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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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wir quitt.«
    Sekunden später schnarchte er laut.
    Angélique war sich sicher, so bald nicht einschlafen zu können, aber die Nachwirkungen dieses heftigen Akts ließen sie, zusammen mit der Erschöpfung der letzten Stunden und der angenehmen Wärme des weichen Betts, rasch in einen tiefen Schlummer sinken.
     
    Als sie im Dunkeln erwachte, dauerte es lange, bis sie sich darauf besann, wo sie war. Der Hauptmann schnarchte nur
noch leise. Es war so warm, dass Angélique ihr Hemd auszog, dessen rauer Stoff ihre zarte Haut reizte.
    Angst hatte sie keine mehr, aber eine unbestimmte Unruhe war noch da. Sie fühlte sich unwohl, und das lag nicht an dem massigen Körper des schlafenden Menschenfressers. Da war etwas anderes … undefinierbar, aber Furcht einflößend …
    Sie versuchte, wieder einzuschlafen und drehte sich mehrere Male um. Schließlich spitzte sie die Ohren.
    Da nahm sie die vagen, unbestimmten Laute wahr, die sie gegen ihren Willen wach hielten. Es klang wie Stimmen, sehr ferne Stimmen, die einen ununterbrochenen Klagegesang von sich gaben und an- und wieder abschwollen. Plötzlich begriff sie: Das waren die Gefangenen.
    Durch den Boden und die dicken Wände drangen ihre erstickten Klagen zu ihr, die verzweifelten Schreie der Unglücklichen, die angekettet waren, die froren und sich mit Fußtritten gegen die Ratten in den Zellen wehrten oder die gegen das Wasser, gegen den Tod kämpften. Verbrecher schmähten Gott, während Unschuldige ihn anriefen. Andere, die von den Foltern bei den Verhören erschöpft und halb erstickt waren und vor Hunger und Kälte umkamen, stöhnten nur noch. Das waren die geheimnisvollen, unheimlichen Geräusche.
     
    Angélique zitterte. Ihr war, als laste das ganze Gewicht der Châtelet-Festung mit all ihren Jahrhunderten und ihren ganzen Schrecken auf ihr. Die junge Frau fragte sich, ob sie wirklich die Sonne wiedersehen würde. Ob der Menschenfresser sie gehen ließ? Er schlief. Er war stark und mächtig und der Herr über diese Hölle.
    Ganz leise rückte sie an den korpulenten Mann heran, der neben ihr schnarchte, und als sie die Hand auf seinen
Körper legte, war sie erstaunt, dass ihr die Berührung seiner dicken, ledrigen Haut gar nicht so unangenehm war.
    Der Hauptmann bewegte sich und zerquetschte sie beinahe, als er sich umdrehte.
    »Ha, ha, das kleine Täubchen ist aufgewacht«, meinte er mit schläfriger Stimme.
    Er zog sie an sich, und sie fühlte sich überrollt von seinem üppigen Körper, unter dessen Haut kraftvolle Muskeln spielten.
    Der Mann gähnte laut. Dann zog er die Bettvorhänge auf und erblickte hinter den Fenstergittern einen schwachen Lichtschein.
    »Du bist früh wach, mein Kätzchen.«
    »Diese Geräusche, was ist das?«
    »Das sind die Gefangenen. Sie amüsieren sich nicht so gut wie wir …«
    »Sie leiden …«
    »Na ja, man steckt sie nicht ins Loch, damit sie Spaß haben. Du hast Glück, weißt du, dass du nicht dort gelandet bist. Komm schon, hier in meinem Bett geht es dir doch besser als auf der anderen Seite der Wand, wo du nur Stroh zum Liegen hättest. Habe ich nicht recht?«
    Angélique nickte so eifrig, dass der Hauptmann begeistert war.
     
    Er nahm einen Krug Rotwein von einem Tisch, der am Bett stand, und trank. Wenn er schluckte, hüpfte sein Adamsapfel in seinem mächtigen Hals auf und ab.
    Dann reichte er Angélique das Gefäß.
    »Du auch.«
    Sie nahm an, denn sie spürte, dass allein der Wein sie vor der Verzweiflung retten konnte, der in den düsteren Mauern des Châtelet herrschte; dass der Alkohol und die Befriedigung
der Sinne zu einer Art primitivem Wohlergehen führen würden, das einem hilft zu vergessen.
    Er ermunterte sie.
    »Trink nur, mein Kätzchen, trink, meine Schöne. Das ist ein edler Wein und wird dir guttun.«
     
    Als sie sich endlich wieder in die Kissen sinken ließ, war ihr schwindelig, und der herbe, starke Trank umnebelte ihren Geist. Sie wollte leben, nur darauf kam es noch an.
    Schwerfällig kam er erneut näher, aber sie fürchtete ihn nicht mehr. Sie empfand sogar einen Anflug von Lust, als er sie ohne viel Zärtlichkeit, aber energisch und erfahren liebkoste. Diese Berührungen, die eher einer etwas groben Massage als dem Hauch des Zephir glichen, halfen ihr, sich zu entspannen. Er küsste sie auf bäuerliche Weise, mit genießerischen Schmatzern, was Angélique verblüffte und sie zum Lachen reizte.
    Schließlich nahm er sie in seine behaarten Arme und legte sie bewusst langsam quer über das Bett.

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