Angélique - Hochzeit wider Willen
und Kastilien die »Reconquista« Spaniens gegen die mohamedanischen Araber an. Die Enttäuschung der Bewohner von Montpellier,
die zwar froh über einen so mächtigen Beschützer waren, aber besorgt wegen der geringen Wertschätzung, die er ihrer Fürstin entgegenbrachte, hatte fast zu einer Rebellion geführt. Schließlich hatte sich Pedro II. nach nicht weniger als drei Jahren, in denen er keine Zeit dazu gefunden hatte, bereit erklärt, eine Nacht mit seiner Gattin zu verbringen.
Als das Paar sich am nächsten Morgen zeigte, hatte ihm eine jubelnde Menge Beifall gespendet. Aus dieser Begegnung ging ein Sohn hervor, der ein begehrenswerter Mann geworden sein musste, denn er sollte später Jaime der Eroberer genannt werden.
Diese Anekdote, die die Tradition des Landes beleuchtete, hatte Angélique Zeit geschenkt, sich wieder zu fassen. Sie begriff, dass sich hinter der Anspielung auf ein »freudiges Ereignis« keinerlei böse Absicht gegenüber ihrer Person verbarg; es war einfach eine indiskrete, aber banale Frage, wie sie zu allen Zeiten und in jedem Land der Welt gestellt wird. Nichts wird wohl jemals das einfache Volk davon abbringen, sich aus verschiedenen Gründen dafür zu interessieren, wie es mit der Ehe seiner Herrscher bestellt ist!
Später, als sie in Sichtweite der kleinen Stadt Muret dahingaloppierten, die vier oder fünf Meilen von Toulouse entfernt lag, erfuhr Angélique, dass dieser ruhmreiche König von Aragón bei einer der furchtbarsten Schlachten der Kreuzzüge an genau dieser Stelle gefallen war, als er seinen Vasallen im Languedoc zur Hilfe eilen wollte. Sein Sohn konnte zu dieser Zeit noch nicht älter als drei Jahre gewesen sein.
Diese vollkommen harmlosen Anspielungen stürzten Angélique in unbestimmte Ängste. In solchen Momenten fühlte sie sich immer noch fremd und verlassen, und ihre Familie fehlte ihr.
Sie bekam Lust, den Schmuck, den ihr Mann ihr geschenkt hatte, anzusehen.
Im Kloster hatte die Mutter Oberin ihnen eingeschärft, sich so zu schmücken, wie es zu den Pflichten einer Dame von Rang gehörte, wenngleich sie ihnen ausdrücklich ans Herz legte, stets Bescheidenheit zu üben, die oberste Tugend, die verhindern würde, dass sie dem vulgären Laster der Eitelkeit anheimfielen.
Zweifellos würden ihnen ihre Ehegatten, aus Aufmerksamkeit oder in dem Wunsch, dass ihre Frau ihnen Ehre machte, oder vielleicht sogar der König, Schmuck zum Geschenk machen. Damit sie dessen Wert schätzen lernten, hatte sie ihnen »zumindest in großen Umrissen«, wie sie sagte, die Wissenschaft von den Edelsteinen zugänglich machen wollen. Eine liebenswerte Wissenschaft, die ihnen, so lautete eine weitere ihrer Bemerkungen, ganz gewiss nützlicher sein würde als Griechisch, Latein und Philosophie.
Manches Mal war es bei einem Empfang vorgekommen, dass ihr Mann ihr Handgelenk umfasste, um sie an sich zu ziehen und ihr eine Bemerkung, eine Überlegung zuzuflüstern; daher hatte sie seine Ringe bemerkt. Er trug meist drei, oft auch vier von der Art, die er abzunehmen und als »Trost« zu verschenken pflegte. Diamanten, Rubine... ihr offensichtlicher Wert teilte den Damen, die sie von ihm empfingen, mit, dass er sie bewusst ausgewählt hatte. Sie überlegte, dass dieser Mann niemals etwas tat, ohne dass eine Absicht dahintersteckte.
Waren diese sehr schönen, aber ungewöhnlichen Ringe so etwas wie der Ring eines Magiers, der mit Flüchen beladen ist? Angélique nahm ihre Armbänder ab und strich auf der Suche nach der flüchtigen Empfindung über ihr rechtes Handgelenk.
Wenn er sie auf diese Weise berührte, blieb ihr gar keine Zeit, Angst zu haben. Er sprach dann in ganz natürlichem, ruhigem
Tonfall ein paar Worte zu ihr und gab sie anschließend wieder frei. So wie an dem Tag, an dem er ihr von den Zinninseln erzählt hatte. Und sie vergaß diese Berührung, die sehr rasch verflog, bis sie glaubte, sie hätte nur geträumt.
Aber er träumte nicht, sondern wusste ganz genau, was er tat und was er wollte. Und Angélique erschauerte bei dem Gedanken an diese Momente. Sie schloss die Augen.
Sie erinnerte sich an diese gebräunte Hand, die auf ihrem Handgelenk lag, an das Glitzern dieser tiefdunklen Steine, die in Gold oder Silber gefasst waren und die allein durch geringste Bewegungen der Finger oder der Hand plötzlich helle Blitze sprühten, ähnlich wie ein Blick. Einer, der größte der Steine, war von einem transparenten Schwarz, aus dessen Tiefen weinrote Reflexe
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