Angels - Meine Rache waehrt ewig
hatte sie an ihrem Tisch haltgemacht und sich nach Ariel erkundigt. Sie hatten auf ihren Hähnchenbruststreifen mit Ranch-Dressing gekaut und behauptet, dass Ariels Verschwinden ganz und gar nicht merkwürdig war. Ariel brauche mitunter einen Freiraum, vor allem wenn sie sich auf eine wichtige Prüfung vorbereitete. Dann verkroch sie sich und tauchte nur auf, wenn sie Lust auf einen Starbucks-Kaffee hatte. Es war Grace gewesen, die Spindeldürre mit der Zahnspange und den roten Elektroschockhaaren, die diese Weisheit von sich gegeben hatte.
Trudie hatte zustimmend genickt. »Jeder braucht mal eine Auszeit«, hatte sie gesagt und ein Stück Grillhähnchen in die kleine Plastikschüssel mit Dressing gestippt. »Und Ariel braucht eben ein bisschen mehr.«
Kristi hatte versucht, das Gespräch am Laufen zu halten, ohne den Mädchen auf die Nerven zu gehen, aber sie schienen mehr an ihrem Essen als an Ariels Wohlergehen interessiert zu sein. Doch sie waren ein bisschen freundlicher als gewöhnlich gewesen und hatten Platz gemacht, damit Kristi sich einen Plastikstuhl heranziehen konnte, was diese für einen Fortschritt hielt. Als sie sich gesetzt hatte, plapperten die beiden weiter darüber, dass sie es kaum erwarten konnten, dass Vater Mathias sein Stück ein zweites Mal aufführte, und bekundeten sehnsüchtig seufzend, was für eine Schande es war, dass der Priester den Zölibatsschwur geleistet hatte. Vor der Aufführung wollten sie sich auf ein paar Drinks treffen, wie immer im Watering Hole gleich beim Campus.
»Du solltest mal mitkommen«, sagte Grace, die sich offensichtlich darum bemühte, höflich zu sein. Trudie warf ihr einen Blick zu, und Kristi zuckte die Achseln, als wäre ihr das Ganze nicht wichtig.
»Irgendwann vielleicht«, stimmte sie zu und ignorierte die zunehmende Skepsis in Trudies Gesicht.
»Gut.« Grace war erfreut, oder zumindest hatte es den Anschein.
Anders ihre Freundin. Trudie fuhr sich, offenbar erregt, mit beiden Händen durch ihren Pferdeschwanz und schob das Gummiband höher, so dass die Haare jetzt über ihre Schultern strichen. Die ganze Zeit über warf sie Grace böse Blicke zu.
Kristi hatte so getan, als kümmerte sie das Ganze nicht. Ariels Freundinnen wussten etwas, da war sie sich sicher. Sie musste ihr Vertrauen gewinnen und so tun, als fände sie sie nett, wenngleich ihr klar war: Je mehr sie über die Mädchen wusste, desto weniger würde sie sie mögen.
Sie stemmte sich aus dem Becken, duschte rasch, trocknete sich ab und zog sich an. Ihre Muskeln, die die letzten zwei Tage sehr verspannt gewesen waren, waren jetzt lockerer. Das Training hatte ihre Stimmung gehoben und sie darauf gebracht, was sie tun musste, um die Wahrheit über die vier verschwundenen Mädchen und den verflixten abgetrennten Arm herauszufinden. Und dass Jay heute Abend zurück sein würde, war auch nicht schlecht.
Sie hatte ihn tatsächlich vermisst.
Wer hätte das gedacht?
Sie legte ein wenig Make-up auf, drehte sich das feuchte Haar zu einem Knoten auf dem Kopf und hängte sich die Ampulle um, obwohl sie Jay geschworen hatte, die Finger davon zu lassen. So verließ sie die Umkleide und trat hinaus in den Abend. Während sie trainiert hatte, war es bedrohlich finster geworden. Über den Straßenlaternen waren keine Sterne zu erkennen, und der Wind, der den ganzen Tag über nur mäßig geweht hatte, blies jetzt kräftig, fegte durch die Bäume, wirbelte ein paar trockene Blätter über den Campusrasen und fuhr Kristi in den Nacken.
Sie schauderte und ging zielstrebig die schmale Straße in der Nähe von Greek Row entlang, überquerte eine der belebteren Straßen beim Campus und stieß kurz danach die Glastüren zum Watering Hole auf. Sie entdeckte Trudie, Grace und Marnie, die blonde junge Frau, der sie durchs Wagner House gefolgt war. Sie saßen an einem großen Kaffeehaustisch in einer Ecke des abgedunkelten Raums. Alle drei waren über langstielige Gläser mit einem funkelnden roten Gebräu gebeugt.
Mit einem gezwungenen Lächeln ging Kristi zwischen den Tischen hindurch in ihre Richtung.
Es war Showtime.
Ariel O’Tooles Apartment sah aus, als sei seit Tagen niemand mehr dort gewesen. Teller stapelten sich in der Spüle, das Bett war ungemacht, eine Tüte Chips steckte zwischen dem Bettzeug, der Käse-Dip in dem Plastikbehälter war alt und verkrustet.
»Irgendwas stimmt hier nicht«, sagte Portia, während sie, der Streifenbeamte, der Hausmeister und Del Vernon langsam durch die
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