Angels - Meine Rache waehrt ewig
und der Leichenbeschauer versammelt hatten. Bonita Washington nickte ihnen mit ernstem Gesicht zu.
»Dionne Harmon?«, fragte Bentz.
»Dasselbe Tattoo. Afroamerikanerin. Alter, Größe und Figur stimmen auch.« Washington ging zum Leichensack hinüber, öffnete den Reißverschluss und beugte sich so vor, dass der Inhalt von den Hubschraubern aus nicht zu erkennen war.
Bentz starrte auf das teilweise zersetzte Gesicht der ehemals hübschen schwarzen Frau. Tochter, Schwester, Freundin, wenngleich sich niemand um sie zu sorgen schien, schon gar nicht ihr dämlicher Bruder. Auch ihr Freund war, soviel er gehört hatte, ein Taugenichts. Nackt, die Hände in Tüten der Kriminaltechniker, die hofften, dass sie sich gegen ihren Peiniger gewehrt hatte und dass sie Spuren von DNA unter ihren Fingernägeln finden würden, lag Dionne leblos in dem schweren Sack. Die Augen waren geöffnet.
Über ihnen schwebten die Hubschrauber und wühlten das schlammige Wasser auf.
Bentz hegte nur wenig Hoffnung, dass sie auf brauchbares Genmaterial stoßen würden.
Sein Magen rebellierte. Er blickte zur Seite.
»Scheißkerl«, murmelte Montoya.
»Dionne Harmon verschwand vor etwa einem Jahr«, sagte Bentz und verglich im Geiste diesen Zeitraum mit dem Zustand der Verwesung.
»Ich weiß.« Daran hatte Washington auch schon gedacht. »Es sieht so aus, als hätte diese Leiche erst ein paar Tage im Wasser gelegen, und davor …« Sie zuckte die Achseln.
»War sie am Leben«, sagte Bentz. Seine Gedanken überschlugen sich. »Dann hat er sie also ein Jahr lang weggesperrt und sich dann entschieden, sie umzubringen?«
»Vielleicht.« Washington war offensichtlich genauso verwirrt wie er.
»Kennen Sie die Todesursache?«
»Noch nicht, aber ich habe Einstichverletzungen an der Leiche bemerkt.«
»Wovon?«
»Das weiß ich noch nicht, aber sie scheint eine Art Bisswunde am Hals zu haben.« Washington deutete auf zwei Löcher unter dem Ohr der toten Frau. »Ein weiteres, größeres Loch befindet sich hier, über der Jugularvene. Außerdem eins an der Halsschlagader.« Sie blickte zu ihm auf, dann schloss sie den Leichensack wieder.
Bentz streckte sich. »Was hat das zu bedeuten?«
»Nichts Gutes«, sagte sie mit sorgenvoller Miene.
»Hey!«, rief jemand vom Boot aus.
Bentz schlang die Arme um den Körper. Die Helikopter brachten sich in eine bessere Position. Er wusste, was kommen würde. Über das
Wusch-Wusch-Wusch
der Rotorblätter hinweg schrie der Officer an Deck: »Sieht so aus, als hätten wir eine weitere Leiche!«
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26.
K risti pflügte mit kräftigen, gleichmäßigen Zügen durchs Wasser und überlegte, wie sie einen Weg finden konnte, in den inneren Zirkel von Studenten vorzudringen, der ihrer Meinung nach mit dem Vampirkult zu tun hatte. Sie war sogar online gegangen und hatte eine Suchanzeige aufgegeben:
Suche verlorene Seelen.
ABneg 1984 wollte Kontakt aufnehmen zu anderen Usern, die an Vampirismus glaubten. Sie hatte keine Ahnung, ob sie damit auf Resonanz stoßen würde, wusste nicht mal, ob ihr Gesuch überhaupt einen Sinn ergab, aber einen Versuch war es wert.
Vermutlich biss niemand an außer irgendwelchen durchgeknallten Losern unter dreizehn.
Zum Glück hatte sie bislang noch kein Video von ihrem Apartment im Internet entdeckt. Sie hatte MySpace, YouTube und ein paar andere Internetseiten gecheckt und keine unscharfen Filmchen von Jay und ihr beim Sex gefunden. Was hoffentlich so bleiben würde. Wer hatte bloß die Kamera dort installiert? Kristi hatte hunderte Male darüber nachgedacht und war immer wieder auf Hiram Calloway zurückgekommen. Wer sonst konnte dahinterstecken? Jemand, der sich als Handwerker ausgegeben hatte? Sie wusste es nicht, aber es machte sie höllisch nervös, eine Tatsache, die sie vor Jay verbarg, weil sie nicht wollte, dass er erneut darauf bestand, sie solle ausziehen.
Am anderen Ende des Schwimmbeckens machte sie eine Wende und nahm ihre letzte Bahn in Angriff. Die ganze Zeit über dachte sie über ihren nächsten Schritt nach und darüber, wie satt sie es hatte, noch länger abzuwarten. Sie hatte vor, sich von Angesicht zu Angesicht mit Vater Mathias zu unterhalten. Er schien irgendwie der Rahmen um das Ganze zu sein. Sie hatte ihn im Wagner House dabei überrascht, wie er aus dem Keller kam. Und er war gut bekannt mit Ariel O’Toole, die seit einer Woche verschwunden war.
Als Kristi gestern Nachmittag Ariels Freundinnen Trudie und Grace im Studentenwerk entdeckt hatte,
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