Angelique und der Koenig
Spitzenmanschetten, seiner Perücke, seinem Hut mit den weißen Federbüschen, prächtig und seltsam wirkend zwischen den geschäftigen Weibern.
»Philippe! Was tut Ihr hier? Was wollt Ihr? Weshalb kommt Ihr?«
Seine Miene war ironisch und hochmütig. »Heute wird mein Sohn geboren. Stellt Euch vor – die Sache interessiert mich!«
Entrüstung weckte ihre Lebensgeister. Sie stützte sich auf einen Ellbogen.
»Ihr seid gekommen, um mich leiden zu sehen«, rief sie empört. »Ihr seid ein Scheusal. Der grausamste, erbärmlichste Mensch, der…« Ein neuerlicher Krampf schnitt ihr das Wort ab. Sie ließ sich zurückfallen und rang nach Atem.
»Nun, nun!« sagte Philippe. »Ihr dürft Euch nicht aufregen.«
Er legte eine Hand auf ihre feuchte Stirn und begann, sie sanft zu streicheln, wobei er Worte murmelte, die sie nicht verstand, deren summender Klang sie jedoch beruhigte.
»Ruhig! Ganz ruhig! Es geht ja alles gut! Nur Mut, Schätzchen…«
»Es ist das erstemal, das er mich streichelt«, dachteAngélique. »Er findet für mich die gleichen Gesten und Worte wie im Hundezwinger oder im Stall für die Hündin oder Stute, die im Begriff ist zu werfen. Warum nicht? Was bin ich denn in diesem Augenblick anderes als ein bemitleidenswertes Tier…? Es wird behauptet, er könne geduldig Stunden damit zubringen, ihnen zuzureden... und dass selbst die unzugänglichsten ihm die Hand leckten …«
Er war wohl der letzte, von dem sie in diesem Moment Beistand erwartet hätte. Aber dieser Philippe du Plessis-Bellière würde wohl nie aufhören, sie zu verblüffen. Unter seiner Hand entspannte sie sich und gewann neue Kraft. »Bildet er sich ein, ich sei nicht imstande, sein Kind zur Welt zu bringen? Ich will ihm zeigen, wessen ich fähig bin. Ich werde keinen einzigen Schrei ausstoßen!«
»Es ist gut! Es ist gut!« sagte Philippes Stimme. »Du brauchst keine Angst zu haben... Und Ihr andern, Ihr faules Weibervolk, stützt sie ein wenig. Was steht Ihr da und gafft…«
Er sprach mit den Frauen wie mit den Wärtern des Hundezwingers. In der halben Bewusstlosigkeit des letzten Augenblicks sah Angélique zu Philippe auf. Ihr verängstigter und gleichsam von rührender Sanftheit verschleierter Blick ließ ihn ahnen, was ihre Hingabe bedeuten würde… Diese Frau, die er für arglistig berechnend hielt, in kaltem Ehrgeiz verhärtet – war sie der Schwäche fähig? Dieser Blick wanderte in die Vergangenheit zurück. Es war die Vergangenheit eines kleinen Mädchens in grauem Kleid, das er an der Hand hielt und seinen spöttisch lachenden Freunden vorstellte: »Das ist die Baronesse Trauerkleid.«
Philippe presste die Zähne zusammen. In einer jähen Regung legte er die Hand über diesen Blick.
»Hab keine Angst«, wiederholte er, »Jetzt brauchst du keine Angst mehr zu haben…«
»Es ist ein Knabe«, sagte die Hebamme. Angélique sah, wie Philippe in seinen ausgestreckten Armen ein kleines, rotes, in eine Windel gewickeltes Bündel hielt und ausrief:
»Mein Sohn! Mein Sohn!«
Er lachte.
Man brachte die junge Frau in ihr Bett mit den parfümierten Laken, in dem das Kupferbecken, um es ganz zu wärmen, von Stelle zu Stelle gerückt worden war. Die unwiderstehliche Müdigkeit der Niedergekommenen senkte sich über sie. Sie suchte Philippe mit den Augen. Er beugte sich über die Wiege seines Sohnes.
»Jetzt bin ich nicht mehr interessant«, sagte sie sich, während Enttäuschung in ihr aufstieg. Gleichwohl begleitete sie die Empfindung des Beglücktseins in ihren Schlaf.
Erst als man ihr das Kindchen zum erstenmal in die Arme legte, wurde Angélique sich bewusst, was die Existenz dieses neuen Menschenwesens bedeutete. Das Neugeborene war hübsch. Man hatte es eng in mit seidener Borte eingefasste Binden gewickelt, die seine Ärmchen und Beinchen umschlossen und um den Kopf zu einer Kapuze gerollt waren. Nur das runde milchweiße und rosige Gesichtchen blieb frei, in dem sich zwei Augäpfel von unbestimmtem Blau öffneten, die gewiss bald die gleiche durchscheinende Saphirtönung wie die seines Vaters bekommen würden. Immer wieder erklärten die Amme und die Zofen bewundernd, es sei blond wie ein Küken und rundlich wie ein kleiner Amor.
»Dieses Kind ist aus meinem Schoß hervorgegangen«, sagte sich Angélique, »und dennoch ist es nicht der Sohn Joffrey de Peyracs! Ich habe mein Blut, das nur ihm gehört, mit fremdem Blut vermischt.«
In ihrer Niedergeschlagenheit sah sie in ihrem Jüngsten die Frucht eines Verrats, dessen sie sich bis
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