ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
buchstäblichen Höhle eines Monsters, bist gefoltert und missbraucht worden. Du solltest dich erst erholen, sollte ich dir dann auch noch sagen, dass mein Fluch nach wie vor äußerst lebendig in mir ist? Ich wollte nur, dass du dich wenigstens bei mir sicher fühlen kannst. Wenigstens jetzt, wo ich wieder bei dir sein kann.“
Er fühlte ihren Blick auf sich, auch wenn er sie nicht ansah. Dann hörte er ihre Schritte. Zuerst dachte er, sie würde gehen, umso erstaunter war er, als er ihren ausgestreckten Finger spürte, wie sie sein Kinn anhob. Er zögerte, lange, bevor er ihr in die Augen sah … und erschrak bis in die Tiefe seiner Knochen über das, was er sah.
Da war Wärme. Der leichte Hauch von Verständnis und … Dankbarkeit. Claude konnte sie nur anstarren. Vollkommen überwältigt.
„Ich danke dir, dass du für mich da warst, als ich dich gebraucht habe und … auch für die Lüge, die mir Sicherheit gegeben hat ...“ Sie sah ihm fest in die Augen, aber ihr Blick veränderte sich, wurde undeutbar. „Aber ... ich weiß nicht, was ich will … Vor allem im Moment nicht. Vielleicht liegt es am Blutmond, vielleicht an anderen Dingen. Lass mir die Zeit.“
Er konnte nur Nicken, schluckte den Kloß in seinem Hals herunter.
„Solange wie du willst“, brachte er schließlich hervor. „Sag mal, Claude, ich hoffe, du weißt, was da heute Abend auf dich zukommt?“, fragte sie und löste sich aus seiner Berührung. Er sah sie mit schiefem Lächeln an. Verdrängte alles, was seine Fantasie ihm gerade in den buntesten Farben ausgemalt hatte.
Und wie er wusste, was da auf ihn zu kam! Aus erster Hand.
„Ich war schon auf so einigen Blutmondfesten“, erklärte er und gab einen verächtlichen Laut von sich, „Glaub mir, ich weiß bestens, was hier heute Nacht abgeht. Ich kenne eure Art Kreatur gut genug! Ich werde mich nach der Eröffnung ganz bescheiden aus der Schusslinie ziehen! Nicht, dass mich einer deiner Kollegen hier noch für sein zweites Abendessen hält. Mal ganz davon abgesehen, dass wir Magier ja auch so unsere … Probleme mit dem Blutmond haben.“
Er versuchte ein Lachen, aber es klang zu aufgesetzt, also beließ er es dabei. Angel aber musterte ihn eindringlich. Sie wusste, dass er etwas auf dem Herzen hatte. Sie sah die Sorge, die wegen des roten Mondes in seinem Inneren keimte. Auch, wenn sie nicht einmal ahnen konnte, was es war. Doch sie sprach ihn auch nicht darauf an. Claude fühlte ihr eigenes, inneres Unbehagen deutlich.
Langsam wanderte ihr Blick zum Horizont. Es war längst Nachmittag. Die Sonne hatte schon wieder ihren Weg zur Erde eingeschlagen.
Keiner von ihnen wollte dem anderen die Schrecklichkeit und Tiefe der eigenen, finsteren Gedanken mitteilen. Claude war zu beschäftigt mit seinem inneren Dämon, der vor lauter Vorfreude an seinen Ketten zerrte.
Nebeneinander kehrten sie zum Haus zurück.
Auf der Terrasse hatte man eine lange Tafel aufgebaut, an der heute bei Sonnenuntergang gespeist würde. Überall in dem weitläufigen Garten hatte man Kerzen und Fackeln aufgestellt. Die Musiker aus Spanien hatten damit begonnen, ihre Instrumente in der Nähe der Feuerstelle aufzubauen. Sie würden die ganze Nacht bis zum Morgengrauen spielen. Es würde ein langes, intensives, berauschendes Fest werden. Es würde viel getrunken und niemand hier würde noch viel auf Ethik und Anstand geben, wenn es erst einmal dunkel war. Denn Blutmond war die einzige Vollmondnacht, in der sich keiner von ihnen verwandeln musste. Die durch die Sonne beeinflusste Kraft des Mondes war in dieser einen Nacht nicht stark genug um eine Verwandlung zu erzwingen. Sie konnten sich verwandeln, wenn sie es wollten, aber es war heute Nacht keine Notwendigkeit und das war für alle Werwölfe stets ein Grund zum Feiern.
Claude folgte Angel noch hinauf, verabschiedete sich dann aber und ging in sein eigenes Zimmer. Verflogt von Angels etwas verdutztem Blick. Sie hatte erwartet, dass er sie begleitete, aber seine Gedanken waren momentan vollkommen von etwas anderem eingenommen ...
Er zog sich um, wählte eine schwarze Lederhose und ein ärmelloses Oberteil, und setzte sich dann auf sein Bett. Er genoss für einen Augenblick die Stille.
So langsam machte es sich bemerkbar, dachte er, ballte eine Hand zur Faust und öffnete sie wieder. Leider hatte er seine Probleme mit dem Blutmond. Generell war eine Mondfinsternis für alles, was mit Magie zutun hatte, etwas Tolles. Schwierige, kraftraubende Rituale
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