Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
bestraft!«, rief Angélique mit vor Hitze und Erschöpfung hochrotem Gesicht. »Aber ich will ihr den Tee selbst kochen.«
»Meine Tochter, es ist zu spät, um noch irgendetwas zu wollen. Eure Schwester ist tot.«
Angélique weinte nicht, als sie vor dem kleinen bleichen, wie ausgedörrt wirkenden reglosen Leichnam stand. Sie ärgerte sich sogar über Hortense, die eindrucksvolle Tränen vergoss. Warum heulte diese lange Bohnenstange überhaupt? Sie hatte Madelon nie geliebt. Sie liebte nur sich selbst.
»Ach, meine Kleinen«, sagte eine alte Nonne sanft, »das ist das Gesetz Gottes. Viele Kinder sterben. Ich habe gehört, Eure Mutter hat elf Kinder zur Welt gebracht und nur ein Einziges davon verloren. Mit diesem hier sind es jetzt zwei. Das ist nicht viel. Ich kenne eine Dame, die fünfzehn Kinder geboren und sieben wieder verloren hat. Seht ihr, so ist das nun einmal. Gott gibt die Kinder, und Gott nimmt sie auch wieder. So viele Kinder sterben. Das ist Gottes Gesetz...!«
Nach Madelons Tod verstärkte sich Angéliques ungezügeltes Betragen, und sie wurde sogar ungehorsam.
Sie tat nur noch, was ihr gefiel, und verschwand stundenlang in irgendwelchen versteckten Winkeln des weitläufigen Gebäudes.
Seit sie fortgelaufen war, hatte man ihr verboten, sowohl den Ziergarten als auch den Gemüsegarten noch einmal zu betreten.
Trotzdem fand sie immer wieder eine Möglichkeit, sich heimlich dorthin zu schleichen. Man dachte daran, sie nach Hause zurückzuschicken, aber trotz der Schwierigkeiten, mit denen er aufgrund des Bürgerkriegs zu kämpfen hatte, zahlte der Baron de Sancé das Kostgeld für seine beiden Töchter immer sehr regelmäßig, was man nicht von allen Zöglingen behaupten konnte.
Darüber hinaus versprach Hortense eine der besten Schülerinnen ihres Jahrgangs zu werden. Der Älteren zuliebe behielten die Nonnen also auch die Jüngere, aber sie hörten auf, sich um sie zu kümmern.
Kapitel 13
D ie Fronde ging weiter, Schlacht um Schlacht, Gefecht um Gefecht, wie eine gewaltige, ruckhaft mit dem Schwanz schlagende Schlange, die niemals zur Ruhe kommen würde. Vor den Mauern von Paris standen sich zwei große Generäle mit gleichen Kräften gegenüber: Condé an der Spitze der Adelsfronde und Turenne, der sich schließlich doch wieder in den Dienst des Königs gestellt hatte. Bei der Auseinandersetzung, die als das Gefecht vor der Porte Saint-Antoine bekannt werden sollte, versetzten die beiden Armeen einander so furchtbare Schläge, dass man hätte glauben können, sie würden sich gegenseitig vernichten.
Mademoiselle de Montpensier, die Tochter des Kronprätendenten Gaston d’Orléans, hatte den Befehl erteilt, die Kanonen der Bastille auf die Truppen ihres Cousins, des Königs, abzufeuern, woraufhin diese zurückwichen. Dadurch konnte das Tor für die aufständische Armee des Adels geöffnet werden, und die Soldaten retteten sich blutüberströmt in die sichere Stadt. Der König und Turenne zogen sich nach Pontoise zurück.
Doch die Ruhe war nur von kurzer Dauer.
Erbost darüber, dass Condés Männer ihre Ratsherren niedergemetzelt und das Rathaus in Brand gesteckt hatten, weil der Prinz der Ansicht war, die Stadtväter hätten ihm einen allzu lauen Empfang bereitet, begleiteten die Pariser schon wenige Wochen darauf mit Schmährufen den Auszug des Prinzen und seiner spanischen und deutschen Truppen, die die Stadt
durch die Porte Saint-Antoine verließen, um nach Flandern zu ziehen, während am entgegengesetzten Ende der Stadt der junge König bejubelt wurde, der, mit vierzehn Jahren endlich mündig, selbst die Herrschaft übernommen hatte und durch die Porte Saint-Honoré in seine Hauptstadt einzog. Der wegen Hochverrats zum Tode verurteilte Held von Rocroi hatte sich in die Niederlande zurückgezogen und sich dort in den Dienst des spanischen Königs gestellt.
Noch lange sollten alle möglichen Armeen über französischen Boden wirbeln.
Als Erstes begaben sich die königlichen Truppen und der Hof in die Guyenne, um die Einwohner von Bordeaux zur Räson zu bringen, dann zogen sie weiter nach Poitiers, wo der Hof sich für eine Weile niederließ.
So saß Angélique, die gerade fünfzehn Jahre alt geworden war, an einem Januartag wieder einmal auf der Mauer des Gemüsegartens, wärmte sich in der milden Wintersonne und beobachtete das Treiben unten in der Gasse, wo immer wieder seltsame Gestalten in erstaunlicher Kleidung vorüberkamen.
Von oben herab lauschte sie dem Murmeln der
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