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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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dicklichen Wangen bebten.
    »Das ganze Jammern nützt nichts«, sagte Angélique schroff. »So werdet Ihr den Besenschlägen, die Euch im Jenseits erwarten, bestimmt nicht entgehen. Nein, dafür müsst Ihr Euch an die Arbeit machen, Meister Bourjus. Barbe ist ein gutes Mädchen, aber ein wenig schwerfällig; man muss ihr sagen, was sie zu tun hat. Euer Neffe kommt mir ziemlich begriffsstutzig vor. Und die Gäste kommen nicht gern in ein Lokal, in dem man sie knurrend wie ein Wachhund empfängt.«
    »Wer knurrt denn hier?«, verlangte Meister Bourjus zu wissen und setzte gleich wieder eine drohende Miene auf.
    »Ihr.«
    »Ich?«
    »Ja. Eure Frau, die immer so fröhlich war, hätte die Leichenbittermiene, mit der Ihr vor Eurer Weinkanne sitzt, keine drei Minuten ertragen.«
    »Aber du glaubst, sie hätte auf ihrem Hof gern eine schmutzige Streunerin wie dich gesehen?«
    »Ich bin nicht schmutzig«, protestierte Angélique und richtete sich hoch auf. »Seht selbst, meine Kleider sind sauber.«

    »Meinst du, sie wäre damit einverstanden gewesen, deine frechen Bengel, diese sauberen Beutelschneider, in ihrer Küche herumlungern zu sehen? Ich habe sie erwischt, wie sie sich in meinem Keller mit Speck vollgestopft haben, und ich bin mir sicher, dass sie auch meine Uhr gestohlen haben.«
    »Da habt Ihr Eure Uhr«, erwiderte Angélique verächtlich und zog den besagten Gegenstand aus ihrer Tasche. »Ich habe sie unter der Treppe gefunden. Wahrscheinlich habt Ihr sie gestern Abend verloren, als Ihr nach oben gegangen seid, um schlafen zu gehen. Betrunken genug wart Ihr ja…«
    Über den Brunnenrand hinweg hielt sie dem Bratkoch die Uhr hin.
    »Ihr seht, dass auch ich keine Diebin bin«, fügte sie hinzu. »Ich hätte sie ebenso gut behalten können.«
    »Lass sie nicht in den Brunnen fallen«, sagte er besorgt.
    »Ich würde sie Euch ja geben, aber ich habe Angst vor Eurer Suppenkelle.«
     
    Meister Bourjus brummte einen Fluch und warf seine Kelle zu Boden. Mit schelmischer Miene trat Angélique auf ihn zu. Sie spürte, dass die Erfahrung der Nacht mit dem Hauptmann der Wache sie ein paar Kniffe über die Kunst, griesgrämigen Männern zu schmeicheln und Grobianen standzuhalten, gelehrt hatte. Diese neue Unbekümmertheit würde ihr in Zukunft gut zustattenkommen.
    Sie hatte es nicht eilig, ihm die Uhr zurückzugeben.
    »Das ist eine schöne Uhr«, meinte sie und musterte sie interessiert.
    Die Miene des Bratkochs hellte sich auf.
    »Nicht wahr? Ich habe sie bei einem Hausierer aus dem Jura gekauft, einem dieser Bergbewohner, die im Winter mit ihren Ballen voller Waren nach Paris kommen. Sie haben
wahre Schätze in ihren Taschen … Aber die verkaufen sie nicht jedem Beliebigen, nicht einmal, wenn er von Adel ist. Sie müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben.«
    »Sie wollen eben lieber ehrlich handeln, als einen betrügen … vor allem bei diesen kleinen mechanischen Wunderwerken, die richtige Kunstwerke sind.«
    »Sie ist, wie du sagst, ein richtiges Kunstwerk«, wiederholte der Bratkoch und ließ das silberne Gehäuse in der Sonne, die schüchtern zwischen zwei Wolken hervorlugte, aufblitzen.
    Dann steckte er sie wieder in sein Uhrtäschchen, befestigte sie mit zahlreichen Ketten und Anhängern an seinen Knopflöchern und warf Angélique erneut einen argwöhnischen Blick zu.
    »Ich frage mich wirklich, wie diese Uhr mir so einfach aus der Tasche fallen konnte«, meinte er. »Außerdem kommt es mir komisch vor, dass du auf einmal in der Lage bist, wie eine feine Dame zu reden, nachdem du gestern Abend eine so üble Gaunersprache geführt hast, dass einem die Haare zu Berge standen. Ganz bestimmt versuchst du mich auf hinterhältige Weise einzuwickeln.«
    Angélique ließ sich nicht beirren.
    »Es ist gar nicht so einfach, mit Euch zu diskutieren, Meister Jacques«, hielt sie ihm vorwurfsvoll entgegen. »Ihr kennt die Frauen einfach zu gut.«
     
    Der Bratkoch verschränkte die gedrungenen Arme über seinem Bauch, der so rund wie ein Fass war, und setzte eine grimmige Miene auf.
    »Allerdings, ich kenne sie und lasse mir nichts vormachen.«
    Er verstummte bedeutungsvoll und starrte sie an. Angélique schlug die Augen nieder.

    »Und?«, hob er in entschiedenem Ton erneut an.
    Angélique, die größer war als er, fand, dass er mit seiner schief sitzenden Kochmütze und seiner strengen Miene sehr komisch aussah.
    »Ich werde tun, was Ihr sagt, Meister Bourjus«, erklärte sie dennoch unterwürfig. »Wenn Ihr mich und

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