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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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welchem Land seid Ihr gewesen?«
    »Ist das weit von hier?«
    »Welchen Beruf habt Ihr?«
    »Ich habe keinen Beruf«, antwortete der Unbekannte. »Vorläufig würde es mir gefallen, durch Frankreich zu reisen und den Menschen von meinen Abenteuern und Reisen zu erzählen.«
    »Wie ein Dichter, ein Troubadour des Mittelalters?«, wollte Angélique wissen, die trotz allem einiges von Tante Pulchéries Unterweisungen behalten hatte.
    »So ungefähr, obwohl ich weder singen noch dichten kann. Aber ich könnte sehr hübsche Dinge über die Länder erzählen, in denen man Weinreben nicht zu pflanzen braucht. Die Trauben hängen im Wald an den Bäumen, aber die Bewohner dieser Länder verstehen sich nicht darauf, Wein zu keltern. Das ist auch besser so, denn Noah ward trunken, und der Herr hat nicht gewollt, dass sich alle Menschen in Schweine verwandeln. Es gibt immer noch unschuldige Völker auf dieser Erde.«
    Er schien etwa vierzig Jahre alt zu sein, aber in seinem in die Ferne gerichteten Blick lag etwas Starres, Leidenschaftliches.
    »Muss man denn übers Meer reisen, um in diese Länder zu gelangen?«, fragte der schweigsame Josselin misstrauisch.
»Sie liegen jenseits des Ozeans. Und im Landesinneren gibt es dort Flüsse und Seen. Die Bewohner dieses Landes haben eine kupferrote Haut. Sie schmücken ihren Kopf mit Vogelfedern und fahren in Kanus, die sie aus Rinde oder Tierhäuten nähen. Ich war auch auf Inseln, wo die Menschen vollkommen schwarz sind. Sie ernähren sich von armdickem Schilfrohr, das Zuckerrohr genannt wird, und tatsächlich kommt von dorther auch der Zucker. Aus diesem Sirup wird auch ein Getränk hergestellt, das stärker ist als Kornbranntwein, aber weniger berauscht und Fröhlichkeit und Kraft verleiht: Man nennt es Rum.«
    »Habt Ihr etwas von diesem wundersamen Getränk mitgebracht?«, fragte Josselin.
    »Ich habe ein Fläschchen davon in meinen Sattelhalftern. Und ich habe ein paar Fässer bei meinem Cousin gelassen, der in La Rochelle lebt und sich einen guten Gewinn davon verspricht. Aber das ist seine Sache. Ich bin kein Kaufmann. Ich bin bloß ein Reisender, neugierig auf fremde Länder und begierig, jene Orte kennenzulernen, wo niemand Hunger und Durst leidet und die Menschen frei sind. Dort habe ich erkannt, dass alles Übel vom weißen Mann kommt, weil er nicht auf das Wort des Herrn gehört, sondern es ins Gegenteil verkehrt hat. Denn der Herr hat nicht befohlen, zu töten und zu zerstören, sondern einander zu lieben.«
    Es wurde still. Die Kinder waren so seltsame Reden nicht gewohnt.
    »Das Leben in Amerika ist also vollkommener als in unseren Ländern, wo Gott schon so lange herrscht?«, erklang plötzlich Raymonds gelassene Stimme.
    Er war ebenfalls näher gekommen, und Angélique entdeckte in seinem Blick einen ähnlichen Ausdruck wie in dem des Fremden. Dieser musterte ihn aufmerksam.
    »Es ist schwer, den unterschiedlichen Grad der Vollkommenheit
einer alten und einer neuen Welt gegeneinander abzuwägen, mein Sohn. Was soll ich sagen? In Amerika lebt man ganz anders als hier. Unter den Weißen herrscht eine große Gastfreundschaft. Niemals ist die Rede davon, zu bezahlen, in manchen Gegenden gibt es nicht einmal Geld, und die Menschen leben ausschließlich von der Jagd, vom Fischfang und dem Tausch von Fellen und Glasperlen.«
    »Und was ist mit Ackerbau?«
    Fantine hatte die Frage gestellt, etwas, das sie in Gegenwart ihrer erwachsenen Herrschaften niemals gewagt hätte. Aber ihre Neugier war genauso groß wie die der Kinder.
    »Ackerbau? Auf den Antillen betreiben die Schwarzen ein wenig davon. Die Rothäute in Amerika bestellen keine Felder, sondern sammeln Früchte und junge Triebe. Es gibt andere Regionen, wo man Kartoffeln anbaut, die in Europa ›Tartuffeln‹ genannt werden, die man hier aber noch nicht anzupflanzen weiß. Dort gibt es vor allem Früchte: eine Art Birnen, die in Wahrheit voller Butter sind, und Bäume, aus denen man einen wunderbar nahrhaften Saft zapft.«
    »Und wie machen sie ihr Brot?«, rief Fantine.
    »Das kommt darauf an. Dort gibt es vor allem sehr viel Mais, der Indianischer Weizen genannt wird. In anderen Regionen kauen die Leute Rinden oder Nüsse, durch die man den ganzen Tag über weder Hunger noch Durst spürt. Man kann sich auch von einer Art Bohne, dem Kakao, ernähren, der mit Cassonade vermischt wird. In den wüstenartigeren Landstrichen gewinnt man Palm- oder Agavensaft. Es gibt Tiere …«
    »Kann man in diesen Ländern

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