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Angelglass (German Edition)

Angelglass (German Edition)

Titel: Angelglass (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Barnett
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oder? Mir ist nichts gesagt worden …«
    »Nichts dergleichen, Jakob«, erwidere ich und schiebe mich an ihm vorbei in den dunklen Raum, der mit seidenen Gewändern angefüllt ist. »Ich brauche deine Hilfe.«
    Ich lasse mich auf einen Stuhl nieder, während sich Jakob anschickt, in der kleinen Küche am Ende des Raums etwas Tee zuzubereiten. »Natürlich, Meister Poutnik. Wie kann ich Euch zu Diensten sein?«
    Als er mir eine Tasse Tee bringt, sage ich: »Du musst mir schwören, es für dich zu behalten, Jakob. Du darfst niemandem hiervon erzählen.«
    »Natürlich, natürlich. Worum geht es?«
    »Ich wurde vom Kaiser mit einer Mission beauftragt«, sage ich flüsternd. »Ich soll ein Treffen zwischen ihm und Rabbi Löw herbeiführen. Aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wo ich ihn finden könnte.«
    Jakob fährt mit der Hand über sein wettergegerbtes Kinn. »Ein Treffen zwischen dem Rabbi und dem Kaiser, sagt Ihr? Nun, dann viel Glück, Spiegel von Prag. Eher ließe sich der Weiße Berg zum Schloss bringen, als dass sich Rabbi Löw überreden ließe, seinen Fuß über diese Schwelle zu setzen.«
    Ich seufze leise. »Ach, Jakob. Kannst du mir nicht helfen? Du bist doch ein Jude, oder nicht?«
    Jakob lächelt mich irritiert an. »Wie, glaubt Ihr etwa, dass wir uns alle untereinander kennen? Es ist schließlich nicht so wie in einem vornehmen Club, wisst Ihr.«
    »Sicher, es tut mir leid. Das war dumm von mir«, erwidere ich, trinke meinen Tee und stehe auf. »Ich muss mich entschuldigen. Ich werde jetzt besser gehen. Kannst du mir zumindest sagen, wie ich ins Getto komme?«
    Jakob hebt die Hand und deutet mir an, mich wieder hinzusetzen. »Beruhigt Euch, Meister Poutnik. Wie es der Zufall will, kenne ich Rabbi Löw. Jeder im Getto kennt ihn. Ich habe nur einen Scherz gemacht. Ich kann Euch sogar zu ihm bringen, allerdings nicht sofort. Ich muss erst die Kleider des Kaisers für das Abendessen zurechtlegen.«
    »Kannst du mir nicht einfach den Weg beschreiben?«, bettele ich. »Ich muss meine Mission noch heute erfüllen.«
    Jakob schürzt die Lippen. »Das könnte ich, aber es wäre nicht ratsam. Ich glaube nicht, dass das Getto ein Ort ist, an den Ihr Euch allein begeben solltet.«
    Der alte Kammerdiener überlegt einen Moment und schnippt dann mit den Fingern. »Ich habe eine Idee. Ich werde Euch zusammen mit Hannah ins Getto schicken und Euch ein Empfehlungsschreiben an den Rabbi mitgeben. Das ist die beste Lösung.«
    »Hannah? Ich weiß nicht, Jakob. Ich möchte lieber keinen Außenstehenden einbeziehen …«
    »Oh, macht Euch keine Sorgen, junger Meister«, sagt Jakob mit einem fröhlichen Lächeln. »Hannah ist überaus vertrauenswürdig. Seht Ihr, sie ist meine Tochter.«
    Ungeduldig warte ich, während sich Jakob im Küchenbereich leise mit seiner Tochter unterhält. Sie ist jung und klein. Ihr schwarzes Haar ist sorgfältig nach hinten gekämmt und wird von einem Band zusammengehalten; ihrem schlichten Aufzug nach zu urteilen, ist sie eine Küchenmagd.
    »Aber Vater«, höre ich sie sagen. »Ich kann doch nicht einfach das Schloss verlassen …«
    »Ruhig, mein Kind«, erwidert Jakob beschwichtigend. »Ich werde mit Frau Hulbert in der Küche sprechen. Diese Angelegenheit ist überaus wichtig. Du darfst mit niemandem darüber reden und Meister Poutnik auch keine Fragen stellen.«
    Die beiden beraten sich weiter flüsternd miteinander. Schließlich treten sie wieder aus der Küchennische hervor. »Es ist alles geklärt«, sagt Jakob und reicht mir einen mit Wachs versiegelten Pergamentumschlag. »Hannah wird Euch ins Getto führen. Gebt Rabbi Löw diesen Brief, und mit Gottes Hilfe wird er Euch bei Eurer Aufgabe helfen.«
    Ich nehme den Umschlag entgegen und blicke kurz auf das Siegel, mit dem Jakob den Brief verschlossen hat – eine Reihe von ineinander verschlungenen, zu Dreiergruppen angeordneten Kreisen sowie einem weiteren Kreis am unteren Rand des Gebildes. »Vielen Dank, Jakob. Und auch dir, Hannah. Ich bin sehr dankbar für eure Hilfe.«
    »Wir machen uns besser auf den Weg«, seufzt Hannah. »Ich will zurück sein, bevor ich vermisst werde. Ich vertraue nämlich nicht dem Vermögen meines Vaters, Frau Hulbert zu beschwichtigen.«
    »Oh, ich finde schon einen Weg«, erwidert Jakob sorglos und gibt mir ein Zeichen. »Geht jetzt.«
    Wir schleichen uns aus Jakobs Zimmer. Mein Herz bleibt fast stehen, als wir die dunkle Gestalt von Philipp Lang entdecken, der schweigend im Korridor steht, die

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