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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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wiedergefundenen Leutseligkeit erfreute. Ihm überließ sie die Auswahl der Weine und die Zubereitung der Gerichte für das einfache Volk, die Arbeiter und Handwerker. Aber man arbeitete öfter für die Gäste mit den Spitzenärmeln und Federhüten, die an einem Abend mehr ausgaben als ein einfacher Handwerker in einem Monat.
     
    Angélique wählte ihr Gemüse äußerst sorgfältig aus, um sich inspirieren zu lassen und ihren Gästen ständig Neues bieten zu können. Man staunte über ihre leichte, schmackhafte und aromatische Gemüsebrühe, die an heißen Tagen den Durst besser stillte und mehr erfrischte als ein kaltes Getränk. Sie selbst nannte sie bei sich die »Kinderbrühe«.
    Sie führte auch die »poitevinische Pastete« ein, die täglich in der Auslage präsentiert wurde. Das alles waren Neuheiten, die aber so etwas wie unbestimmte Erinnerungen an einst gekostete Speisen wachriefen. Die Amme auf Monteloup verstand sich besser als alle anderen Gevatterinnen der Gegend auf die poitevinische Pastete: eine Kräuterpastete mit grünem Kohl, Sauerampfer, Spinat, Salat, Schnittlauch und Mangoldblättern. Das Ganze wurde fein gehackt, und dann gab man der Masse Eier sowie ein Stück geräuchertes und ein Stück frisches Schweinefleisch bei, um ihm Halt zu verleihen. Danach wurde es wie ein Eintopf lange auf der Glut gekocht. Nichts wärmte im Winter besser, und im Sommer wurde die Pastete angedickt und kalt mit Schweineschmalz serviert. Jeder in ihrer Heimat hatte sein eigenes Rezept für diese Kräuterpastete, aber es gab kein Haus, in dem sie nicht bereitgestanden hätte, damit man sie mit Gästen teilte. Die Kräuterpastete war so etwas wie das Wahrzeichen der Provinz Poitou, denn sie stand, wie es hieß, für eine gute Gesundheit.

     
    Doch als es wieder Winter wurde, erkrankte Florimond schwer.
    Es gab nur eines, was Angélique nicht ertrug, und das war Florimonds Husten.
    Sofort erfasste eine entsetzliche Angst Angélique, das könne ein Anzeichen für eine unheilbare Krankheit sein. Er war ohnehin so zart. Das eingefallene Gesichtchen des Kleinen reizte ihre Nachbarinnen zu Bemerkungen. »Den werdet Ihr nicht durchbekommen«, meinten sie. »Ich habe drei verloren … ich fünf… Gott hatte sie gegeben, und Gott hat sie wieder genommen.« Unter diesen einfachen Leuten – Arbeitern, Tagelöhnern oder kleinen Handwerkern – herrschte eine fatalistische Ergebenheit. Die tief verwurzelte Überzeugung, dass sie, indem sie ihre Kümmernisse mit dem Leiden Christi am Kreuz teilten, das Himmelreich erlangen würden, half den Menschen, Trauer und Armut zu ertragen. Im Lauf der Jahrhunderte hatte so das Volk nicht unbedingt Resignation, sondern eine Zähigkeit entwickelt, durch die es sich auch an kleinen Dingen erfreute.
     
    Florimonds Nase tropfte, und seine Ohren waren vereitert.
    Zwanzig Mal am Tag nutzte Angélique einen ruhigen Moment, um die sieben Etagen zur Mansarde hinaufzusteigen, wo der kleine, fiebernde Körper einsam gegen den Tod kämpfte. Zitternd näherte sie sich dem einfachen Bettchen und seufzte erleichtert, wenn sie sah, dass ihr Sohn noch atmete. Sanft liebkoste sie die hohe, gewölbte Stirn, auf der feine Schweißperlen standen.
    »Mein Liebster, mein Schönster! Ich will meinen zarten kleinen Jungen behalten! Mein Gott, ich werde dich nie wieder im Leben um etwas anderes bitten. Ich werde wieder zur Kirche gehen, ich lasse Messen lesen. Aber lass mir meinen kleinen Jungen…«

    Am dritten Tag von Florimonds Krankheit »befahl« ein grantiger Meister Bourjus Angélique, mit ihren Kindern in das große Zimmer im ersten Stock zu ziehen, das er seit dem Tod seiner Frau nicht mehr bewohnte. Wie konnte man denn ein Kind anständig pflegen in einer Mansarde, die nicht größer als ein Kleiderschrank war und in der sich nachts mehr als sechs Personen drängten, wenn man den Affen mitrechnete? So benahm sich ja wohl nur eine Zigeunerin oder ein herzloses Weib!
     
    Florimond genas, aber Angélique blieb mit ihren beiden Kindern in dem großen, bequemen Zimmer in der ersten Etage wohnen, während Meister Bourjus Flipot und Linot in ein zweites Mansardenzimmer einquartierte. Rosine schlief weiterhin in Barbes Bett.
    »Und ich hätte gern«, schloss Meister Bourjus, rot vor Zorn, »dass du mich nicht länger beschämst, indem du jeden Tag einen Nichtsnutz von Lakai unter den Augen aller Nachbarn Brennholz in den Hof werfen lässt. Wenn du heizen willst, brauchst du nur in den Holzschuppen zu

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