Angelique und der Koenig
Schlafs, in den sie wie ein Kind jäh versunken war. Dann drehte er sich ein wenig, um seine harte Stirn zwischen ihre warmen, prallen Brüste zu schmiegen.
»Eine einzige Stunde für eine einzige Frau in einem einzigen Leben«, dachte er. »Kannst du dir das erlauben, Polizist? Verliebt zu sein? Es wäre besser für dich, sie wäre tot, und du hast ihr das Leben zurückgegeben, du Tor!«
Achtundvierzigstes Kapitel
»Und nun, Desgray, was soll ich tun?«
»Das weißt du genauso gut wie ich.«
Er war ihr beim Ankleiden behilflich, in der Morgendämmerung, die das Kerzenlicht verbleichen ließ.
»Was du tun sollst? Die Magd bestechen, damit sie vergiftet, die Zofe, damit sie spioniert, den Lakaien, damit er meuchlings mordet.«
»Ihr gebt mir merkwürdige Ratschläge, Polizist.«
Desgray sah ihr mit einem wilden Ausdruck in die Augen.
»Weil du es bist, die recht hat«, sagte er. »Die Justiz dringt nicht bis dorthin, wo du lebst. Monsieur de La Reynie weiß es wie ich. Sich an uns zu wenden, ist eine Farce. Man zwingt uns nur, ehrbare Leute zu verhaften wie den biederen Bischof von Valence, den Berater Madames, der für seinen günstigen Einfluss auf Monsieur bestraft werden musste. Eines Tages kommen wir da droben an, wo über alle Gericht gehalten wird. Aber soweit ist es noch nicht. Und deshalb sage ich dir: du hast recht. In einer schlechten Welt muss man schlecht sein. Töte, wenn es nötig ist. Ich will nicht, dass du stirbst.«
Er drückte sie an sich und starrte über ihren blonden Kopf hinweg. »Du musst wie die andern werden. Hast du eine Vorstellung, was ihr Angst machen könnte, dieser Frau? Wovor sie sich fürchtet?«
»Woher wisst Ihr, dass es eine Frau ist?« fragte Angélique erschrocken.
»Das mit dem Hemd ist der Einfall einer Frau. Und ich wüsste nicht, warum ein Mann den Wunsch haben sollte, dich aus dem Weg zu räumen. Gewiss ist sie’s nicht allein, aber sie ist die treibende Kraft. Du weißt, warum sie dich hasst, und du weißt, was sie befürchtet. Du sollst ihr beweisen, dass du genauso stark bist wie sie, ihr begreiflich machen, dass sie aufhören muss, mit dem Verbrechen zu spielen. Es ist unbekömmlich. Es könnte ihr eines Tages auf den Magen schlagen.«
»Ich glaube, ich habe eine Idee«, murmelte Angélique.
»Bravo!«
Er trat hinter die junge Frau, um die Schleifen des dritten Rocks zu befestigen.
»So wird man zu einer gefährlichen Frau«, sagte er mit seinem bissigen Lächeln. »Und so macht man aus einem verhärteten Mann ein kleines Lamm. Was steht der Frau Marquise noch zu Diensten? Was für einen Rat soll ich ihr noch erteilen? Welche Dummheit soll ich begehen?«
Er ging um sie herum mit den Bewegungen eines gewandten Schneiders, indem er da und dort eine Falte zurechtzog oder ein Stäubchen wegschnippte, Manipulationen, deren nachlässige Eleganz im Gegensatz zum wütenden Ausdruck seines Gesichtes standen.
»Sichere wenigstens dein Leben, damit ich mir verzeihe.«
Angélique sah ihn voll an, und er konnte beobachten, wie auf dem Grunde ihrer klaren Augen gleich einem Licht ihre unbezähmbare, besonnene weibliche Kraft aufflammte.
»Ich werde es sichern, Desgray. Das verspreche ich Euch.«
»Schön. Ich habe also mit dieser Angelegenheit meine Zeit nicht vergeudet. Und jetzt die Halskette.«
Die geschickten Hände legten den Schmuck wieder um ihren Hals, ihre Handgelenke, ihre Arme.
»Und klick! Und klick!« schloss er, indem er ihr die Ohrgehänge befestigte. »Nun ist die königliche Stute aufgeschirrt.«
Sie versetzte ihm einen kleinen Schlag mit dem Fächer.
»Unerträglicher Polizist!«
Doch sie selbst begann nun ihre neuerwachte Kraft zu fühlen und richtete ihren Oberkörper unter der prunkvollen Last auf. So würde sie Madame de Montespan die Stirn bieten können. Wenn sie es wollte, das wusste sie, konnten ihre Kopfhaltung, ihr Gang zumindest ebenso einschüchternd wirken wie die der Mortemart. Und sie besaß die Liebe des Königs, bereits auch die beflissene Ergebenheit eines Hofs, der nur dem König angenehm sein wollte und mit einem Schlag das verblichene Idol verwerfen würde.
Die blauen Augen würden angesichts des Glanzes der grünen Augen gezwungen sein, sich zu senken. Mit erhobenem Kopf rauschte Angélique zur Tür. Desgray hielt sie auf, indem er seine Hände wuchtig auf ihre Schultern legte.
»Nun hör zu«, sagte er. »Ich meine es ernst, was ich dir zu sagen habe. Ich will dich nicht mehr sehen… nie mehr. Ich habe für dich alles getan, was ich
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