaufen angekommen, verteilte sich die Gesellschaft rund herum auf die Baumstämme. Claude blieb zusammen mit Angel am Rande stehen.
„So! Nun kommt dein Part“, sagte sie und wies mit einem Kopfnicken auf das trockene Holz, das schon nach seinen Flammen rief. Claude holte tief Atem und ging dann hinüber. Alle Augen ruhten auf dem Magier, der heute das Feuer entzünden sollte. Claude hoffte und betete, dass er die Flammen im Zaum halten konnte. Ein komplett in Flammen stehender, außer Kontrolle geratener Magier würde der Stimmung nicht unbedingt zuträglich sein ...
Er räusperte sich und hob die Arme. Die Hände hielt er auf Brusthöhe, Handflächen zueinander gewandt. Aber kaum, dass er die Augen geschlossen hatte, und begann die Flamme in sich zu rufen, spürte er, wie eine Welle der Kraft in ihm aufbrandete. Die Macht des roten Mondes schrie in seinen Venen, drohte den Käfig seines Körpers einfach zu sprengen.
Gerade, als er abbrechen und einen neuen, wesentlich kleineren Versuch starten wollte, spürte er eine Hand auf seinem Schulterblatt. Er musste sich nicht umdrehen, um zu erkennen, wer das war. Angel stand dicht hinter ihm und ihre Berührung kanalisierte die Kraft in seinem Körper. Er konnte sie fokussieren, leiten. Instinktiv wusste sie, wie sie ihm beistehen konnte.
Wie sehr er sie dafür liebte!
Zwischen seinen Handflächen entflammte ein roter Feuerball. Er ließ ihn wachsen, bis er die Größe eines Basketballs angeschwollen war. Die Flammen brüllten und zischen. Gierten nach Nahrung. Er
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