Angelique und der Koenig
richten.«
»Weiter nichts?« sagte Angélique, während sie in einem goldverzierten Döschen nach einem passenden Schminkpflästerchen suchte. »Da sind noch ganz andere Gerüchte über mich im Umlauf, die Euch schon lange hätten in Harnisch bringen müssen. Aber dass Ihr verheiratet seid, fällt Euch nur dann ein, wenn es sich darum handelt, mich die eheliche Zuchtrute spüren zu lassen.«
»Habt Ihr dem König unverschämt geantwortet, ja oder nein?«
»Ich hatte meine Gründe«, versetzte sie trocken.
»Aber... Ihr spracht mit dem König !«
»König oder nicht, das ändert nichts daran, dass er ein junger Mann ist, der es gelegentlich verdient, zurechtgewiesen zu werden.«
Eine Gotteslästerung hätte keine größere Wirkung hervorgerufen. Der Marquis schien vor Zorn förmlich zu bersten.
»Ihr scheint nicht recht bei Trost zu sein!«
Schweigend schritt er ein paar Mal auf und ab, dann lehnte er sich an die Futterkrippe und betrachtete Angélique, während er an einem Strohhalm kaute.
»Nun, ich weiß, woran es liegt. Ich habe in Gedanken an meinen Herrn Sohn, den Ihr trugt und nährtet, die Zügel wohl ein wenig zu locker gelassen, und daraus habt Ihr geschlossen, dass Ihr Euch wieder einiges leisten könnt. Es scheint an der Zeit, die Dressur fortzusetzen.«
Angélique zuckte die Schultern, doch versagte sie sich eine schroffe Antwort und konzentrierte sich völlig auf ihren Spiegel sowie auf die heikle Operation, an ihrer rechten Schläfe ein Schminkpflästerchen anzubringen.
»Was für eine Züchtigung wähle ich, um Euch beizubringen, wie man sich an der Tafel der Könige benimmt?« fuhr Philippe fort. »Die Verbannung? Hm, Ihr würdet nur wieder am andern Ende des Weges auftauchen, kaum dass ich Euch den Rücken kehrte. Eine ordentliche Tracht Prügel mit meiner Peitsche, die Ihr ja bereits kennenlerntet? Ich erinnere mich, dass sie Euch ziemlich mürbe machte. Oder aber... Ich denke da an gewisse Demütigungen, die Euch noch schmerzlicher zu sein scheinen als die Hanfschmitze, und ich bin recht versucht, sie Euch aufzuerlegen.«
»Überanstrengt Eure Phantasie nicht, Philippe. Ihr seid ein allzu gewissenhafter Magister. Wegen dreier hingeworfener Worte…«
»… die an den König gerichtet waren!«
»Der König ist ein Mensch wie andere auch.«
»Das ist eben Euer Irrtum. Der König ist der König. Ihr schuldet ihm Gehorsam, Respekt, Ergebenheit.«
»Und was noch? Muss ich ihm das Recht zugestehen, mein Schicksal zu lenken, meinen Ruf zu beflecken, mein Vertrauen zu verhöhnen?«
»Der König ist der Herr. Er hat alle Rechte über Euch.«
Angélique wandte sich jäh um und sah Philippe mit funkelnden Augen an.
»Ach nein…? Und wenn es dem König in den Sinn käme, mich als Mätresse haben zu wollen? Wie soll ich mich dann verhalten?«
»Euch fügen. Habt Ihr nicht begriffen, dass all die schönen Damen, die Zierden des französischen Hofs, allein dem Vergnügen der Fürsten bestimmt sind?«
»Erlaubt, dass ich Euren Standpunkt als Ehemann mehr als großzügig finde! In Ermangelung jeglicher Zuneigung zu mir sollte sich wenigstens Euer Besitzerinstinkt dagegen sträuben.«
»Mein Besitz gehört dem König«, sagte Philippe.
»Nie im Leben würde ich ihm auch nur das Geringste Stück verweigern.«
Der jungen Frau entfuhr ein Ausruf des Unwillens. Philippe hatte die Gabe, sie bis ins Innerste zu verletzen. Was für eine Reaktion hatte sie von ihm erhofft? Einen Protest, der Eifersucht verriet? Selbst das war zuviel. Es lag ihm nicht das mindeste an ihr, und er gab es ihr ungeschminkt zu verstehen. Seine flüchtige Anteilnahme vor dem Kamin hatte nur der Frau gegolten, die die Ehre gehabt hatte, seinen Stammhalter zu gebären.
Tief empört wandte sie sich ab, warf die Dose mit den Pflästerchen um, griff mit zornbebender Hand nach einem Kamm, dann nach einem anderen. Philippe beobachtete sie ironisch, während sich ihre brennende Enttäuschung in einer Flut bitterer Worte entlud:
»Natürlich, ich vergaß. Eine Frau ist für Euch nur ein Gegenstand, ein Stück des Mobiliars. Eben noch gut genug, Kinder in die Welt zu setzen. Weniger als eine Stute, weniger als ein Knecht. Man kauft, man verkauft sie, man legt Ehre ein mit ihrer Ehre, man wirft sie beiseite; wenn sie aufgehört hat, von Nutzen zu sein. Das ist es, was eine Frau für Männer Eurer Art bedeutet. Höchstenfalls ein Stück Kuchen, eine Schüssel Ragout, worauf sie sich stürzen, wenn sie ausgehungert sind.«
»Hübsches Bild«, bemerkte
Weitere Kostenlose Bücher