Angelique und der Koenig
kohlrabenschwarzen Schnurrbärten eskortiert wurde. Der sie zu Pferde begleitende Offizier benahm vollends jeglichen Zweifel an ihrer Herkunft. Mit seiner reichgefältelten Halskrause und in seiner stolzen Haltung war er ein echter Hidalgo Seiner Allerkatholischsten Majestät.
Man erklärte den Damen, Monsieur de Brouay, der spanische Gouverneur von Lilie, schicke täglich aus Artigkeit oder Anmaßung dem König von Frankreich Eis.
»Bittet ihn«, sagte dieser dem Überbringer, »mir noch ein bisschen mehr zu schicken.«
»Sire«, erwiderte der Kastilianer, »mein General geht sparsam damit um, weil er hofft, die Belagerung werde lange dauern, und befürchtet, Euer Majestät könne eines Tages keins mehr bekommen.«
Der alte Herzog von Charost, der neben dem König stand, rief dem Abgesandten beifällig zu:
»Ausgezeichnet! Legt Monsieur de Brouay ans Herz, es nicht dem Gouverneur von Douai gleichzutun, der sich wie ein Schurke ergeben hat.«
»Seid Ihr des Teufels, Herr?« sagte der ob solcher Bemerkung verwunderte König. »Ihr ermutigt meine Feinde zum Widerstand?«
»Sire, das ist eine Frage des Familienstolzes«, entschuldigte sich der Herzog. »Brouay ist mein Vetter!«
Unterdes nahm das Hofleben im Lager seinen Fortgang. Die Ebene war mit symmetrisch angeordneten bunten Zelten bedeckt. Das des Königs, geräumiger als alle anderen, bestand aus drei Wohnräumen, einem Schlafraum und zwei Kabinetten, das Ganze mit chinesischer Seide überspannt und mit vergoldeten Möbeln ausgestattet. Lever und Coucher spielten sich genau wie in Versailles ab. Üppige Mahlzeiten wurden aufgetischt, die man ganz besonders genoss, wenn man der Spanier gedachte, die hinter den düsteren Festungswällen von Lilie an Rüben nagen mussten. Bei der französischen Armee lud der König die Damen an seinen Tisch. Eines Abends fiel sein Blick beim Souper auf Angélique, die in seiner Nähe saß. Die Freude über die jüngsten Siege seiner Truppen und den intimeren, den er höchstpersönlich über Madame de Montespan davongetragen, hatte sein gewohntes Beobachtungsvermögen um einiges geschmälert. Er glaubte die junge Frau zum ersten Mal während des Feldzugs zu bemerken und fragte liebenswürdig: »Ihr habt also die Hauptstadt verlassen, Madame? Was tat sich in Paris, als Ihr abreistet?«
Angélique sah ihm kühl ins Gesicht. »Sire, man ging zur Vesper.«
»Ich meine, was es Neues gab?«
»Grüne Erbsen, Sire.«
Die Antworten hätten launig gewirkt, wäre ihr Ton nicht ebenso eisig gewesen wie der Blick der schönen Marquise.
Der König erstarrte vor Verblüffung, und da er nicht schlagfertig war, stieg ihm das Blut in die Wangen. Madame de Montespan rettete wieder einmal die Situation, indem sie in ihr bezauberndes Lachen ausbrach. Sie erklärte, es sei heutzutage Mode, Fragen auf möglichst abstruse und trotzdem bündige Art zu beantworten. In den Pariser Salons und den Schlafgemächern der Preziösen vergnüge man sich mit einem Kreuzfeuer solcher Wortspielereien. Madame du Plessis sei in dieser Hinsicht äußerst gewandt. Da jedermann das neue Spiel sofort ausprobieren wollte, endete die Mahlzeit in vergnügtester Stimmung. Am folgenden Morgen war Angélique vor ihrem Spiegel eben dabei, unter den interessierten Blicken einer Kuh ihr Gesicht zu pudern, als der Marschall du Plessis-Bellière sich melden ließ. Gleich allen Damen von Stand im Lager litt sie nicht ernstlich unter den Unbequemlichkeiten der Reise. Solange sie ihren Frisiertisch irgendwo aufstellen konnte, und sei es in einem Stall, war sie durchaus zufrieden. Der Duft des Reispuders und der Parfüms mischte sich mit dem Geruch des Düngers, doch weder die vornehme Dame im duftigen Unterkleid noch die guten schwarzweißen Kühe, die ihr Gesellschaft leisteten, fühlten sich auch nur im geringsten belästigt.
Javotte hatte den ersten Rock aus rosa und blassgrün gestreifter Pekingseide gereicht, und Thérèse machte sich mit flinken Händen daran, die Bänder zu knoten.
Als ihr Gatte eintrat, schickte Angélique die Zofen hinaus, dann neigte sie sich angelegentlich zum Spiegel. Auch Philippes Gesicht erschien im Glas, und es verhieß ein Gewitter.
»Man hat mir böse Gerüchte über Euch zugetragen, Madame. Ich habe es für nötig befunden hierher zu kommen, um Euch ins Gebet zu nehmen, wenn nicht gar zu maßregeln.«
»Was sind das für Gerüchte?«
»Ihr habt Euch dem König gegenüber launenhaft betragen, als er Euch die Ehre erwies, das Wort an Euch zu
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