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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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geriet.
    Aufmerksam beobachtete Angélique aus der Ferne die neuen Gesichter, erkannte den einen oder anderen, und es war auch schon vorgekommen, dass sie gerührt und erfreut alte Freunde erblickte, die sie lange nicht gesehen hatte und die, strahlenden Auges und zum Plaudern aufgelegt, wieder auftauchten. Das Leben nahm Gestalt an. Sie hatte eine Familie und ihr Viertel.
     
    Doch als sie an diesem Abend zur Tür blickte, geschah etwas Entsetzliches, das sie unmöglich hätte voraussehen können. Es war, als führe ein Blitz vom Himmel herunter und rase von Kopf bis Fuß durch ihren Körper.
     
    In einer Gruppe von Männern, die die halbdunkle Tür, hinter der die dunkle Straße sichtbar wurde, verstopften, sah sie ein Augenpaar schimmern wie zwei Leuchtkäfer … Augen, die sie niemals vergessen würde. 11
    Dann erlosch dieser Blick, und der Mann stieg inmitten
der Gruppe, anscheinend seine Trinkkumpane, die Stufen herunter.
    Wie von selbst fand sich Angélique am Fuß ihres Podiums wieder und stürzte auf die Gruppe zu. Doch ihr Umhang blieb an einer Tischecke hängen und hielt sie zurück.
    Sie zerrte daran und zerriss ihn beinahe. Sie versuchte, voranzukommen, und wusste nicht, ob sie durch das dichte Gedränge in den Räumen aufgehalten wurde, oder weil ihre Beine derart zitterten.
    Sie stieß gegen jemanden: Flipot, der seinen Bratspieß hochgehoben hatte und begann, ein Huhn daraufzustecken. Angélique packte ihn an der Schulter. Dann riss sie ihm das Huhn aus der Hand und hätte es beinahe nach dem Mann geworfen, den sie gesehen hatte …
    Flipot war ein Bursche vom Hof der Wunder, der schon alle möglichen Grobheiten erlebt hatte; aber selten hatte er verspürt, wie sich eine stählerne Zange schmerzhaft um seine Schulter legte.
    Was er hinter Angéliques Maske sah, als er aufschaute, erinnerte ihn an eine lange zurückliegende, aber darum nicht weniger wahre Realität, denn da erblickte er die Marquise der Engel aus der Tour de Nesle, die ihn festhielt, die Frau, die allmächtig gewesen war und alles gewagt hatte, die den Großen Coesre getötet hatte und vor der die furchterregendsten Burschen Angst hatten.
    »Flipot«, sagte sie, »siehst du den Mann da hinten, der versucht, das Lokal wieder zu verlassen, und diejenigen, die ihm entgegenkommen, beiseiteschiebt?«
    Sie hatte ihn erneut erblickt, obwohl sie sich nicht ganz sicher war, da sie nur seinen Rücken sah. Aber dieser Rücken hatte etwas, das sie abstieß. Man hätte meinen mögen, dass er sich wand, um zu entkommen wie eine dunkle Nacktschnecke.

    »Ja, ich sehe ihn«, gab Flipot zurück, der, seinen Bratspieß in der Hand, wie gelähmt dastand.
    »Lauf ihm nach!«
    In diesem Moment schien der Unbekannte davonzugleiten und mit der Nacht zu verschmelzen.
    »Lauf ihm nach«, wiederholte Angélique und ließ den Knaben los, »folge ihm! Hol ihn ein! Lock ihn in eine Sackgasse, und wenn du ihn in eine Ecke getrieben hast, töte ihn … töte ihn mit deinem Bratspieß.«
    Mit der katzenhaften Gewandtheit, die er in seiner Lehrzeit als Taschendieb und Beutelschneider erworben hatte und die ihn in der dichtesten Menschenmenge unsichtbar machte, rannte Flipot davon.
    Angélique sah, wie er verschwand und ebenfalls mit dem Dunkel verschmolz.
    Langsam erwachte sie wieder zum Leben. Sie machte sich Vorwürfe, weil sie derart die Fassung verloren hatte; aber niemand schien etwas bemerkt zu haben. Später ging sie von Tisch zu Tisch.
     
    Die Räume hatten sich geleert.
    Abends begleitete Flipot sie oft mit einer Fackel oder Laterne nach Hause. Doch bis jetzt war er nicht zurückgekehrt.
    Angélique wurde sich dieses Umstands bewusst. Glücklicherweise waren die Gäste der Taverne zur Roten Maske heute früher als gewohnt gegangen. Sie zog es vor, das auf puren Zufall zu schieben und nicht darauf, dass ihre Stammgäste ein ungutes Gefühl gehabt hatten, das sie durch ihre eigene Sorge verursacht hatte.
    Ein Augenblick plötzlichen Entsetzens! Ein unerbittlicher Befehl an Flipot. Das war alles zu schnell gegangen, sagte sie sich. Niemand hatte Gelegenheit gehabt, etwas zu hören oder zu verstehen.

    Erleichtert stellte sie fest, dass sie allein war. Die Küche war aufgeräumt, und das gesamte Personal hatte sich rasch zurückgezogen. Vielleicht spürten sie ebenfalls eine unbestimmte Sorge. Durch diese harte Arbeit, die den ganzen Tag und bis in die Nacht hinein währte, waren sie so eng mit ihr verbunden …
     
    Angélique ging auf und ab und sorgte sich

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