Angels - Meine Rache waehrt ewig
hatte heiraten wollen. Gayle war der festen Überzeugung gewesen, er habe nie aufgehört, sich nach seiner Highschool-Liebe zu verzehren.
Was einfach unglaublich dämlich war.
Und so hatte er sie also gebeten, ihm den Ring zurückzugeben.
Sie hatte ihm den Diamanten an die Stirn geworfen, wo er seine Haut aufritzte und eine kleine Narbe über seiner linken Augenbraue hinterließ – ein Beweis für Gayles Jähzorn.
Jay war sicher, dass er einem weitaus größeren Geschoss hätte ausweichen müssen, wenn er erst die Hochzeit abgeblasen hätte.
So viel zu wahrer Liebe.
Er griff nach der Fernbedienung für den kleinen Fernseher auf dem Aktenschrank und ging weiter seine E-Mails durch, wobei er mit einem Ohr die Nachrichten verfolgte und auf die Sportnachrichten mit dem jüngsten Tabellenstand der New Orleans Saints wartete.
»… seit der Vorweihnachtszeit vom Campus des All Saints College verschwunden. Die Studentin wurde zuletzt am achtzehnten Dezember gegen sechzehn Uhr dreißig von ihrer Mitbewohnerin hier, in Cramer Hall, gesehen«, vernahm er die Stimme des Nachrichtensprechers.
Jay richtete seine Aufmerksamkeit auf den Fernsehschirm, auf dem eine Reporterin in einem blauen Parka bei Sturm und Regen in die Kamera blickte. Der Beitrag war vor dem Backsteingebäude aufgenommen worden, in dem Kristi Bentz vor Jahren während ihrer ersten Zeit am College gewohnt hatte. Vor seinem inneren Auge erschien ein Bild von Kristi, wie sie damals ausgesehen hatte: lange, kastanienrote Haare, ein durchtrainierter Körper und tiefliegende, intelligente Augen. Er war verrückt nach ihr gewesen und sicher, dass sie die Frau fürs Leben war. Natürlich hatte er längst erkannt, wie falsch er damals damit gelegen hatte. Zum Glück hatte sie ihre Beziehung beendet und ihm eine Ehe erspart, die für sie beide eine Falle gewesen wäre.
»Seit jenem Tag, eine Woche vor Weihnachten«, fuhr die Reporterin fort, »ist Rylee Ames nicht mehr lebend gesehen worden.« Das Foto einer jungen Frau Anfang zwanzig erschien auf dem Bildschirm. Mit ihren blauen Augen, den blonden Strähnchen und dem breiten Lächeln sah Rylee Ames aus wie eine typische Cheerleaderin aus Kalifornien, obgleich die Reporterin sagte, dass sie die Highschool in Tempe, Arizona, und in Laredo im Bundesstaat Texas besucht hatte.
»Aus Baton Rouge Belinda Del Rey für WMTA .«
Rylee Ames.
Der Name kam ihm bekannt vor.
Beunruhigt loggte sich Jay auf der Website des All Saints College ein und rief die Teilnehmerliste seines künftigen Seminars auf. Auf der waren nun auch die Namen jener Studenten vermerkt, die später dazugekommen waren. Der erste Name auf der Liste war Ames, Rylee. Dieser Name hatte auch bei seinem letzten Besuch der Website schon auf der Teilnehmerliste gestanden.
Jays Cop-Radar geriet in höchste Alarmbereitschaft, und er musste erst mal eine Stufe runterschalten, um nicht von einem Horrorszenario zum nächsten zu schwenken. Vergewaltigung, Folter, Mord – er hatte so viele grausame Verbrechen gesehen, aber er versuchte, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Noch nicht. Es gab keinen Hinweis darauf, dass ihr etwas zugestoßen war, sie war lediglich verschwunden.
Es kam durchaus vor, dass junge Frauen in ihrem Alter das College abbrachen, wechselten oder, ohne ein Wort darüber zu verlieren, in den Skiurlaub oder zu einem Rockkonzert fuhren. Sie konnte also einfach abgehauen sein.
Doch vielleicht auch nicht. Er hatte lange genug am kriminaltechnischen Labor in New Orleans gearbeitet, um ein mulmiges Gefühl wegen dieser Studentin, der er nie begegnet war, zu verspüren. Er nahm einen Schluck Bier und ging die Liste weiter durch.
Arnette, Jordan.
Bailey, Wister.
Braddock, Ira.
Bentz, Kristi.
Calloway, Hiram.
Crenshaw, Geoffrey.
Moment mal. Wie bitte?
Bentz, Kristi?
Mit zusammengekniffenen Augen blickte er auf den Monitor und starrte den vertrauten Namen an, der sein Herz noch immer schneller schlagen ließ.
Das musste ein Irrtum sein!
Kristi Bentz konnte nicht in seinem Seminar sein. Aber da stand ihr Name, groß und deutlich. Was für eine grausame Ironie des Schicksals war das denn? Es war sehr unwahrscheinlich, dass es sich um eine andere Studentin mit demselben Namen handelte. Deshalb blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit der Tatsache abzufinden, dass er sie von nun an jeden Montagabend für drei Stunden wiedersehen würde.
Mist!
Der Regen trommelte gegen die Fensterscheibe, während er noch immer wie gebannt auf die
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