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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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zusammenhing, dass sie aus ihren gewohnten weiten Räumen herausgerissen worden war. Hier gab es überall Mauern, immer wieder Mauern, und Gitter vor den Fenstern. Mit ihren Mitschülerinnen kam sie nur schwer zurecht. Sie hatte bisher immer mit Jungen gespielt, kleinen Bauernlümmeln, die sie bewunderten und ihr folgten. Doch hier, zwischen jungen Damen von zumeist hoher Abkunft und gesichertem Vermögen, konnte Angéliques Platz nur in einer der letzten Reihen sein.
    Außerdem musste sie sich der Tortur der engen, mit Fischbein versteiften Schnürbrust unterziehen, die die Mädchen unerbittlich zu einer geraden Haltung zwang und ihnen so ihr ganzes Leben lang das Gebaren einer hochmütigen Königin verlieh. Angélique war kräftig und besaß geschmeidige Muskeln und eine natürliche Anmut, sodass sie auf diese Zwangsjacke hätte verzichten können. Aber bei der Schnürbrust handelte es sich um eine gesellschaftliche Institution. Den Unterhaltungen der Älteren zufolge gab es keinen Zweifel daran, dass sie eine große Rolle in der Mode spielte. Es war auch die Rede vom Blankscheit, einer Art schnabelförmigem starrem Brusteinsatz, der in eine über und über bestickte und mit Schleifen und Edelsteinen geschmückte Tasche am Schnürleib geschoben wurde. Das Blankscheit diente dazu, den Busen zu stützen und ihn unter der verhüllenden Spitze so weit anzuheben, dass er stets bereit zu sein schien, aus diesem Gefängnis
auszubrechen. Natürlich erzählten sich die Älteren solche Einzelheiten nur im Geheimen, obwohl es ausdrücklich zu den Aufgaben des Klosters gehörte, die jungen Mädchen auf die Ehe und ein Leben in der Gesellschaft vorzubereiten.
    Angélique lernte zu tanzen, zu grüßen, Laute und Cembalo zu spielen, mit zwei oder drei Gefährtinnen Konversation über ein vorgegebenes Thema zu machen und sogar mit dem Fächer zu spielen und sich zu schminken. Zudem wurde großer Wert auf die Führung des Haushalts gelegt. Als Vorbereitung auf mögliche Schicksalsschläge, die der Himmel über sie hereinbrechen lassen könnte, mussten die Schülerinnen die niedrigsten Tätigkeiten verrichten. Abwechselnd arbeiteten sie in der Küche, wuschen Wäsche, zündeten die Lampen an und unterhielten die Flammen oder fegten und schrubbten die steinernen Bodenplatten. Schließlich vermittelte man ihnen noch ein paar intellektuelle Grundlagen: aneinandergereihte Fakten aus Geschichte und Geografie, Mythologie, Mathematik, Theologie und Latein. Mehr Aufmerksamkeit wurde der Ausbildung des Schreibstils gewidmet, da das Briefeschreiben als eine im Wesentlichen weibliche Kunst galt und der Austausch von Briefen mit ihren Freunden und Verwandten einen Großteil der Zeit einer Frau von Welt in Anspruch nahm.
    Zwar war Angélique keine ungehorsame Schülerin, trotzdem gab sie ihren Lehrern wenig Anlass zur Zufriedenheit. Sie tat, was man von ihr verlangte, schien aber nicht zu verstehen, warum man sie zu so vielen stumpfsinnigen Dingen zwang. Manchmal suchte man sie vergeblich, wenn der Unterricht anfing, und entdeckte sie schließlich beim Gemüse, das in einem großen Garten hoch über kaum frequentierten Gässchen angebaut wurde, in denen sich die Wärme staute. Auf die scharfen Zurechtweisungen erwiderte sie stets, dass ihr nicht bewusst gewesen sei, etwas Unrechtes zu tun, wenn sie den Kohlköpfen beim Wachsen zusah.

    Mazarin war nicht gestorben.
    Auch nicht der junge König und sein Bruder.
    Und auch nicht die Regentin.
    Aber der Bürgerkrieg war mit Gewalt im Herzen des Königreichs losgebrochen.
    Nachdem einst dank der Politik Richelieus und des verstorbenen Ludwig XIII. das französische Gebiet von den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges verschont geblieben war, hatte die Fronde – diese so »beschwingte« Fronde – das Land diese Versäumnisse innerhalb weniger Monate nachholen lassen.
    Es gab Tausende und Abertausende von Toten.
    In jenem Jahr , schrieb der Chronist, trug im Umkreis von sechs Meilen um Paris kein einziger Baum Blüte oder Frucht.
    Mit abgeschlagenen Ästen ragten die struppigen Stümpfe der Bäume in den Obstgärten auf wie eine Armee aus totem Holz …
    Keine Furche brachte Ernte ...
    Unter dem Durchmarsch der Truppen, den erbitterten Kämpfen, den fluchtartigen Rückzügen, den Angriffen und dem galoppierenden Ansturm der Reiter wurde die vom Tod umgepflügte Erde der lieblichen Provinz Île-de-France selbst zum Grab. Und unzählige Leichen von tapferen kleinen Maultieren übersäten das Land,

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