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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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um Flipot. Sie wusste, dass er ihre Anordnung ebenso mutig und entschlossen ausführen würde, als hätte sie ihm befohlen, ein abstoßendes, gefährliches Tier zu zertreten. Bei dem bloßen Gedanken, dass das Individuum, das sie kurz erblickt hatte, ihre Schwelle überschritt, rebellierte erneut alles in ihr.
    Sie sagte sich, dass Flipot Erfolg haben würde. Später würde sie das Gefühl haben, etwas in Ordnung gebracht zu haben…
    Ein Küchenjunge, der mit seinem Bratspieß einem flüchtigen Schatten nachrannte, war nur eine weitere von vielen Merkwürdigkeiten, die nächtens auf den Straßen von Paris zu sehen waren.
    Doch mit einem Mal wurde sie von einer anderen Furcht ergriffen.
    Und wenn sie dem Hund begegneten …?
    Sie stellte sich den huschenden weißen Hund vor und erinnerte sich an einen Mann, einen Polizeispitzel, der sie mit der Faust bedrohlich an den Haaren gerissen hatte, damit sie den Kopf hob und er die Marquise der Engel erkennen konnte. Ihr brach der Angstschweiß aus; doch zum Glück tauchte im selben Moment Flipot an der Tür auf.
    Er hielt immer noch seinen Bratspieß in der Hand, aber sie sah sogleich, dass er erschöpft war, als könne er das Gewicht des Spießes nicht mehr tragen.

     
    »Und? Hast du ihn erwischt?«
    Sie las die Antwort von seiner jammervollen Miene ab.
    »Ich hätte ihn fast gehabt«, stotterte er. »Ich hatte ihn in eine Sackgasse getrieben … Aber er hat sich umgedreht … Seine Augen glänzten … Ich konnte nicht, Marquise der Engel… Das war ein Dämon …«
    »Da hättest du dich doch bloß bekreuzigen müssen«, rief sie aus.

Kapitel 21
    O hne stehen zu bleiben, ging sie durch die nächtlichen Straßen, immer weiter. Sie rannte nicht, aber sie lief so schnell und so fieberhaft, dass es war, als flüchte sie.
    Sie hatte Flipot beiseitegeschoben und war, ohne nachzudenken nach draußen gestürzt. Sie wollte vor der Erinnerung flüchten; an gar nichts mehr denken.
    Bis jetzt hatte sie sich dieser Erinnerung heftig widersetzt. Mehr als alles andere fürchtete sie sich davor, zu ermessen, was sie durch eine ihr unbegreifliche Ungerechtigkeit verloren hatte. Denn woher sollte sie dann noch den Mut nehmen, ihren Aufstieg aus dem Abgrund fortzusetzen, für diese Mühen, die sich angesichts der Hindernisse, die sich vor ihr auftürmten, so klein und schäbig ausnahmen?
    Die Vergangenheit war in ihrer abscheulichsten, unsinnigsten Gestalt vor ihr aufgestiegen, die für sie untrennbar mit dem grausamen Verlust ihres Glücks verbunden war.
     
    Im Gehen trat ihr die Vision vor Augen, und sie hörte erneut die Stimmen der beiden Knappen, die sich unterhalten hatten, während sie vor der Abreise des Kardinals die Decken ihrer Maultiere gefaltet hatten.
    Das war während der zwei, drei Tage in Saint-Jean-de-Luz gewesen, in denen sie zwischen den gleichgültigen Menschen umhergeirrt war und jede Stunde, jeden Abend
gehofft hatte, Joffrey und Kouassi-Ba würden zurückkehren.
    Als sie an den beiden jungen Burschen, die in ihre Arbeit vertieft waren, vorbeiging, hatte sie den seltsamen Namen »Flégétanis« aufgeschnappt.
    Sie war stehen geblieben und hatte auf die Gesprächsfetzen gelauscht.
    »Stimmt es, dass er Schreiber bei Fouquet ist?«
    »… Man kann den Schreibern nicht über den Weg trauen. Sie sind die Herren in allen Dingen.«
    »Er war derjenige, der letztes Jahr an Karfreitag diese Sodomisten- und Frevlerorgie ins Werk gesetzt hat …«
    »In Roissy, bei Antoinette de Mesme.«
    »Wart Ihr dort?«
    »Ja. Ich meine, ja und nein. Monsieur de Mesme hat mir vor Augen geführt, dass dies für mich als hochgeborenen Edelmann die Gelegenheit sei, meinen Freigeist zu beweisen. Aber als er fort war und ich sah, dass der Priester sich in sein Zimmer zurückgezogen hatte, bin ich zu ihm gegangen, und wir haben beschlossen, zu flüchten und nach Paris zurückzukehren. Louis-Victor hat mir noch seinen Kammerdiener nachgeschickt, um mir Scham über meine Feigheit angesichts der Hölle einzuflößen. Aber wie sich herausstellte, hatte der Diener ebenso viel Angst wie wir. Wir drei haben dann einen Platz in einer Kutsche gefunden, die im Eiltempo nach Paris unterwegs war, und sind, wie man so sagt, kurz vor dem letzten Läuten der Glocken, die nach Rom gehen, eingetroffen. Am nächsten Tag war ich bei der Frühmesse, aber niemand hat mich dort gesehen, und ich glaube, auch das ist ein Werk des Teufels gewesen.«
    Diese Affäre von Roissy wird mich wohl noch bis in alle Ewigkeit

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