Angels of the Dark: Verruchte Nächte
und er glitt hinein. Zu seiner Verzweiflung war es nicht Lysander, der ihn in Empfang nahm, sondern Bianka, Lysanders Frau – eine Harpyie mit einer Vorliebe für Ärger und Durchtriebenheit.
Kaugummi kauend musterte sie ihn und Annabelle von oben bis unten, während sie sich eine Strähne ihres langen schwarzen Haars um den Finger wickelte. „Wird auch Zeit, dass du mir ein Geschenk bringst, um mich in der Nachbarschaft zu begrüßen. Aber musstest du dir unbedingt einen der hässlichsten Dämonen aussuchen, die ich je gesehen habe?“
„Du bist so was von unhöflich, das Geschenk dieses Kriegers so runterzumachen“, ertönte eine weitere Frauenstimme. Lässig stolzierte Biankas Zwillingsschwester Kaia herüber, in der Hand eine halb leere Flasche billigen Apfelwein. Als er sie vor einer gefühlten Ewigkeit in Bürdes Büro gesehen hatte, war sie in voller Kampfmontur aufgetaucht. Jetzt trug sie ein Engelsgewandund sah aus wie die Entspannung in Person. „Außerdem hab ich schon wesentlich hässlichere gesehen.“
„Genug“, knurrte er. Normalerweise faszinierte es ihn, den Zwillingsschwestern bei ihrem Wir-zwei-gegen-den-Rest-der-Welt-Geplänkel zuzuhören, weil es ihn an das erinnerte, was er mit seinem Bruder hätte haben können. In diesem Augenblick jedoch zählte nur Annabelle.
Die Mädchen blickten einander an und kicherten, und da begriff er. Sie waren betrunken.
„Warum legst du’s nicht da hinten hin“, schlug Bianka vor und deutete unbestimmt über ihre Schulter, dann neben sich und schließlich auf den Boden zu ihren Füßen. „Gleich neben den Teppich aus Dämonenhaut, den ich dir wahrscheinlich zu Weihnachten schenken werde. Oder unter den Tisch. Oder, noch besser, auf die Veranda, wo es zufällig absichtlich mit einem Tritt auf die Erde befördert werden könnte.“
Wie hielt sein Anführer es mit ihr aus? „Wo ist Lysander?“
Warnend bleckte sie die Zähne. „Jemand, und ich werde nicht deinen Namen erwähnen, Zach, hat seinen Posten am Tempel der Gottheit verlassen, was bedeutet, dass mein Mann einspringen und die Kuh vom Eis holen musste. Also hab ich beschlossen, einen Mädelsabend zu veranstalten.“
Ein weiteres Verbrechen, für das Zacharel sich würde verantworten müssen, doch damit würde er sich später befassen. „Meine Frau braucht Hilfe. Wenn ihr mich zu einem Schlafzimmer bringen würdet …“
„Ich hab’s dir doch gesagt“, fuhr Kaia dazwischen. „Unser großer böser Z ist verknallt.“
„Und ich hab dir gesagt, du kannst mich mal. Ich wette, er hat sich gerade bloß unglücklich ausgedrückt.“ Bianka stemmte die Fäuste in die Hüfte. „Sag meiner Schwester, dass du nicht in eine Frau verknallt bist. Oder einen Dämon. Oder überhaupt irgendwas mit einem Herzschlag.“
„Sie ist kein Dämon“, brüllte er, und die Wolke erbebte bei der Intensität seines Zorns.
Die schwarzhaarige Harpyie zuckte zusammen und hielt sichdie Ohren zu. „Äh, möchtest du vielleicht deine Lautstärke runterschrauben, bevor ich dir die Zunge herausreiße und um die Ohren haue? Man hat mir gesagt, drinnen reden die Leute tatsächlich leiser als auf dem Schlachtfeld. Ich bin da noch skeptisch, aber tu mir den Gefallen und probier’s mal aus.“
Er zwang sich, ruhiger zu sprechen. „Annabelle ist ein Mensch. Mein Mensch. Sie braucht Hilfe. Jetzt.“
„Und jetzt noch mal ganz von vorn. In meinem überwältigenden Meisterhirn hat sich soeben etwas zusammengefügt. Das ist Annabelle?“ Kaia trat vor, offenbar in der Absicht, Annabelles Haar zur Seite zu streichen und ihre Züge zu betrachten.
Er schnappte mit den Zähnen nach ihr. Auch wenn er keine Reißzähne hatte, an drohenden Absichten mangelte es ihm nicht. „Du fasst sie nicht an.“
Kaia benahm sich, als hätte sie ihn nicht gehört, und tat genau, was sie vorgehabt hatte. Typisch Harpyie. „Okay, wow. Sie ist es wirklich. Was ist mit ihr passiert?“
„Ich bin mir nicht sicher.“ Aber ich werde es herausfinden, und ich werde es in Ordnung bringen. Wie versprochen . „Schlafzimmer. Jetzt. Bitte“, fügte er hinzu und hoffte gegen alle Hoffnung, das würde funktionieren. Bei Harpyien standen die Chancen immer fünfzig zu fünfzig, dass man bekam, was man wollte – oder starb.
„Mach lieber, B“, riet Kaia ihr und seufzte. „Du weißt doch, wie Lysander immer gleich rumjammert, wenn du dir auch bloß das Knie aufschürfst, oder? Tja, unser Zach hier ist noch viel schlimmer mit seiner kleinen
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