Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
Wasser eines großen Beckens tummelte, hatte einen Fischschwanz.
Als die monströse Frau erkannte, dass ihr Geheimnis gelüftet worden war, hatte sie einen furchtbaren Schrei – einen Todesschrei – ausgestoßen und war durch das Fenster geflohen, dass das Wasser spritzte, hinaus in die weite Nacht, wo sie von diesem Tag an bis in alle Ewigkeit würde umherstreifen müssen. Denn durch diese Entdeckung wurde nicht nur enthüllt, was hätte verborgen bleiben müssen, sondern darüber hinaus war sie nun dazu verdammt, keines natürlichen Todes mehr sterben zu können. Und was auch immer manche glauben mögen, ewig leben zu müssen ist das Schlimmste, was einem Menschen widerfahren kann!
Die Amme gab zwar zu, dass es bei genauerer Überlegung übertrieben und merkwürdig erscheinen könnte, dass ein so ruhmreicher Fürst wie Raymond de Forez, der erste Herr von Lusignan und des Poitou, so vergesslich gewesen sein sollte. Aber falls er das feierliche Versprechen, das er seiner Frau gegeben hatte, nicht wirklich vergessen hatte, dann hatte er es zumindest nicht ernst genommen und beschlossen, sich
an jenem Abend einfach darüber hinwegzusetzen, um seine Freunde zu erfreuen. Und deshalb war er doch siebzig mal sieben Mal gedankenlos.
»Denn nichts schadet dem ehelichen Glück mehr, als die Empfehlungen einer Frau, die man liebt und an der man hängt, auf die leichte Schulter zu nehmen«, schloss die Amme.
Und dann fügte sie noch hinzu, dass die Fee Mélusine trotz ihres großen Unglücks auch weiterhin über ihre Lieblingsprovinz gewacht habe. Ihr hatte man die Schlösser von Parthenay, Morvant, Marmande und Issoudin ebenso zu verdanken wie die gute Gesundheit ihrer Nachkommen, hochadliger Familien wie der Lusignans natürlich, aber auch anderer Abkömmlinge, deren Namen hinter vorgehaltener Hand in der Gegend weitergegeben wurden.
Madame de Sancé hatte es auf ihrem Weg durch die Küche in den Gemüsegarten für ratsam gehalten, ein paar Einzelheiten über die Fee Mélusine richtigzustellen. Sicher, die Lusignans waren eine bedeutende Familie, aber man konnte doch nicht behaupten, dass sie von einer Fee abstammten, die sich darüber hinaus in eine Fisch-Frau verwandelte.
»Madame, sie waren Könige von Zypern und Jerusalem«, hatte ihr die Amme entgegengehalten, der, was die Familie Lusignan betraf, niemand etwas vormachen konnte.
»Ja schon, aber …«
»Und nach ihrer Heirat mit Raimondin wurde sie zur Ahnfrau der Häuser Lusignan, Luxemburg und Böhmen. Das steht in zahllosen Büchern, Madame, und zwar schon seit Jahrhunderten. Sogar in der blauen Bibliothek von Troyes wird das bestätigt.«
»Das ist doch keine Referenz«, entgegnete Madame de Sancé. »Und wie auch immer, Fantine, keine Familie, nicht einmal eine von allerhöchstem Adel, kann eine Fee zur Ahnfrau haben …«
»Madame möge mir verzeihen«, erwiderte die Amme, während sie sich würdevoll aufrichtete, »aber wenn Madame die Herkunft einer Familie leugnet, mit der, wie ich glaube, auch ihre eigene Familie verwandt ist, betrachtet sich Madame nicht als eine Tochter der Provinz Poitou … Und schaut Euch doch nur mal das Mädchen an«, flüsterte sie mit einem raschen Seitenblick zu Angélique. »Wer kann denn mit Sicherheit sagen, dass sie nicht eine Fee unter ihren Vorfahren hat? Sogar im Dorf fangen sie schon an, sie die kleine Fee zu nennen … Und immer mehr Leute behaupten, ihre Hände könnten auf wundersame Weise Schmerzen lindern. Wer an Kopfschmerzen leidet oder einen Säugling hat, bei dem die Zähne kommen, der ruft sie, und dann legt sie ihnen ihre kleine Hand auf die Stirn oder die Wange, und schon geht es ihnen besser... Ihr braucht die Leute doch nur zu fragen, Madame …«
Nach dieser Aufforderung betrachtete Madame de Sancé ihre Kinder, deren unschuldige Augen sie, ohne es zu wissen, baten, nicht an den Überzeugungen der Amme zu zweifeln, und unwillkürlich lächelte sie gerührt, denn in ihren Augen waren sie alle hübsch und bezaubernd. Mit einem leisen Seufzen griff sie wieder nach ihrem Korb und ihrem großen Gartenhut, denn sie war es, die die Geschicke des Obst- und Gemüsegartens lenkte, was sie viel Zeit und Mühe kostete, aber ihr trotz ihrer Armut erlaubte, ihrem großen Haushalt eine gesunde und abwechslungsreiche Kost vorzusetzen, und das war schließlich das Wichtigste.
In diesem Jahr begann Fantine von den ersten Sommertagen an, auf die Räuber und Soldaten zu warten. Die Umgebung wirkte zwar
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