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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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ihrer Bande diese Trophäe entrissen hatte. Sie hatte etwas Geheimnisvolles an sich, das sie mit einem beunruhigenden Glorienschein umgab.
    Cul-de-Bois pfiff bewundernd.
    Â»Hoho, unsere Marquise der Engel ist ja raffinierter, als es scheint!«
    Respektvolle und die ersten bewundernden Blicke folgten ihr, als sie hinausging.
    Â 
    Draußen war es fast dunkel geworden. Im schwachen Dämmerlicht zeichnete sich der Umriss der verfallenen Tour de Nesle ab. Da begriff sie, dass das Zimmer, in das Nicolas Calembredaine sie gebracht hatte, an der Spitze des Turms liegen und als Lagerraum für die Beute der Gauner dienen musste. Einer der Garter erklärte ihr freundlich, dass es Calembredaines Idee gewesen sei, die Bande in dem aufgegebenen Bollwerk der mittelalterlichen Stadtmauer unterzubringen. Tatsächlich war der Turm ein idealer Schlupfwinkel für Räuber. Halb verfallene Säle, einstürzende Wälle und wacklige Türmchen boten ihnen Verstecke, über die die anderen Banden aus den Faubourgs nicht verfügten.
    Die Waschfrauen, die lange ihre Wäsche zum Bleichen auf den Zinnen der Tour de Nesle ausgehängt hatten, waren vor dieser unheimlichen Invasion geflohen.

    Niemand war eingeschritten und hatte die zwielichtigen Gestalten vertrieben, die sich unter der kleinen Brücke über den alten Stadtgraben versteckten und den Kutschen aus dem Faubourg Saint-Germain auflauerten. Man hatte sich lediglich seufzend damit abgefunden, dass dieser Torturm mitten in Paris zu einer wahren Mördergrube geworden war. Und gelegentlich vermischten sich die Violinenklänge aus den Tuilerien am anderen Ufer der Seine mit den kratzigen Fidelklängen des alten Hurlurot oder den immer gleichen Liedern von Thibault dem Leiermann, zu denen die Bettler bei abendlichen Orgien tanzten.
    Die Flussschiffer vom nahe gelegenen kleinen Holzhafen senkten die Stimme, als sie die düsteren Schemen über die Uferböschung herankommen sahen.
    Die Gegend wurde einfach unmöglich, klagten sie. Wann würden die Schöffen der Stadt sich endlich dazu durchringen, die alten Mauern niederzureißen und das ganze Gesindel zu vertreiben.
    Â»Ich grüße Euch, Messires«, sprach Mort-aux-Rats sie an. »Hättet Ihr die Güte, uns zum Quai de Gesvres zu bringen?«
    Â»Habt ihr Geld?«
    Â»Wir haben das hier«, entgegnete der Spanier und setzte dem Schiffer seine Schwertspitze auf den Bauch.
    Der Mann zuckte resigniert mit den Schultern. Jeden Tag hatten sie Ärger mit diesen Halunken, die sich in ihren Booten versteckten, ihre Ware stahlen und sich umsonst von einem Ufer zum anderen übersetzen ließen wie die hohen Herren. Wenn genügend Schiffer beisammen waren, endeten solche Begegnungen gewöhnlich in blutigen Messerstechereien, denn die Mitglieder der Schifferzunft waren keine sonderlich langmütigen Menschen.
    Â 
    Doch an diesem Abend erkannten die drei Männer, die gerade ihr Feuer angezündet hatten, um neben den Kähnen Wache zu halten, dass es nicht klug wäre, sich auf einen Streit einzulassen.
Auf das Zeichen seines Meisters hin erhob sich ein junger Bursche und band unsicher das Boot los, in dem Angélique und ihre finsteren Begleiter bereits Platz genommen hatten.
    Das Boot glitt unter den Bögen des Pont-Neuf hindurch und legte in der Nähe des Pont Notre-Dame am Unterbau des Quai de Gesvres an.
    Â»Gut so, Kleiner«, sagte Mort-aux-Rats zu dem jungen Schiffer. »Wir danken dir nicht nur, wir lassen dich sogar mit heiler Haut davonkommen. Leih uns jetzt nur noch deine Laterne. Du kriegst sie wieder, wenn wir dran denken...«
    Â 
    Das riesige Gewölbe, das den erst kürzlich angelegten Quai de Gesvres stützte, war eine gigantische Leistung, ein Meisterwerk der Steinbaukunst.
    Als Angélique es betrat, hörte sie das Tosen des eingeengten Flusses, das sie an die laute Stimme des Ozeans erinnerte. Der Lärm der Kutschen, die oberhalb des Gewölbes die Straße entlangfuhren und dabei ein Geräusch wie fernes Donnergrollen erzeugten, verstärkte diesen Eindruck noch. Die Luft war eisig und feucht. Diese grandiose, abgeschiedene Höhle mitten in Paris schien geradezu dafür geschaffen worden zu sein, allen Verbrechern der Stadt Zuflucht zu bieten.
    Die Räuber gingen weiter bis ans andere Ende. Drei, vier dunkle Seitengänge, die den Metzgereien in der Rue de la Vieille-Lanterne als Abfluss dienten, spien Ströme

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