Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
zurückliegendes, recht großes Gebäude, dessen Türen mit Gittern, Eisenstangen und schweren Vorhängeschlössern gesichert waren. Zwei mit Musketen bewaffnete Männer bewachten es.
»Das ist das Lager mit den Blei- und Silberbarren«, erklärte der Baron.
Voller Stolz fügte er hinzu, dass er Molines in den kommenden Tagen bitten werde, Angélique ihren Vorrat zu zeigen.
Dann führte er sie in den angrenzenden Steinbruch. Riesige, jeweils etwa zwei Klafter hohe Stufen bildeten inzwischen eine Art römisches Amphitheater. Hier und da verschwanden schwarze Stollen im Fels, aus denen von Eseln gezogene kleine Karren hervorkamen.
»Mittlerweile leben hier zehn sächsische Familien, Bergleute, Schmelzer und Steinbrecher. Sie und Molines haben den Erzabbau wieder aufgenommen.«
»Und wie viel Gewinn erzielt die Mine im Jahr?«, wollte Angélique wissen.
»Ach je, diese Frage habe ich mir noch nie gestellt...«, gestand Armand de Sancé ein wenig verwirrt. »Weißt du, Molines zahlt mir regelmäßig den Pachtzins. Er hat die Kosten für die gesamte Anlage übernommen. Über das Languedoc hat er von Schmugglern Ofenziegel aus England und bestimmt auch aus Spanien herschaffen lassen.«
»Und das wahrscheinlich unter Mithilfe des Mannes, den Ihr als meinen Gemahl vorgesehen habt?«
»Möglicherweise. Es heißt, der Graf beschäftige sich mit den verschiedensten Dingen. Er ist übrigens auch ein Gelehrter und hat die Konstruktionszeichnung für diese Dampfmaschine angefertigt.«
Der Baron führte seine Tochter zu einem der niedrigen Stollen im Berghang. Er zeigte ihr eine Art riesigen eisernen Kessel, unter dem ein Feuer brannte und aus dem zwei große, mit Stoffbinden umwickelte Rohre in einen Schacht hinabführten. Daraus schoss in regelmäßigen Abständen ein Wasserstrahl an die Oberfläche.
»Das ist eine der ersten Dampfmaschinen, die bisher auf der Welt gebaut wurden. Sie dient dazu, das Wasser aus den Stollen zu pumpen. Eine Erfindung, die der Graf de Peyrac bei
einem seiner Aufenthalte in England weiterentwickelt hat. Du siehst, als eine Frau, die sich den Preziösen anschließen möchte, bekommst du mit ihm einen Mann, der ebenso gelehrt und schöngeistig ist wie ich ungebildet und langsam«, fügte er mit kläglicher Miene hinzu. »Ach, guten Tag, Fritz Hauer.«
Einer der Arbeiter, der neben der Maschine stand, zog seine Mütze ab und verbeugte sich tief. Sein Gesicht wirkte blau verfärbt von dem Gesteinsstaub, der sich im Laufe eines langen Bergmannslebens in seine Haut eingefressen hatte. An einer Hand fehlten ihm zwei Finger. Er war gedrungen und bucklig, sodass es schien, als seien seine Arme zu lang geraten. Fransiges Haar fiel ihm über die kleinen, blitzenden Augen.
»Ich finde, er erinnert ein wenig an Vulkan, den Gott der Schmiede«, sagte Monsieur de Sancé. »Offenbar gibt es niemanden, der das Innere der Erde besser kennt als dieser Sachse. Vielleicht sieht er auch deswegen so merkwürdig aus. Ich habe diese Bergbauangelegenheiten nie so ganz durchschaut, und ich bin mir nicht sicher, ob daran nicht sogar ein wenig Hexerei beteiligt ist. Es heißt, Fritz Hauer kenne ein geheimes Verfahren, um Blei in Gold zu verwandeln. Das wäre wirklich außerordentlich. Jedenfalls arbeitet er schon seit mehreren Jahren für den Grafen de Peyrac, der ihn zu uns geschickt hat, um hier Argentières aufzubauen.«
Graf de Peyrac! Immer wieder dieser Graf de Peyrac, dachte Angélique gereizt.
»Vielleicht ist er ja deshalb so reich, Euer Graf de Peyrac«, sagte sie laut. »Er verwandelt das Blei, das Fritz Hauer ihm schickt, in Gold. Und mich dann wahrscheinlich eines Tages in einen Frosch...«
»Ihr bekümmert mich wirklich, mein Kind. Was soll dieser spöttische Ton? Es hat ja fast den Anschein, als versuchte ich Euch mit allen Mitteln ins Unglück zu stürzen. An diesem
Vorhaben gibt es nichts, was Euer Misstrauen rechtfertigen könnte. Ich hatte freudige Rufe erwartet, und jetzt höre ich von Euch nur sarkastische Bemerkungen.«
»Ihr habt recht, Vater, verzeiht mir«, antwortete Angélique kleinlaut. Sie schämte sich für die Enttäuschung, die sie in den aufrichtigen Zügen des einfachen Landadligen las. »Die Nonnen haben oft gesagt, ich wäre nicht wie die anderen und hätte eine seltsame Art zu reagieren. Ich will Euch nicht verhehlen, dass mich dieser Antrag ganz und gar nicht freut. Im Gegenteil, er ist mir ausgesprochen unangenehm. Aber lasst mir Zeit, darüber nachzudenken und mich an diese
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