Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
Vom Netzwerk:
bis auf ein paar Krümel leer.
    »Kann man das essen?« Raffe steht im Kücheneingang, eingerahmt von einem mediterranen Torbogen. Er könnte problemlos an einem Ort wie diesem zu Hause sein, wie er so dasteht, mit der lässigen Anmut eines Aristokraten, der an eine luxuriöse Umgebung gewöhnt ist. Die Tüte mit dem Katzenfutter, die er hochhält, stört das Bild allerdings ein wenig.
    Ich lasse meine Hand in die Tüte gleiten, nehme mir ein paar Brocken des roten und gelben Trockenfutters und stecke sie mir in den Mund. Sie sind knusprig und schmecken ein wenig nach Fisch. Während ich darauf herumkaue und sie schließlich runterschlucke, stelle ich mir vor, es wären Cracker. »Nicht unbedingt ein Gourmetgericht, aber es wird uns nicht umbringen.«
    In Sachen Essen ist dies wohl das Beste, was wir kriegen können. Dafür finden wir in der Garage noch weitere Schätze: einen Rucksack, den man auch als Reisetasche verwenden kann, was super ist, denn Raffe könnte im Moment ja sowieso nichts auf dem Rücken tragen. Später vielleicht. Außerdem entdecken wir zwei ordentlich zusammengerollte Schlafsäcke, die nur darauf warten, von uns mitgenommen zu werden. Ein Zelt gibt es hier nicht, dafür aber Taschenlampen, Batterien zum Wechseln und ein auf Hochglanz poliertes Campingmesser, das teurer aussieht als alles, was ich mir je leisten konnte. Ich gebe Raffe mein Messer und behalte dieses hier für mich.
    Meine Kleider sind schmutzig, also tausche ich sie einfach gegen saubere aus den Schränken aus. Außerdem schnappen wir uns Jacken und ein paar Kleider zum Wechseln. Ich finde ein Sweatshirt, das aussieht, als könnte es Raffe einigermaßen passen. Zusätzlich lasse ich ihn seine verräterische schwarze Hose und die Schnürschuhe gegen Jeans und normale Wanderstiefel eintauschen.
    Glücklicherweise gibt es in diesem Haus drei Schlafzimmer voller Männerklamotten in verschiedenen Größen. Hier muss früher eine Familie mit zwei Jungs im Teenageralter gewohnt haben. Doch die Schränke und die Garage sind die einzigen Hinweise darauf, dass sie je existiert haben. Am meisten Sorgen macht mir, ob Raffe die Wanderstiefel passen. Seine Blasen von gestern sind fast verschwunden, aber auch wenn er über Superheilkräfte verfügt, kann er sich nicht jeden Tag die Füße wund laufen.
    Ich sage mir, dass mich das nur deshalb kümmert, weil er mich hinkend unnötig aufhalten würde, und weigere mich, weiter zu denken.
    »Mit diesen Klamotten siehst du fast wie ein Mensch aus«, sage ich.
    Ehrlich gesagt sieht er wie ein olympischer Champion aus. Wirklich genau so. Er wirkt wie ein erhabenes Exemplar der menschlichen Spezies, und das ist mehr als nur verstörend. Ich meine, sollte ein Engel, der einer Legion angehört, die die Menschheit auslöschen will, nicht ein bisschen … na ja, böser aussehen? Oder fremdartiger?
    »Solange du nicht die Form deiner Flügelgelenke in den Verband blutest, dürftest du als Mensch durchgehen. Oh, und lass dich bloß von niemandem hochheben. Wenn sie merken, wie leicht du bist, werden sie kapieren, dass etwas mit dir nicht stimmt.«
    »Ich werde niemanden außer dich an mich heranlassen.« Noch bevor ich begreife, wie das gemeint war, dreht er sich um und verlässt die Küche. Humor ist noch so eine Sache, von der ich nicht finde, dass Engel sie haben sollten. Zumal sein Humor echt ziemlich dämlich ist.
    Es ist schon spät am Vormittag, als wir das Anwesen hinter uns lassen. Wir befinden uns in einer Sackgasse, abseits der Page Mill Road. Nach dem gestrigen Wolkenbruch ist die Straße dunkel und glitschig. Der Himmel hängt voller grauer Wolkenfetzen, doch wenn wir Glück haben, sind wir in einem trockenen Unterschlupf in den Hügeln, bevor es erneut zu regnen beginnt.
    Unsere Rucksäcke liegen auf Paiges Stuhl, und wenn ich die Augen schließe, kann ich fast so tun, als wäre sie es, die ich schiebe. Ich erwische mich dabei, wie ich eine Melodie vor mich hin summe, die ich zunächst für bedeutungslos halte. Ich verstumme, als ich merke, dass es sich um Moms Entschuldigungslied handelt.
    Mechanisch setze ich einen Fuß vor den anderen und versuche, das zu leichte Gewicht des Rollstuhls und den flügellosen Engel neben mir zu ignorieren.
    Auf dem Weg zur Autobahnauffahrt begegnen wir vielen einsamen Autos, die über die Straßen verstreut sind. Danach entdecken wir nur noch vereinzelte Wagen, die wohl den Hügel hinaufwollten. In den frühen Tagen der Angriffe hat alle Welt versucht, über die

Weitere Kostenlose Bücher