Angélique - Hochzeit wider Willen
Albigenserkreuzzüge. Mir will nach den Schilderungen und Diskussionen, die ich mitbekommen habe, scheinen, dass diese Stadt nicht zu denen gehört, die am stärksten gelitten haben. Man hat mir sogar berichtet, Simon de Montfort habe dort Unterstützung für seine Armeen gefunden.«
Monseigneur de Fontenac sah zum Himmel auf. Bei dem Thema, zu dem sie ihn gelenkt hatte, fühlte er sich ganz und gar in seinem Element. Niemand verstand sich besser als er darauf, die verwickelten Fäden der widersprüchlichen Geschichte der Kreuzzüge zu entwirren.
Albi gehörte zum Besitz der Vicomtes von Trencavel, und nachdem die Stadt sich an die Spitze der Bewegung gestellt hatte, die der Ketzerei wohlmeinend gegenüberstand und ihr sogar den Namen gegeben hatte, hätte sie sich in der Tat unter den Städten wiederfinden müssen, welche den blutigen Weg des Kreuzzugs säumten.
Doch während dieser gesamten Unruhen hatte der Bischof von Albi, Guillaume de Peyrenetau, mit eiserner Faust geherrscht, was umso erstaunlicher war, als zu dieser Zeit der Klerus in seiner Schwerfälligkeit und Trägheit nur daran interessiert war, seinen Zehnten einzusammeln, um seinen Reichtum zu erhalten und zu mehren, und die schwere Verantwortung dafür trug, dass sich die Gläubigen von der römisch-katholischen Kirche abgewandt hatten. Dies erklärte auch, warum sich diese fehlgeleitete Religion, die aus dem Orient stammte und sich selbst als einzige Kirche und legitime Erbin Christi
und seiner Apostel betrachtete, so außerordentlich leicht ausgebreitet hatte.
Zu Anfang hatte Albi die Konzile der »bogomilischen«, das heißt »bulgarischen« Bischöfe beherbergt, denn dort lag einer der Mittelpunkte der Häresie. Und so kam es auch, dass man ihnen den Namen Albigenser gab, unter dem sie in Frankreich bekannt wurden. Diese Glaubensrichtung hatte verschiedene Namen. Sie beruhte auf dem Glauben an zwei Schöpferkräfte, die beide von gleicher Bedeutung waren: Geist und Seele, die Schöpfung eines wohlwollenden Gottes, und die Materie, das Werk Satans.
»Ein infamer Dualismus!«
Der Erzbischof schäumte vor Wut und erschauerte.
»Erschreckt Euch ein so schreckliches Glaubensbekenntnis nicht, Madame?«
»Gewiss, da bin ich ganz Eurer Meinung, Monseigneur. Ich gebe ja zu, dass die Welt voller Unvollkommenheiten ist; aber wie kann man angesichts der Schönheit der Blumen auf den Gedanken kommen, sie könne eine Schöpfung des Teufels sein?«
Der Bischof verstummte einige Sekunden lang.
»Ein ausgezeichnetes Argument, um die verblendeten Massen zu bewegen«, meinte er dann.
Beide überlegten, dass die unbarmherzigen Inquisitoren des dreizehnten Jahrhunderts auf dieses Argument nicht gekommen waren. Doch Angélique hütete sich, die Debatte weiter voranzutreiben und zog es vor, dem Bischof den Vortritt zu lassen. Er hob erneut an.
»Was Euren Eindruck angeht, Euch nur wenige Meilen von Toulouse entfernt in einem fremden Land zu befinden, so ist dies, wie Ihr wisst, ein Phänomen unserer Landstriche, deren Vielfalt und Unterschiede sowohl in ihrer Landschaft als auch
in ihrer Geschichte liegen, was sie praktisch zu ebenso vielen kleinen Nationen macht, die eifersüchtig über ihre Einzigartigkeit wachen. Allein die Sprache eint uns... Und das nicht einmal vollständig. So ist doch ihre Klangfarbe überall verschieden.«
Angélique war überzeugt davon, dass der Bischof mit seinem Besuch etwas anderes im Sinn gehabt hatte.
Und richtig, er brachte das Thema zur Sprache.
»Mein Kind, habt Ihr in der Verschwiegenheit Eures Gewissens über die Verpflichtungen nachgedacht, die Ihr eingegangen seid, und die Bitte berücksichtigt, die ich gemäß meiner Pflicht als Seelenhirte an Euch gestellt habe?«
Angélique starrte ihn ratlos an; daher fuhr er fort.
»Erinnert Euch... Ihr habt Euch dazu verpflichtet, Euren Einfluss einzusetzen, um Euren Gatten zu bewegen – ich sage nicht wieder, denn dazu hat er sich schon viel zu lange vom mütterlichen Schoß der Kirche entfernt -, nein, überhaupt erst eine treue Stütze der Religion zu werden, in der er getauft ist und die zu verteidigen er durch die beherrschende Stellung, die er sich in unserer Stadt geschaffen hat, verpflichtet ist.
Eine edle Aufgabe für eine christliche Ehefrau...«
Angélique saß kerzengerade in ihrem Sessel, die Hände auf den Knien gefaltet, ganz in der empfohlenen Haltung für eine Dame, die sich mit einem hohen kirchlichen Würdenträger
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