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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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Es war unausweichlich. Es musste geschehen. Erst danach würde ihr Herz wieder anfangen können zu leben.
    Im gelblichen Licht der Laternen sah sie zwei Mönche Arm in Arm herankommen. In dem einen erkannte sie mühelos Conan Bécher. Der andere, ein dicklicher, redseliger Kerl, sprach wild gestikulierend auf Lateinisch auf ihn ein. Er musste leicht angetrunken sein, denn hin und wieder zog er seinen Gefährten mit sich gegen die Mauer eines Hauses, ehe er unter zahlreichen Entschuldigungen wieder zurück in die Mitte der Straße torkelte, wo Conan Bécher nichts anderes übrig blieb, als durch den Rinnstein zu waten.
    Â 
    Angélique hörte die schrille Stimme des Alchemisten. Auch er sprach Latein, schien jedoch empört zu protestieren.
    Â»Jetzt reicht es aber, Bruder Amboise«, rief er schließlich zornig auf Französisch, als die beiden auf der Höhe des Tordurchgangs angekommen waren. »Eure Theorien über die Taufe mit fetter Fleischbrühe sind einfach ketzerisch! Ein Sakrament kann unmöglich etwas taugen, wenn das Wasser, mit dem es gespendet
wird, von so unreinen Stoffen wie tierischem Fett entweiht ist. Eine Taufe mit fetter Brühe! Das ist Gotteslästerung! Warum nicht gleich mit Rotwein, wo Ihr schon dabei seid? Das würde Euch doch gut zupasskommen, wo Ihr ihn so gern zu mögen scheint!«
    Und mit einem Ruck machte sich der magere Rekollektenmönch von dem Arm frei, der sich an ihn klammerte.
    Â»Pater, Ihr bekümmert mich...«, stammelte der fette Bruder Amboise mit der weinerlichen Stimme eines Betrunkenen. »Dabei hätte ich Euch so gern überzeugt.«
    Plötzlich brach er in ein irres Geschrei aus.
    Â»Ha, ha! Deus coeli !«
    Und gleich darauf bemerkte Angélique, dass Bruder Amboise neben ihnen im Torweg stand.
    Â»Jetzt seid ihr dran, Gatzen«, flüsterte er, ohne Übergang vom Lateinischen in die Sprache der Gauner wechselnd.
    Conan Bécher hatte sich umgedreht.
    Â»Wo bleibt Ihr denn?«
    Â 
    Er verstummte und starrte ängstlich forschend die verlassene Gasse entlang. Seine Stimme klang gepresst.
    Â»Bruder Amboise!«, rief er. »Bruder Amboise, wo seid Ihr …?«
    Sein mageres, von Visionen geplagtes Gesicht schien noch weiter einzufallen, und die Räuber hörten sein Keuchen, während er ein paar Schritte vorwärtsging und sich verängstigt nach allen Seiten umsah.
    Â 
    Â»Schuhuhu!«, erklang Barcaroles unheimlicher Nachtvogelruf.
    Der Zwerg stemmte sich gegen das quietschende metallene Ladenschild und sprang mit einem geschmeidigen Satz wie eine riesige Kröte vor die Füße des Mönchs.
    Bécher presste sich gegen die Hauswand.

    Â»Schuhuhu!«, wiederholte der Zwerg.
    Dann führte er vor seinem vor Angst zitternden Opfer einen geradezu diabolischen Tanz mit unzähligen Luftsprüngen, grotesken Verneigungen, Grimassen und obszönen Gesten auf. Wie ein leibhaftiger Dämon wirbelte er um Bécher herum.
    Â 
    Schließlich tauchte eine zweite abscheuliche Gestalt hämisch lachend aus dem Dunkel auf. Es war ein Buckliger mit krummen Beinen. Seine Knie berührten sich, während seine zu weit auseinanderstehenden Beine und Füße ihn zu einem ruckhaften, grässlich anzusehenden Watschelgang zwangen. Aber seine Gestalt war noch harmlos, verglichen mit seinem monströsen Gesicht. Denn auf seiner Stirn prangte eine fürchterliche rote, hängende Wucherung.
    Â»Aah!«
    Das Röcheln des Mönchs hatte nichts Menschliches mehr an sich.
    Â»Aah... die Dämonen!«
    Sein magerer, groß gewachsener Körper klappte unvermittelt zusammen, und er fiel auf dem schmutzigen Pflaster auf die Knie. Die Augen traten ihm aus den Höhlen. Sein Gesicht wurde wachsbleich. Zwischen den vor Entsetzen verzogenen Lippen klapperten zwei Reihen abgenutzter Zähne.
    Ganz langsam, wie in einem Albtraum, hob er die knochigen Hände mit den gespreizten Fingern. Seine Zunge bewegte sich nur mit Mühe.
    Â»Erbarmen... Peyrac!«, stieß er hervor.
    Â 
    Dieser von der verhassten Stimme ausgesprochene Name fuhr wie ein Dolch in Angéliques Herz. Auch sie wurde vom Wahn der grauenhaften Szene erfasst und schrie wie von Sinnen: »Töte ihn! Töte ihn!«
    Dabei biss sie Nicolas in die Schulter, ohne es überhaupt zu
bemerken. Er machte sich mit einem sanften Stoß von ihr los und zog sein langes Fleischermesser aus der Scheide.
    Doch

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