Angélique - Hochzeit wider Willen
Natürlich hatte er in Paris bei Ninon de Lenclos gesungen. »Ihr werdet sicher wissen, dass diese charmante Preziöse eine ganz ausgezeichnete Lautenspielerin ist. In ihrem Hause ist die Musik Königin!«
Er hatte ihr eine Laute aus Bologna geschenkt, da diese Instrumente, wie es hieß, den besten Klang hatten und außerdem leichter waren, sodass die Damen auf diesem stark gewölbten und unhandlichen Instrument eine größere Virtuosität entfalten konnten. Angélique fiel auch auf, dass an seiner rechten Hand einer seiner Ringe fehlte, vermutlich der, an dem das Siegel prangte. Sie war überzeugt davon, dass er ihn Ninon de Lenclos geschenkt hatte.
Es war ein besonders heißer Frühlingstag. Das hektische Zirpen der Zikaden erfüllte die Umgebung der Stadt, deren rote Bauten unter einem Himmel flammten, der so tiefblau war, dass er beinahe dunkel wirkte.
In den weitläufigen Räumen des Palastes, die durch die vorgebauten Terrassen vor der Gluthitze geschützt waren, war eine auserlesene Gesellschaft zusammengekommen. Darunter befanden sich heute mehr Männer als Frauen, denn man erwartete das Eintreffen von Fremden, Spaniern, aber auch von vielen Franzosen, die Nachrichten von den Schlachtfeldern im Norden bringen würden.
»Dieser Bürgerkrieg der Fronde nimmt wohl niemals ein Ende.«
Angélique, die von einer Gruppe zur anderen ging, blieb stehen.
»In Flandern bekämpfen sich unsere beiden bedeutendsten Generäle; der Prinz von Condé mit Don Juan José de Austria an seiner Seite.«
»Und auf der anderen Seite Monsieur de la Tour d’Auvergne, der Vicomte de Turenne, im Dienste des jungen Königs und des verhassten Kardinals.«
»Die Kämpfe waren schwer, doch es ist nichts dabei herausgekommen.«
»Man brauchte eine Entscheidungsschlacht, einen Kampf auf Leben und Tod.«
»Auf Leben und Tod! Zwischen unseren beiden größten Heerführern, Monsieur de Condé und Monsieur de Turenne.«
Angélique lauschte dem Gespräch, und Bilder stiegen in ihr auf. Sie fühlte sich wie von einem heißen Hauch gestreift; dem Atem des Krieges, der einst das Ursulinenkloster in Poitiers umweht hatte.
»Ich setze auf Condé. Er hat sein militärisches Genie schon in Rocroi und Lens bewiesen.«
»Aber damals diente er dem König von Frankreich. Inzwischen jedoch gilt er als Verräter und ist wegen Majestätsbeleidigung zum Tode verurteilt.«
»Und Turenne?... Der Treue!«
»So treu nun auch wieder nicht. Die verführerische Sirene Madame de Longueville hatte ihn eine Zeit lang auf die Seite der Frondeure gezogen.«
»Das ist vergessen! Er ist ein großer Feldherr, und der König kann sich glücklich schätzen, dass dieser Generalmarschall in seinen Diensten steht – umso mehr, als Turenne ein Enkel Wilhelms von Oranien und das Fürstentum mehr oder weniger ein
Teil des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation ist. Und sowohl er selbst als auch seine engen Verwandten gehören der reformierten Religion an.«
»Ein Hugenotte!... Umso besser. Sie sind zäh... Wenn er im Dienste des Königs kämpft, kann dieser ihm umso mehr vertrauen. Seine Krone wird gerettet werden.«
»Obacht! Sein Gegner träumt ebenfalls von der Krone. Nachdem der Prinz darum gekämpft hatte, sie dem äußerst wankelmütigen Gaston aufzusetzen, dem Bruder des verstorbenen Ludwig XIII., möchte er sie jetzt lieber auf seinem eigenen Kopf sehen. Und er hätte sie wohl verdient!«
»Vorsicht!... Hinter uns liegen Jahre des Krieges, Massaker... Wer hätte geglaubt, dass diese unbedeutende Fronde so viel Schrecken nach sich ziehen könnte? Ein anderer König! Aber der König und sein Bruder leben noch.«
»Und der Kardinal, dessen Sturz der Vorwand für dieses Blutbad war, ist immer noch da.«
»Und er ist verhasster denn je! Er hat nicht gezögert, unseren allerchristlichsten König in eine Allianz mit diesem Puritaner und Königsmörder Cromwell hineinzuziehen, um die Engländer an der Nordsee ruhig zu halten. Er hat ihnen Dünkirchen versprochen.«
»Es ist ein typischer Zug der französischen Politik, eine Allianz ausgerechnet mit dem Land einzugehen, zu dem die Gegensätze nicht größer sein könnten. Die Geschichte liefert zahllose Beispiele dafür. Und doch ist diese Politik von Erfolg gekrönt!«
Die letzte Bemerkung stammte von Joffrey, der dazu die Stimme erhoben hatte, sodass man nicht recht unterscheiden konnte, ob Bewunderung oder Hohn darin lag. Wie auch immer, sein Einwurf schien die Gemüter zu
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