Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
Vom Netzwerk:
bereit.
    »Ich wollte meine Schwester besuchen, die in Poitiers in der Klosterschule lebt, aber ich wusste nicht, wo ich sie treffen sollte. Unsere Eltern...«
    »Sprich nicht so laut im Haus des Herrn«, schnitt ihm der
Priester das Wort ab. »Steh auf, deine Schwester auch, und kommt mit.«
    Er führte sie in die Sakristei und setzte sich auf einen Schemel. Dann musterte er, die Hände auf die Knie gestützt, erst den Jungen und dann das Mädchen. Das weiße Haar, das unter seiner Kalotte hervorschaute, rahmte ein Gesicht ein, das sich trotz seines Alters eine kräftige Farbe bewahrt hatte. Er hatte eine dicke Nase, kleine lebhafte Augen und einen kurzen weißen Bart. Henri de Roguier wirkte mit einem Mal bestürzt und verstummte in ungeheuchelter Verlegenheit.
    »Ist er dein Liebhaber?«, fragte der Priester Angélique unvermittelt und deutete mit dem Kinn auf den jungen Burschen.
    Das Gesicht des jungen Mädchens verfärbte sich tiefrot, doch bevor sie antworten konnte, rief der Page offen und freimütig: »Ich hätte schon gewollt, Monsieur, aber sie ist nicht so eine.«
    »Umso besser, meine Tochter. Wenn du eine schöne Perlenkette hättest, würdest du sie dann in den Hof voller Mist werfen, wo die Schweine mit ihren rotzigen Schnauzen danach schnappen? Hm? Antworte, meine Kleine. Würdest du das tun?«
    »Nein. Das würde ich nicht.«
    »Du darfst keine Perlen vor die Säue werfen. Du darfst deine kostbare Jungfräulichkeit, die allein der Ehe vorbehalten sein soll, nicht verschwenden. Und nun zu dir, du Lümmel«, fuhr er leise fort und wandte sich an den Jungen, »wie bist du auf den frevlerischen Gedanken gekommen, deine Liebste zu einem Stelldichein ausgerechnet in die Kanzel unserer Kirche zu führen?«
    »Wohin hätte ich sie denn sonst bringen sollen?«, protestierte der Page missmutig. »Die Straßen in dieser Stadt sind enger als Wandschränke, nirgendwo kann man sich in Ruhe
unterhalten. Ich wusste, dass der Küster von Notre-Dame-la-Grande manchmal die Kanzel und die Beichtstühle vermietet, damit man sich dort ungestört das eine oder andere Geheimnis zuflüstern kann. Wisst Ihr, Monsieur Vincent, in diesen Provinzstädten gibt es viele junge Mädchen, die von einem mürrischen Vater und einer zänkischen Mutter viel zu streng bewacht werden und die niemals auch nur ein liebes Wort hören würden, wenn...«
    »Das sind ja interessante Neuigkeiten, mein Sohn!«
    »Die Kanzel kostet dreißig Livres und die Beichtstühle zwanzig. Glaubt mir, Monsieur Vincent, für meine Börse ist das viel.«
    »Das glaube ich dir gerne«, entgegnete Monsieur Vincent, »aber in der Waage, in der der Teufel und der Engel auf dem Vorplatz von Notre-Dame-la-Grande die Sünden abwiegen, wiegt es noch viel schwerer.«
    Seine bis dahin gelassenen Züge hatten sich verhärtet. Er streckte die Hand aus.
    »Gib mir den Schlüssel, den man dir anvertraut hat.«
    Und als der junge Bursche ihn ihm ausgehändigt hatte, fuhr er fort: »Du wirst beichten, nicht wahr? Ich erwarte dich morgen Abend in dieser Kirche. Dann werde ich dir die Absolution erteilen. Ich weiß nur zu gut, in welchem Umfeld du lebst, armer kleiner Page! Und für dich ist es besser, wenn du versuchst, bei einem Mädchen deines Alters den Mann zu spielen, als selbst das Spielzeug reifer Damen zu sein, die dich in ihre Alkoven zerren, um dich vom rechten Weg abzubringen... Ja, ich sehe, du errötest. Du schämst dich vor diesem frischen, unschuldigen Mädchen für deine unnatürlichen Liebeleien.«
    Der Junge ließ den Kopf hängen, seine ganze Selbstsicherheit war verflogen.
    »Monsieur Vincent de Paul«, stammelte er schließlich, »bitte erzählt Ihrer Majestät der Königin nichts von diesem Vorfall.
Wenn sie mich zu meinem Vater zurückschickt, wird er mich nirgendwo mehr unterbringen können. Ich habe sieben Schwestern, die eine Mitgift brauchen, und ich bin der vierte Sohn der Familie. Die besondere Gunst, in den Dienst des Königs aufgenommen zu werden, habe ich nur Monsieur de Lorraine zu verdanken, der mich... dem ich gefallen habe«, schloss er verlegen. »Er hat das Amt für mich gekauft. Wenn ich fortgejagt werde, wird er bestimmt den Kaufpreis von meinem Vater zurückverlangen, und das ist unmöglich.«
    Der alte Priester sah ihn ernst an.
    »Ich werde deinen Namen nicht nennen. Aber es kann nicht schaden, wenn ich der Königin einmal mehr in Erinnerung rufe, von welcher Verworfenheit sie umgeben ist. Ach je! Diese Frau ist fromm und mildtätig,

Weitere Kostenlose Bücher