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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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Dämonen schützen sollten. Wenigstens halfen diese Gerüche, die stark an religiöse oder antike Zeremonien erinnerten, ein wenig gegen den ekelerregenden Verwesungsgestank.
    Die Steigung war inzwischen nicht mehr ganz so steil. In den Straßen lagen weniger Leichen, die Atmosphäre wurde heiterer. Angélique überquerte einen belebten Platz, wo Seminaristen eifrig diskutierten, ohne sich um den nahen Tod zu kümmern. Die Häuser standen nicht mehr so nah beieinander. Endlich erreichte sie das offene Land.
    Es war kaum zu glauben!

    Der Himmel war blau. Die Sonne schien.
    Im Unterholz war nicht der leiseste Pesthauch zu spüren. Die Winde, die über die Höhen hinwegstrichen, hatten die letzten Reste von Rauch und widerlichem Gestank fortgeweht.
    Jenseits des Todes, der in den Tiefen der Stadt umging, hatten der verheißungsvolle Frühling, der reiche Sommer triumphiert, getreu der ewigen Wiederkehr, die das strenge Gesetz der Jahreszeiten ihnen auferlegte.
    Angélique rannte los und atmete in tiefen Zügen ein. Ihre Hoffnung kannte keine Grenzen. Sie musste lange laufen, ehe sie einen Bach fand, an dem die Holunderblüten wuchsen, die sie suchte. Ringsum entdeckte sie noch weitere Pflanzen, die ihre Arznei vervollständigen würden. Nachdem sie ihr Schultertuch aus schwarzem Taft gefüllt hatte, kehrte sie um und wandte der Dämmerung, die endlich ein wenig Kühlung brachte, den Rücken zu.
    Sie wagte kaum zu glauben, dass ihr der Himmel so gnädig gewesen war, und rannte voller Freude zurück in Richtung Stadt, tauchte erneut ein in die stinkenden, verrauchten Straßen, wurde ungeduldig, wenn sie von Leichenzügen oder den Totengräberbruderschaften aufgehalten wurde, die psalmodierend ihre Bahren trugen und um die sie einen Bogen schlagen oder zwischen denen sie sich hindurchzwängen musste, um weiterzukommen. Je steiler die Straßen abfielen, desto schneller lief sie. Am liebsten wäre sie geflogen.
    Wie berauscht von ihrem Lauf verirrte sie sich.
    Mehrmals musste sie stehen bleiben und nach dem Weg fragen, um das Kloster der Ursulinen wiederzufinden.
    In diesen Tagen des Grauens und der Verzweiflung begegnete man in den Straßen von Poitiers so vielen seltsamen Gestalten, dass sich niemand über das junge Mädchen mit dem wehenden goldblonden Haar im grauen Kleid einer Klosterschülerin wunderte.

    Aber manche, die sahen, wie sie die steilen Straßen hinabeilte, zwischen den kranken Schatten hindurchschlüpfte, mit einem Satz über die Glutbäche sprang, die der unvermittelt aufgekommene Abendwind aus den Kohlenbecken und Scheiterhaufen an den Straßenecken riss, die diese zierliche Gestalt, vom strahlenden Glanz ihres lichten Haars umgeben, aus dem dichten, ekelerregenden Qualm hervorkommen sahen, sprachen von einem Engel, den der Himmel gesandt habe, um die Lebenden und die Toten zu trösten.
    Sie versuchte so angestrengt, die Straßen wiederzuerkennen, dass ihre Augen brannten. Plötzlich entdeckte sie den Platz, an dem die Klosterpforte lag, und im Halbdunkel sah sie die massigen Mauern, hinter denen Madelon auf sie wartete.
    Mit einem Arm presste sie ihren Vorrat an sich, während sie mit dem anderen mit aller Kraft die Glocke schüttelte und unbekümmert so laut läutete, dass das Echo im ganzen Gebäude widerhallte. Nachdem sie eine scheinbar endlose Weile gewartet hatte, öffnete sich der schwere Türflügel einen Spalt, und an der bestürzten Miene der Pförtnerin erkannte sie, dass man ihre Flucht bemerkt hatte und sie bereits erwartete. Die Nonne sagte ihr, dass man nach ihr gesucht habe und dass die Damen äußerst ungehalten seien.
    »Schwester! Bitte, lasst mich vorbei. Ich bringe Heilpflanzen für Madelon.«
    Sie schob die Nonne zur Seite und rannte durch die Gänge.
    Plötzlich sah sie die Oberin auf sich zukommen. Es war eine noch junge Frau aus einer herzoglichen Familie.
    Groß und streng blieb sie stehen und musterte Angélique mit zornigem Blick.
    Angélique hielt inne.
    »Mutter Oberin! Mutter Oberin! Lasst mich durch. Ich habe Heilpflanzen geholt, um meine Schwester Madelon wieder gesund zu machen.«

    Die Hände in ihre weiten Ärmel geschoben, stand die Oberin immer noch reglos wie eine steinerne Statue da und versperrte ihr den Weg.
    »Mademoiselle de Sancé, Euer Betragen ist unerhört«, sagte sie schließlich.
    »Mutter Oberin, ich habe Pflanzen geholt, damit meine Schwester wieder gesund wird.«
    »Gott hat Euch bestraft, meine Tochter.«
    »Es ist mir völlig egal, ob Gott mich

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