Angels - Meine Rache waehrt ewig
Seminarliste starrte. Bilder von Kristi schwirrten durch seinen Kopf: Kristi, wie sie in einem Wald vor ihm davonlief, ihr langes Haar, das hinter ihr herwehte, das Spiel von Licht und Schatten der belaubten Äste auf ihrem Körper, ihr ansteckendes Lachen … Kristi, wie sie aus einem Swimmingpool stieg, das Wasser, das von ihrem sanft gebräunten Körper perlte, ihr triumphierendes Lächeln, wenn sie den Wettkampf gewonnen hatte, ihr finsteres Stirnrunzeln, wenn sie verloren hatte … Kristi, wie sie neben ihm auf einer Decke auf der Ladefläche seines Pick-up lag und das Mondlicht auf ihrem makellosen Körper schimmerte.
»Hör damit auf!«, sagte er laut, und der stets wachsame Bruno war im selben Augenblick auf den Füßen und bellte grimmig. »Nein, mein Junge, es ist … nichts.« Jay verbannte die Bilder seiner Jugendliebe aus seinem Kopf. Er hatte Kristi seit über fünf Jahren nicht mehr gesehen und ging davon aus, dass sie sich verändert hatte. Neben all seinen romantischen Erinnerungen gab es auch noch andere, und die waren nicht ganz so nett. Kristi hatte Temperament und eine messerscharfe Zunge.
Er hatte geglaubt, dass er über sie hinweg war, doch in Wahrheit war es ihm nahegegangen, als er von ihrer Begegnung mit dem Tod hörte, als er erfuhr, dass sie Psychopathen in die Hände gefallen war und Ewigkeiten im Krankenhaus verbracht hatte, um sich von den Übergriffen zu erholen. Es war ihm so nahegegangen, dass er sogar einen Floristen angerufen hatte, der ihr Blumen bringen sollte, doch dann hatte er seine Meinung geändert. Kristi war wie eine schlechte Angewohnheit, eine Angewohnheit, die man nicht so schnell abschütteln konnte. Es ging Jay so lange gut, wie er nichts von ihr hörte, nichts über sie las oder ihr nicht begegnete. Sämtliche alten Emotionen waren sorgfältig unter Verschluss. Er hatte sich für andere Frauen interessiert. Er war sogar verlobt gewesen. Trotzdem, sie nun Woche für Woche sehen zu müssen …
Es würde ihm vielleicht guttun, entschied er plötzlich. »Das dient dazu, deinen Charakter zu bilden«, hatte seine Mutter immer gesagt, wenn er in Schwierigkeiten geraten war und seine Strafe entgegennahm, für gewöhnlich aus den Händen seines Vaters.
»Zur Hölle«, murmelte Jay, als er die wahre Bedeutung dessen, was ihm bevorstand, erfasste. Mit gerunzelter Stirn gab er sich für einen kurzen Moment der Vorstellung hin, wie er Kristi unterrichtete, wie er sie prüfte und benotete, wie sie von ihm abhängig war. O Gott! Was dachte er da nur!
Er spülte sein Bier hinunter und knallte die leere Flasche auf den Schreibtisch. Er hatte doch nicht seinen verdammten Arbeitsplan geändert, damit begonnen, Zehn-Stunden-Schichten zu schieben, und mühsam sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt, nur um jede Woche Kristi gegenüberstehen zu müssen! Er presste den Kiefer so fest zusammen, dass es schmerzte.
Vielleicht würde sie das Seminar wieder verlassen. Bestimmt würde Kristi ihren Stundenplan ändern, wenn sie feststellte, dass er für Dr. Monroe einsprang. Zweifelsohne würde sie genauso ungern mit ihm zu tun haben wollen wie er mit ihr. Was für eine Vorstellung, er als ihr Dozent!
Er ging den Rest der Liste mit den fünfunddreißig Studenten durch, die sich für Kriminologie interessierten – jetzt nur noch vierunddreißig. Sein Blick heftete sich wieder auf den obersten Namen: Rylee Adams. Verwirrt kratzte Jay die Bartstoppeln auf seinem Kinn.
Was zum Teufel war mit ihr passiert?
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2.
K eine laute Musik, keine Haustiere, keine Zigaretten – steht alles hier im Mietvertrag«, sagte Irene Calloway, obwohl sie selbst verdächtig nach Zigarettenqualm roch. Irene war Anfang siebzig und in ihrer ausgeblichenen Baggy Jeans und dem XXL -T-Shirt dünn wie ein Streichholz. Ein paar kurze graue Haarsträhnen lugten unter ihrer roten Baskenmütze hervor. Sie blickte Kristi durch dicke Brillengläser an. Sie saßen an einem kleinen alten Tisch in dem möblierten Ein-Zimmer-Apartment im zweiten Stock. Das Apartment mit den Mansardenfenstern, dem alten Kamin, den Holzdielen und den schlierigen Scheiben hatte etwas Besonderes. Es war gemütlich und ruhig, und Kristi konnte ihr Glück kaum fassen, eine solche Unterkunft gefunden zu haben. Irene tippte mit einem knochigen Finger auf das Kleingedruckte des Mietvertrags.
»Ich habe alles zur Kenntnis genommen«, versicherte Kristi, obwohl die Kopie, die sie ihr gefaxt hatte, unleserlich gewesen war. Ohne weitere Zeit
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