Angélique - Hochzeit wider Willen
unterhält.
»Monseigneur«, sagte sie nach kurzem Überlegen, »ich weiß noch, wie Ihr bei Eurem letzten Besuch Monsieur de Peyrac als einen Menschen geschildert habt, der mit allen Begabungen gesegnet ist, von Gelehrten aus der ganzen Welt geschätzt wird und eine tiefe Kenntnis des Universums, das er bereist hat, besitzt. Diese Eigenschaften haben ihm die Freundschaft von Königen und Fürsten eingetragen, denen er begegnet ist. Außerdem
schien mir, dass Ihr ihm, wenngleich widerstrebend, Achtung gezollt habt für die Energie und Hartnäckigkeit, die er in all seinen Handlungen an den Tag legt und die ihn in die Lage versetzen, nicht von seinen Zielen abzuweichen, ehe er sie erreicht hat.«
Der Bischof lauschte ihr mit düsterer Miene. Das, was sie eben über die Blumen gesagt hatte, zog in seinem Geist Kreise wie ein Stein, den man in einen Teich geworfen hat, auf der Wasseroberfläche und entwickelte sich zu theologischen Argumenten und Schlussfolgerungen. Er war zutiefst erschüttert. Zwar eröffneten sich ihm ganz neue Aussichten für seine Predigten, doch zugleich war er sehr enttäuscht. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass eine Frau umso naiver und leichter zu lenken ist, je größer ihre Schönheit und Anziehungskraft sind. Da eine schöne Frau keine Listen und Intrigen nötig hat, um den Sieg davonzutragen, ist sie hilfloser als andere gegenüber jemandem, der sie geschickt manipuliert. Bezüglich der jungen, bezaubernden Gräfin hatte er sich erhofft, über sie mehr als zuvor über die wilden Ausschweifungen im Palast der fröhlichen Wissenschaft zu erfahren.
Doch er musste sich den Tatsachen beugen. Es gelang ihm einfach nicht, sich eine Meinung über sie zu bilden. Obwohl er große Erfahrung mit den Listen des menschlichen und besonders des weiblichen Gewissens besaß, verbarg sie vollkommen vor ihm, was ihr Geheimnis, ihr Rätsel war; und das verwirrte ihn.
»Sicherlich«, erklärte Angélique gemessen, »dank der Großzügigkeit meines Vaters habe ich bei den Ursulinen von Poitiers eine gute Ausbildung genossen. Aber glaubt Ihr wirklich, Monseigneur, ich könnte irgendeinen Einfluss auf einen Mann von der Gelehrsamkeit und dem Charakter eines Monsieur de Peyrac nehmen?«
Der Geistliche setzte jenes kalte Lächeln auf, dessen untergründige Härte auch die hartgesottensten Sünder ängstigte.
»Ja«, erklärte er, »davon bin ich überzeugt. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, Madame, dann macht Monsieur de Peyrac doch bitte klar, dass er sich vorsehen soll.«
Mehrmals im Verlauf dieses Gesprächs, das sich glücklicherweise nicht allzu sehr in die Länge zog, hatte Angélique sich mechanisch zur Tür umgewandt; und jetzt wurde ihr klar, dass sie sich glühend gewünscht hatte, er würde dort erscheinen, mit seinem spöttischen Lächeln, das aufblitzte wie eine Schwertklinge, die zum entscheidenden Stoß ausholte.
Er sah sich nicht vor.
Aber er war stark, und er war frei.
Wann würde er endlich zurückkehren?
DRITTER TEIL
Die Liebe erwacht
Kapitel 10
U nd plötzlich eines Morgens, als sie von ihrem Ausritt zurückkehrte und sich zur Eingangsgalerie begab, war er da. Sie sah ihn dort stehen und offensichtlich auf sie warten. In Schwarz gekleidet, mit silbernen Spitzen und feuerroten Bändern, kam er ihr größer vor als in ihrer Erinnerung.
ER WAR DA!
Er nahm den Hut ab, schwenkte ihn und verneigte sich so tief, dass die schwarzen und roten Federn über den Boden streiften.
Dann richtete er sich auf und schenkte ihr sein strahlendes Lächeln.
»Welches Abenteuer ist Euch denn in meiner Abwesenheit widerfahren, Madame, dass sich auf Eurem Gesicht ein Glück spiegelt, das Euch noch schöner macht?«
Verwirrt erkannte sie, dass sie ihn in ihrer freudigen Überraschung geradezu verzückt anstarrte.
»Nichts!«, rief sie aus. »Gar nichts!«
Sie unterdrückte das spontane Geständnis, das ihr auf der Zunge lag. Ohne Euch war mir langweilig!
»Ihr wart lange fort«, sagte sie stattdessen nur.
Und an dem Aufblitzen in seinen Augen sah sie, dass er einen Sieg für sich verbuchte.
Mit einem Mal tauchten unter Willkommensrufen und mit tausend Fragen ihre Freunde auf, und die maurischen Gärtner brachten Blumen für das Fest.
Das Leben im Palast der fröhlichen Wissenschaft begann von neuem.
Wieder spitzte Angélique, wenn sie ihren Beschäftigungen nachging, die Ohren, um aus dem Summen der Gespräche die Stimme von Joffrey de Peyrac herauszuhören.
Aha!
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