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Angélique - Hochzeit wider Willen

Titel: Angélique - Hochzeit wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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auf dem Seeweg von Narbonne nach Marseille zu reisen.
    In Toulouse lachte man noch immer über das Missgeschick eines adligen Gascogners aus der Grafschaft Foix, der auf einer Schiffsreise auf den arabischen Galeeren in Gefangenschaft geraten war. Der König von Frankreich hatte ihn sogleich von dem Berber-Sultan, der in Algier herrschte, zurückgekauft. Doch bei seiner Rückkehr war er sehr abgemagert gewesen und hatte beklagt, dass es ihm bei den Mauren sehr heiß geworden sei, während er das Wasserschöpfrad drehen musste …
    Einzig Kouassi-Ba beeindruckte Angélique ein wenig. Wenn sie den gewaltigen Koloss, in dessen Augen das Weiß wie Emaille blitzte, vor sich erblickte, musste sie sich zusammennehmen, um nicht vor Angst zurückzuschrecken. Doch er schien von sanftem Charakter zu sein. Er wich dem Grafen de Peyrac nicht von der Seite; und er war es auch, der tief im Palast die Tür zu jenen geheimnisvollen Räumen bewachte, in die sich der Graf jeden Abend und gelegentlich, wenn auch selten, auch bei Tag zurückzog. Angélique bezweifelte nicht, dass dieser abgeschlossene Bereich die Retorten und Phiolen barg, von denen Henrico der Amme erzählt hatte. Sie wäre nur allzu gern einmal dort hineingegangen, doch das wagte sie nicht.
     
    Doch dann bekam sie durch einen der Besucher des Palasts der fröhlichen Wissenschaft die Gelegenheit, diese ihr noch unbekannte Seite der ungewöhnlichen Persönlichkeit ihres Gatten kennenzulernen.

Kapitel 6
    D er Gast war mit Staub bedeckt. Er war zu Pferd über Nîmes aus Lyon gekommen; ein recht großer Mann von ungefähr dreißig Jahren. Er sprach zunächst Italienisch, ging zum Lateinischen über, das Angélique nicht gut verstand, und verfiel dann ins Deutsche. In dieser Sprache, die Angélique vertraut war, stellte der Graf den Reisenden dann schließlich vor.
    »Professor Bernalli aus Genf erweist mir die große Ehre seines Besuchs, um mit mir wissenschaftliche Probleme zu erörtern, über die wir bereits seit vielen Jahren ausführlich korrespondieren.«
     
    Der Fremde verneigte sich mit überaus italienischer Galanterie und erging sich in Beteuerungen. Ganz gewiss werde er mit seinen abstrakten Reden und seinen Formeln dieser bezaubernden Dame zur Last fallen, die sicherlich beschwingtere Gedanken pflege. Bestürzt sehe er, dass sie bereits Anweisung gegeben habe, ihm Erfrischungen zu bringen. Wenn er sie jetzt auch noch langweile, werde er untröstlich sein.
    Halb zum Trotz, doch auch aus echter Neugierde, bat Angélique, an dem Gespräch teilnehmen zu dürfen. Um nicht aufdringlich zu wirken, setzte sie sich allerdings in eine hohe Fensternische, die zum Innenhof führte.
     
    Inzwischen war es Winter geworden; doch die Kälte, die herrschte, war trocken, und nach wie vor schien die Sonne.
Vom Hof stieg der Geruch der Kohlepfannen auf, an denen sich die Dienstboten wärmten.
    Ihre Stickarbeit in der Hand, spitzte Angélique die Ohren und versuchte, die Worte der beiden Männer zu verstehen, die einander gegenüber Platz genommen hatten. Bernalli schien darauf zu brennen, ihr Gespräch zu beginnen. Zunächst sprachen sie von Personen, die ihr vollkommen unbekannt waren: dem englischen Philosophen Bacon, dem Franzosen Descartes, dem französischen Konstrukteur Blondel, über den die Männer sich heftig empörten, da dieser, wie sie meinten, die Theorien des Galilei für fruchtlose Paradoxa hielte.
    Aus dem Gehörten schloss Angélique, dass der Neuankömmling ein leidenschaftlicher Anhänger dieses Descartes war, den ihr Mann allerdings bekämpfte.
     
    Joffrey de Peyrac saß, bequem in einem Sessel mit besticktem Bezug, in einer dieser lässigen Haltungen, die er bevorzugte, und hatte die ausgestreckten Beine auf den Rand eines kleinen Tisches gelegt. Er wirkte kaum ernster, als hätte er mit den Damen über die Reime eines Sonetts diskutiert. Seine lockere Haltung bildete einen starken Gegensatz zu der seines Gesprächspartners, der, angespannt von den Gefühlsaufwallungen, die ihr Dialog in ihm hervorrief, starr auf dem Rand seines Schemels hockte.
     
    »Euer Descartes ist sicherlich ein Genie«, meinte der Graf, »doch das bedeutet noch lange nicht, dass er in allem und jedem recht hat.«
    Der Italiener war außer sich.
    »Da bin ich aber neugierig darauf, welchen Fehler Ihr ihm nachweisen wollt! Nicht zu fassen! Hier ist ein Mann, der der Scholastik und den abstrakten religiösen Vorstellungen als Erster seine experimentelle Methode entgegengestellt hat.

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