Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
nie um Erlaubnis gefragt und konnte das Schwert trotzdem ohne Probleme anheben.«
»Weil du es mir zuwerfen wolltest, damit ich mich verteidigen kann. Offensichtlich hat sie das als Bitte um Erlaubnis aufgefasst und sie dir gleichzeitig erteilt.«
»Wie jetzt, das Schwert hat meine Gedanken gelesen?«
»Deine Absichten zumindest. Das macht sie manchmal.«
»Oooo-kay. Alles klar.« Ich lasse es gut sein. Ich habe schon viele durchgeknallte Sachen in meinem Leben gehört, und man muss lernen, die Dinge hinzunehmen, ohne die Typen, die einen mit ihren Verrücktheiten zuschütten, direkt herauszufordern. Seltsame Menschen zu provozieren, ist eine sinnlose und manchmal auch gefährliche Übung. Zumindest was meine Mom betrifft. Allerdings muss ich sagen, dass Raffe tatsächlich noch erfinderischer ist als sie.
»Also … Soll ich dir den Rücken verbinden?«
»Warum?«
»Damit du keine Infektion bekommst«, sage ich, während ich in dem Erste-Hilfe-Kästchen nach dem Verbandszeug krame.
»Das dürfte kein Problem sein.«
»Du kannst dir keine Infektion holen?«
»Nein, eure Bakterien können mir eigentlich nichts anhaben.«
Die Worte »eure« und »eigentlich« erregen meine Auf merksamkeit. Wir wissen so gut wie nichts über Engel. Jede Information könnte uns einen Vorteil verschaffen – das heißt, sobald wir uns wieder organisieren.
Mir wird bewusst, dass ich mich in der unerwarteten Lage befinde, etwas Geheimes über sie herausfinden zu können. Egal, was die Bandenchefs den Rest von uns glauben machen wollen, ich bin mir sicher, dass sie nur Körperteile von toten oder sterbenden Engeln geraubt haben. Was ich mit den Informationen über Engel anfangen würde, weiß ich nicht. Aber es kann nicht schaden, zumindest ein bisschen Bescheid zu wissen.
Das kannst du dem Weihnachtsmann erzählen .
Ich ignoriere die mahnende Stimme in meinem Kopf. »Heißt das … du bist immun oder so was?« Ich versuche, meine Stimme beiläufig klingen zu lassen, als würde mich die Antwort nicht interessieren.
»Vielleicht wäre es doch ganz gut, mich zu verbinden«, sagt er und sendet mir damit ein deutliches Signal: Er weiß, dass ich nur auf Informationen aus bin. »Solange meine Wunden verdeckt sind, gehe ich vielleicht als Mensch durch.« Er zupft eine weitere abgeknickte Feder aus einem Flügel und legt sie widerstrebend auf den größer werdenden Haufen.
Ich brauche das letzte Verbandsmaterial aus meinen Erste-Hilfe-Vorräten auf, um seine Wunden zu versorgen. Seine Haut fühlt sich an wie mit Seide überzogener Stahl. Ich bin ein bisschen gröber, als ich eigentlich sein müsste, denn das hilft mir, meine Hände ruhig zu halten.
»Versuch, dich nicht zu viel zu bewegen, damit du nicht wieder zu bluten anfängst. Die Verbände sind nicht besonders dick, dein Blut wird in null Komma nichts durchsickern.«
»Kein Problem«, antwortet er. »Dürfte echt kein Pro blem sein, sich nicht zu bewegen, wenn wir um unser Leben laufen.«
»Ich meine es ernst. Das ist der letzte Verband. Du wirst dafür sorgen müssen, dass er ein bisschen vorhält.«
»Gibt es denn keine Möglichkeit, noch mehr davon zu kriegen?«
»Vielleicht.« Da die Läden schon komplett ausgeräumt oder von Gangs besetzt sind, stellen Wohnhäuser mit Erste- Hilfe-Kästen wahrscheinlich unsere beste Option dar.
Wir füllen meine Wasserflasche auf. Da ich in dem Büro gestern nicht viel Zeit hatte, Vorräte zusammenzupacken, trage ich eine ziemlich willkürliche Auswahl mit mir herum. Ich seufze und wünsche mir, ich hätte mehr Essen eingesteckt. Abgesehen von der Tasse mit den getrockneten Nudeln und der Handvoll Schokoladentäfelchen, die ich für Paige aufgehoben habe, ist nichts mehr übrig. Wir teilen uns die Nudeln, was bedeutet, dass jeder von uns ungefähr zwei Bissen bekommt. Als wir die Hütte verlassen, ist es bereits Vormittag.
Das erste Haus, in das wir einbrechen, ist das Haupthaus. Ich hoffe auf eine gut gefüllte Küche, doch ein Blick auf die offen stehenden Schränke sagt mir, dass wir in dem Meer aus Granit und Edelstahl allenfalls ein paar Reste zusammenkratzen können. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben hier reiche Leute gewohnt, doch wenn es hart auf hart kommt, haben auch Reiche nicht mehr genug Zahlungsmittel. Entweder haben sie so viel gegessen, wie sie nur konnten, bevor sie ihre Sachen zusammengepackt und sich auf die Socken gemacht haben, oder sie haben alle Vorräte mitgenommen. Sämtliche Schubladen und Schränke sind
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