Angélique - In den Gassen von Paris
Schiffbrüchigen der Pariser Nacht leiten und ihnen einen friedlichen Hafen voller Gaumenkitzel, Schönheit und Freude schenken.
Sie ließ sich hochhackige Schuhe fertigen, damit ihre zarten Füße und ein wenig von ihren Knöcheln unter ihrem Rocksaum hervorschauten, wenn sie auf ihrem Podium stand.
Um sich dieses Kunstwerk arbeiten zu lassen, wandte sie sich an die Flickschusterbrüder von St. Crépin, deren Mildtätigkeit und Fertigkeit sie in der Tour de Nesle kennengelernt hatte.
Diese Männer beteten, arbeiteten und lebten gemeinsam wie Mönche, ohne jedoch ein Gelübde abzulegen, und sie arbeiteten um Gottes Lohn. Sie waren die rettenden Engel für die Ärmsten unter den armen Teufeln und Hungerleidern am Hof der Wunde, die Alten oder Kranken und
Schwachen, um die sich niemand kümmerte. Aber auch notleidende Familien schätzten sie sehr, und sogar sparsame Bürger nahmen ihre Dienste in Anspruch, um die Lebensdauer ihres Schuhwerks zu verlängern.
Ähnlich wie ihre Kundschaft zogen sie auf der Suche nach einer Unterkunft häufig um und ließen sich in leerstehenden Scheunen oder Ställen nieder, wo sie ihre Schuster-Dreibeine und ihr Werkzeug sowie ihr Material – Leder und Holz, Haken und Nägel – aufbauten, die sie hier und da erbettelt oder aufgelesen hatten.
Angélique fand sie nicht weit von ihrer Wohnung entfernt, in der Rue des Guillemites.
Sie hatte eine Zeichnung bei sich, auf der sie die gewünschte Form skizziert hatte: schmal und sogar ziemlich spitz, mit nicht allzu hohen Absätzen, aber elegant. Sie hatte ein Stück schillernden, roten Atlas, für das sie viel Geld bezahlt hatte, und blitzende Perlen, die eine große Wirkung erzielen würden. Außerdem hatte sie Javotte auf den Markt im Temple-Bezirk geschickt, um allerhand Flitterkram einzukaufen, wie man ihn nur dort fand. Und sie wollte die Brüder um ein Stück vom besten Leder für die Sohle bitten. Doch der Vorsteher der Flickschuster-Brüder erhob ein großes Geschrei. Was stellte sie sich da vor? Sie würden die allergrößten Probleme bekommen! Einst hatte es sie die größte Mühe gekostet, die Unabhängigkeit von der Schusterinnung zu erstreiten, die allein das Vorrecht besaß, Schuhe herzustellen und zu verkaufen. Sie, die armen Brüder von Saint Crépin, hatten nur das Recht, Schuhwerk zu reparieren.
Angélique flehte ihn an. Sie war nicht wohlhabend genug, um sich ein paar neue Schuhe leisten zu können und vor allen Dingen nicht, um sie nach ihren eigenen Vorstellungen
auf Maß arbeiten zu lassen. Der Mann wusste genau, dazu hätte sie sich an einen der Großen, Berühmten wenden müssen, einen der Luxushändler, die dem Hof folgten. Doch das war undenkbar. Sie war nur eine arme, fleißige Wirtin.
Schließlich gab der fromme Mann nach, denn er vermochte ihren Argumenten und ihrem Charme nicht zu widerstehen; und er fühlte sich herausgefordert, ausnahmsweise ein wirklich schönes Stück herzustellen.
Unterdessen hatte Rosine geheiratet.
Und anschließend war sie am Arm ihres Gatten – was nur eine Redewendung war, denn sie hatten nicht einmal Zeit gehabt, einander förmlich den Arm zu reichen – aus Paris fortgegangen.
Diese nicht ganz freiwillige Reise hatte ihre Hochzeit mit dem braven Burschen, einem Zuckerbäckerlehrling, beschleunigt, der sie seit vielen Wochen umworben und diesem Unternehmen so viel Zeit gewidmet hatte, wie es der Brauch und die Moral verlangten.
Diese durchaus vernünftigen Pläne waren jedoch plötzlich umgeworfen worden, wenn auch aus keinem dramatischen Grund, im Gegenteil. Der Bräutigam, der auf den Namen Blaise hörte, hatte einen Onkel, der sich für ihn interessierte und der eine wichtige Stellung beim Zuckerbäckermeister des Herzogs de Bellegardère innehatte. Er war plötzlich auf die Idee verfallen, seinen Neffen zu sich zu holen, damit ihm dieser bei seinen beschwerlichen Pflichten unterstützte. Denn der Herzog von Bellegardère liebte grandiose Empfänge und sprach ständig davon, einmal den König einzuladen. Unterdessen musste der Herzog mit seinem Freundeskreis vorliebnehmen, was bereits große Anforderungen an sein Personal stellte. Und wenn im Sommer
die Empfänge immer häufiger und auch noch auf seinen Besitzungen im Umland stattfanden, dann mussten die Bäcker bis aufs Blut schuften, um den Gästen alle Arten von Kuchen und Gebäck anzubieten, was dann zu den Sorbets und kühlen Getränken gegessen wurde.
Der Onkel war bereit, den Meister seines Neffen
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