Angelique und der Koenig
den Preis gewiss nicht einkalkuliert!«
Seine Peitsche knallte scharf auf das Parkett. Angélique stieß einen Schrei aus. Ihre Widerstandskraft erlahmte. Sie flüchtete zum Alkoven und begann zu weinen. Nie würde sie die Kraft auf bringen, eine Wiederholung der Szene auf Schloss Plessis zu ertragen.
»Tut mir nicht weh, Philippe«, flehte sie. »Oh, ich beschwöre Euch, tut mir nicht weh... Denkt an das Kind.«
Der junge Mann erstarrte. Seine Augenlider zogen sich zusammen.
»Das Kind …? Welches Kind?«
»Das Kind, das ich unterm Herzen trage... Euer Kind!«
Lastende Stille breitete sich zwischen ihnen aus, nur von Angéliques unterdrückten Schluchzern unterbrochen. Endlich streifte der Marquis behutsam seine Handschuhe ab, legte sie zusammen mit der Peitsche auf den Toilettentisch und näherte sich mit argwöhnischer Miene seiner Frau.
»Zeigt mir das«, sagte er. Er schob die Säume des Frisiermantels auseinander, dann lachte er plötzlich mit zurückgeworfenem Kopf hell auf.
»Meiner Treu! Es ist tatsächlich wahr! Ihr seid schwanger wie eine Kuhmagd!«
Er setzte sich neben sie auf den Bettrand und zog sie zu sich heran.
»Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt, dummes, kleines Ding? Ich hätte Euch nicht erschreckt.«
Ihre Gedanken verwirrten sich, und ein krampfartiges Schluchzen schüttelte sie.
»Kommt, hört auf zu weinen, hört auf zu weinen«, wiederholte er. Wie seltsam es war, den Kopf an die Schulter Philippes zu lehnen, das Gesicht in seiner blonden, nach Jasmin duftenden Perücke zu bergen und zu spüren, wie seine Hand leise über diesen Leib strich, in dem sich ein neues Leben regte.
»Wann wird es zur Welt kommen?«
»Bald... im Januar.«
»Also damals auf Schloss Plessis«, fuhr er nach einigem Nachdenken fort. »Ich muss gestehen, dass ich mich darauf freue. Es gefällt mir, dass mein Sohn unter dem Dach seiner Vorfahren gezeugt wurde. Hm! Man sollte annehmen, dass Gewalttätigkeit und Boshaftigkeit ihn nicht schrecken. Er wird ein Krieger werden, so will ich hoffen. Habt Ihr irgend etwas da, um auf sein Wohl zu trinken?«
Er holte selbst von der Edelholzkredenz zwei Humpen aus vergoldetem Silber und ein Flakon mit Beaunewein, das jeden Tag für etwaige Besucher bereitgestellt wurde.
»Kommt und trinkt! Wenn es Euch auch nicht behagt, mit mir anzustoßen, so gehört es doch zum guten Ton, dass wir einander zu unserem Werk beglückwünschen. Weshalb schaut Ihr mich mit so törichter Verwunderung an? Weil Ihr mich wieder einmal auf tückische Weise entwaffnet habt? – Nur Geduld, meine Teure. Der Gedanke an meinen Erben bereitet mir so viel Genugtuung, dass ich Euch vorläufig schonen werde. Aber wir werden uns noch einmal sprechen. Der Teufel soll Euch holen, wenn Ihr meine Nachsicht ausnutzt und mir wieder einen Eurer üblen Streiche spielt... Im Januar, sagt Ihr? Schön. Bis dahin werde ich warten und mich damit begnügen, Euch im Auge zu behalten.«
Er trank den Becher in einem Zuge leer, schleuderte ihn zu Boden und rief:
»Es lebe der Stammhalter der Miremont du Plessis de Bellière!«
»Philippe«, flüsterte Angélique, »Ihr seid wirklich der wunderlichste, der unergründlichste Mensch, dem ich je begegnet bin. Jeder andere Mann hätte mir nach einem solchen Geständnis ins Gesicht geschrien, ich wolle ihm eine Vaterschaft unterschieben, für die er nicht verantwortlich sei. Ich war überzeugt, Ihr würdet mich beschuldigen, Euch geheiratet zu haben, als ich bereits in anderen Umständen war.«
Philippe streifte bedächtig seine Handschuhe über und heftete dabei einen langen, düsteren, fast zornigen Blick auf sie.
»Trotz meiner lückenhaften Bildung kann ich immerhin bis neun zählen«, sagte er, »und ich weiß, dass die Natur, wäre das Kind nicht von mir, Euch längst gezwungen hätte, es zur Welt zu bringen. Und zudem traue ich Euch wohl eine ganze Menge zu, aber nicht derlei Niederträchtigkeiten.«
»Gleichwohl sind sie bei den Frauen gang und gäbe… Von Euch, der Ihr sie so verachtet, habe ich Zweifel erwartet.«
»Ihr seid keine Frau wie die andern«, Schloss Philippe in hochmütigem Ton. »Ihr seid meine Frau.«
Mit großen Schritten ging er hinaus und ließ sie nachdenklich und von einem Gefühl aufgewühlt zurück, das an Hoffnung grenzte.
Siebzehntes Kapitel
An einem grauen Januarmorgen, an dem der glitzernde Schnee unwirklich anmutende Lichtreflexe auf die dunklen Tapeten warf, fühlte Angélique ihre Stunde gekommen. Sie ließ Madame Cordet, die Hebamme des
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