Angelglass (German Edition)
Worten. »Hat das vielleicht irgendwas mit dieser bevorstehenden Demo zu tun?«
Cody starrt mich an. »Was, zum Teufel, weißt du darüber?«, faucht er. »Einige Leute im Haus können anscheinend nicht die Klappe halten.« Er zieht eine Zigarette aus seiner Jeanstasche. »Gott, ist das kalt.«
Er zündet sich die Zigarette an und bläst den Rauch in den stillen Morgen. »Hör zu, Poutnik, oder wie immer du auch heißt. Ich will ganz offen zu dir sein. Ich kenne dich nicht, ich traue dir nicht, und ich kann auch nicht sagen, dass ich dich besonders mag. Aber es sieht nun mal so aus, dass du bei uns bleibst. Zumindest so lange, bis John zurückkommt. Aber ich sage dir eins«, zischt er, baut sich dicht vor mir auf und bläst mir den Rauch ins Gesicht, »dieses Haus und die Leute darin sind mir sehr wichtig. Es gibt irgendwas, das du uns verschweigst. Und sollte sich herausstellen, dass du versuchst uns hier irgendwie Ärger zu machen, dann kriegst du es mit mir zu tun. Ich weiß nicht, wer dieser alte Sack ist, der hier rumrennt, oder ob er etwas mit dir zu tun hat, aber ich werde nicht zulassen, dass du uns hier bescheißt. Ist das klar?«
Ich zucke mit den Schultern. »Ich bin nicht gekommen, um irgendwelchen Ärger zu machen, Cody«, erwidere ich.
»Wie auch immer«, sagt er. »Wir haben uns unterhalten und wollen es dabei belassen. Ich geh jetzt wieder ins Bett.«
Während Cody zurück ins Haus geht, bleibe ich eine Weile im Garten stehen. Der Morgen ist angebrochen, doch Prag ist noch nicht erwacht. Dennoch kann ich das Gefühl nicht abschütteln, dass da irgendjemand in der Dunkelheit lauert und mich aufmerksam beobachtet.
Kapitel 8 Die Unschuldigen
Als ich angekündigt und in die Halle geleitet werde, ist der Künstler Arcimboldo mit der grauenhaften Karikatur Rudolfs beschäftigt. Der Kaiser sitzt ganz ruhig und beinahe im Halbschlaf auf seinem großen Thron, während Arcimboldo in die Düsternis des mit dichten Vorhängen versehenen Raums blickt und nicht erkennen lässt, ob er meine Anwesenheit bemerkt hat. Nervös bleibe ich neben dem Maler stehen und werfe verstohlene Blicke auf das Porträt, das Rudolf in der Gestalt von Früchten und Gemüse wiedergibt. Arcimboldos kegelförmiger Hut sitzt schief. Er wirft mir verärgerte Blicke zu.
»Müsst Ihr mir die ganze Zeit so an der Schulter kleben?«, faucht er. »Die Arbeitsbedingungen sind schon schlecht genug, ohne dass Ihr einen Zirkus daraus macht.«
»Hat der Kaiser sein Porträt schon gesehen?«, frage ich flüsternd.
»Ich erlaube meinen Motiven niemals, das Bild anzusehen, bevor es vollendet ist«, erwidert der Künstler stolz. »Die Enthüllung wird von einem Staatsakt begleitet werden. Ihr dürftet es überhaupt nicht ansehen.«
»Es ist grotesk«, sage ich unbeabsichtigt.
Arcimboldos Augen verdunkeln sich. Er baut sich zu seiner vollen Größe auf und richtet seinen Hut. »Grotesk? Grotesk? Ihr seid ein Philister! Das ist der Kaiser in Gestalt des Vertumnus. Der Gott des Herbstes. Diese Narren in der Goldenen Gasse mühen sich ab, im Gestank der Misthaufen ihre belanglose Alchemie zu vervollkommnen. Doch der wahre Magier bin ich, Giuseppe Arcimboldo! Ist es mir etwa nicht gelungen, diese Herrlichkeit aus der flüchtigen Luft herbeizuzaubern? Ist der Wesenskern des Kaisers in diesen Pinselstrichen etwa nicht getroffen? Ist es nicht der Ruhm des glorreichen Prags, den diese Leinwand ausströmt?«
Arcimboldo hält inne, als Rudolf aus seinem Schlummer erwacht. »Hast du den Spiegel von Prag bei dir, Malermeister?«, fragt er gedehnt.
Arcimboldo wirft mir einen wütenden Blick zu. »In der Tat, Exzellenz«, erwidert er mit zitternder Stimme. »Und solche Unterbrechungen sind meiner Konzentration alles andere als zuträglich.«
Rudolf setzt sich auf und klatscht in die Hände. »Dann also fort mit dir, Meister Arcimboldo. Die heutige Sitzung ist beendet. Ich muss mich wichtigen Angelegenheiten widmen.«
Nachdem seinen Protesten kein Gehör geschenkt wurde, packt Arcimboldo seine Farben und Pinsel zusammen. »Philister!«, faucht er mir zu, während er schweren Schrittes aus dem Thronsaal stampft. Ich bleibe unbeholfen vor dem Kaiser stehen.
»Komm, begleite mich, junger Meister Poutnik«, sagt Rudolf mit einem Gähnen, streckt seine Arme und hievt sich aus seinem Thronsessel. »Ich würde dir gern etwas zeigen.«
Rudolf nimmt einen Kandelaber vom Tisch und schlurft mühsam durch den Saal zu einer hölzernen Doppeltür, die mit einem
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