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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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entgegen. Dazu kam die manchmal lärmende Bewunderung und Anbetung, die wie Weihrauch über der bunten Menge im Lokal hing. Jeden Abend ließen ihre Ministranten diese Stimmung bei der Zeremonie aufsteigen, die sich stets von Neuem um die Götter drehte, die hier verehrt wurden – guten Wein und gutes Essen. All das schenkte ihr neue Kraft. Die Zukunft ragte nicht mehr wie eine Angst einflößende Wand vor ihr auf. Sie würde es schon schaffen, die letzten Hindernisse zu überwinden. Eines Tages würde sie wieder leben; eines Tages würde sie dort sein, wo Pracht und Herrlichkeit auf sie warteten und nach ihr verlangten.
    Auf ihrem kleinen Podium erlebte sie kurze Momente, in denen sie von purer Lebensfreude erfüllt war.
     
    Umso schrecklicher traf sie daher der unerwartete Zwischenfall, der sie beinahe zerbrochen hätte wie einen Strohhalm.

Kapitel 20
    E s war ein glücklicher Abend in der Taverne zur Roten Maske, einer dieser Abende, an denen Angélique, die sich hinter ihrer originellen Maske vor Blicken geschützt fühlte, von ihrem Podest aus gelassen und halb anonym den Raum überblicken konnte.
     
    Für diejenigen, die dort arbeiteten und eifrig Tische deckten, die Bratspieße vor dem Feuer drehten oder in den Suppentöpfen rührten, für das hereinströmende Publikum, Stammgäste oder Neuankömmlinge, die den Kopf hereinsteckten, um die Atmosphäre der Taverne zu erkunden, genügte es, dass sie da war. Sie, die ein wenig über ihnen stand, beobachtete, führte Aufsicht, erkannte alle und – wie ihr eines Tages ein glühender Bewunderer erklärt hatte – sie verwirrte alle durch ihre allzu strahlende Schönheit.
    Jeder der Anwesenden kam auf seine Kosten. Natürlich erzählte man sich von dem köstlichen Essen und den herrlichen Weinen, die in dieser neuen Taverne in der Rue de la Vallée-de-Misère aufgetragen wurden. Aber vor allem verbreitete sich der geheimnisvolle Ruf der Wirtin, die in ihren schillernden roten Umhang gehüllt, dastand und zuweilen –in der drückenden Hitze, dem Dunst aus blauem Rauch und köstlichen Speisedämpfen – Schultern hervorblitzen ließ, von denen man nur träumen konnte …

     
    Am frühen Abend achtete Angélique vor allem auf den Arbeitseifer ihres Personals, denn dessen Emsigkeit und Schnelligkeit wurden von den Gästen geschätzt, die sich an die Tische setzten, um eine angenehme Zeit zu verbringen.
    Flipot war inzwischen Fachmann am Bratspieß und drehte und hütete Hühner, Gänse und Kapaune. Heute Abend beobachtete sie aus der Ferne David, wie er rasch und geschickt Rebhühner und Wachteln aus »seiner« Jagd zubereitete, die berühmt waren, denn so etwas bekam man in einem Gasthaus nicht oft serviert.
    Bewaffnet mit einer dicken Nadel, einem speziellen Instrument seines Berufsstands, nähte er jedes Tier über der Füllung zusammen, deren auf Gewürzen und auserlesenen Zutaten beruhender Geschmack die Feinschmecker zu Begeisterungsstürmen hinriss.
    Eine ganze Gesellschaft hatte sich für heute Abend angesagt, um davon zu kosten.
    David, dem eine kleine Mannschaft von Rupferinnen und Rupfern mit schneller, kräftiger Hand zur Seite stand, konnte sich nicht über Mangel an Arbeit beklagen.
    In der Roten Maske aß man kein lange abgehangenes Wild, sondern nur Vögel, die erst vor ein paar Tagen geschossen worden waren und gerade genug Zeit gehabt hatten, durch das Lagern zart zu werden.
    Audiger war ebenfalls anwesend. Er ging mit dem Gebaren eines Hausherrn zwischen den Gästen umher, die er kannte. Angélique hatte nichts gegen seine Anwesenheit einzuwenden, denn sie verdankte ihm diese neuen Gäste. Sie wusste, dass er überzeugt davon war, ihr damit einen enormen Dienst zu erweisen. Er hatte ja recht, wenn er argumentierte, dass durch die Neuerungen besonders um eine bestimmte Uhrzeit ein gewisses Gedränge entstand, sodass
sie einen zweiten Wirt, der an der Tür stand, gut gebrauchen konnte. Also versuchte sie, ihn zu ertragen.
     
    Die Gäste traten freundlich grüßend ein; andere verließen das Lokal. Einige Stammgäste, die einen Teil des Nachmittags vor einem Glas Wein oder einem Krug Bier vertändelt hatten, standen auf und verließen mit bedauernder Miene das Lokal. Manchmal wurde die offene Tür geradezu verstopft durch die entgegengesetzten Ströme derer, die lärmend eintraten, und derer, die langsam hinausgingen. Eine kleine Menschenmenge sammelte sich an, die auf den drei Stufen, über die man in den Gastraum gelangte, ins Stolpern

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