Angelique und der Koenig
bezahlt... Sie muss unbedingt ein wirksames Mittel finden, andernfalls wird sie es sein, die bezahlt. Aber ich will ihr persönlich meine Wünsche schreiben. Das wird Eindruck auf sie machen.‹ Dann setzte sie sich an ihren Sekretär, fasste ein Schreiben für die Voisin ab und übergab es Duchesne. ›Ihr werdet ihr dieses Briefchen zeigen‹, sagte sie. ›Wenn sie es gelesen und von meinem Willen Kenntnis genommen hat, verbrennt Ihr das Blatt an der nächsten Kerze... Ihr werdet sie nicht verlassen, bevor sie Euch das Nötige gegeben hat... Hier ist ein Taschentuch, das der bewussten Person gehört. Ein Page hat es gefunden und mir gebracht, weil er glaubte, es gehöre mir... Man kann ihre Zofen nicht mehr bestechen, seitdem diese Thérèse davongelaufen ist, als sei der Teufel hinter ihr her. Im übrigen hat sie wenig Zofen und gar keine Gesellschafterinnen. Eine seltsame Frau. Ich weiß nicht, was der König Besonderes an ihr findet... abgesehen von ihrer Schönheit, natürlich…‹ Sie sprach von Euch, Madame.«
»Ich habe es begriffen. Und wann soll sich Duchesne mit der Voisin treffen?«
»Heute abend.«
»Um wieviel Uhr? An welchem Ort?«
»Um Mitternacht in der Schenke zum Goldenen Horn. Es ist eine recht verlassene Gegend zwischen der Stadtmauer und dem Quartier Saint-Denis. Die Voisin wird von ihrem Haus in Villeneuve, das nicht weit entfernt ist, zu Fuß dorthin gehen.«
Angélique lehnte sich befriedigt in ihren Sitz zurück.
»Schön. Ihr habt Euch mir nützlich erwiesen, Kleine. Ich werde mich bemühen, für ein Weilchen zu vergessen, dass Ihr allzu geschickte Hände habt. Da sind wir ja in Saint-Germain angekommen. Ihr werdet hier aussteigen. Ich will nicht, dass man uns zusammen sieht. Legt Euch ein wenig Rouge und Puder auf. Ihr seid bleich, dass einem angst werden kann.«
Hastig bemühte sich Mademoiselle Désoeillet, ihrem entstellten Gesicht wieder Farbe zu geben. Dann sprang sie unter Dankbarkeits- und Ergebenheitsbeteuerungen aus der Kutsche. Nachdenklich sah Angélique der leichtfüßig davoneilenden Gestalt im rosafarbenen Kleid nach. Dann streckte sie den Kopf zum Fenster hinaus und rief dem Kutscher zu: »Nach Paris.«
Neunundvierzigstes Kapitel
Nachdem sie einen groben Rock und eine Schoßjacke aus Barchent übergezogen und um ihr Haar ein Tuch aus schwarzem Satin geschlungen hatte, wie die Kleinbürgersfrauen es trugen, ließ sie Malbrant Schwertstreich rufen, der noch am Vormittag aus Saint-Cloud geholt worden war. Er fand sich in ihrem Zimmer ein und erkannte sie in ihrer Maskerade erst, als sie das Wort an ihn richtete.
»Malbrant, Ihr werdet mich begleiten.«
»Ihr seid völlig unkenntlich, Madame.«
»Es wäre unangebracht, mich in großer Aufmachung dort einzufinden, wohin ich mit Euch gehen will. Habt Ihr Euren Degen? Nehmt auch Euer Rapier und eine Pistole mit. Ihr werdet mich in der Gasse hinter dem Haus erwarten. Ich werde die Tür der Orangerie benutzen.«
»Zu Euren Diensten, Madame.«
Wenig später saß Angélique hinter Malbrant Schwertstreich auf, und sie ritten zur Vorstadt Saint-Denis. Vor der Winkelschenke »Zu den Drei Kumpanen« hielten sie an.
»Lasst Euer Pferd hier, Schwertstreich. Gebt dem Wirt ein Silberstück, damit er ein Auge auf es hat, sonst riskieren wir, es nicht mehr vorzufinden. Pferde verschwinden gar leicht in dieser Gegend.«
Der Stallmeister tat, wie ihm geheißen. Später folgte er ihr durch ein Gewirr winkliger Gässchen, ohne Fragen zu stellen. An seinem weißen Schnurrbart kauend, beschränkte er sich darauf, über den Schlamm zu knurren, der sich trotz der Sonne in den Vertiefungen des unebenen Pflasters staute.
Vermutlich war die Gegend dem alten Haudegen, den sein Abenteuerleben überallhin geführt hatte, gar nicht so unbekannt. In den Gründen seines zerfallenden Palastes aus Lehm und Stein fanden sie den Großen Coesre, den beinlosen Cul-de-Bois. Er thronte wie gewöhnlich auf seiner Holzplatte. Wenn er den Wunsch verspürte, den Schauplatz zu wechseln, ließ er sich von seinen Schergen in einer ausgedienten Sänfte transportieren, deren Vergoldungen unter der dicken Schmutzkruste kaum mehr zu erkennen waren. Aber Cul-de-Bois war auf Ortsveränderungen nicht erpicht. Sein Schlupfwinkel war so dunkel, dass auch am Tag die Öllampen brennen bleiben mussten. Hier fühlte sich Cul-de-Bois wohl. Er schätzte weder Helligkeit noch Unruhe.
Es war nicht leicht, bis zu ihm vorzudringen. Zwanzigmal hatten sich den Besuchern finstere Gestalten in
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