Angels of the Dark: Verruchte Nächte
Prinzessin. Vielleicht weil sie ’n Mensch ist und somit unterlegen oder so. Obwohl – ich glaube, das Wort ‚Mensch‘ können wir aus ihrer Beschreibung streichen.“
„Sie ist nicht unterlegen“, brüllte er. „Und sie ist ein Mensch.“
Für einige lange Minuten musterte Bianka ihn stumm. „Hast recht, Kye. Zach ist schlimmer. Also gut, komm schon, Engelchen. Hier lang.“ Sie tänzelte in einen Flur.
Er folgte ihr und zog eine Spur aus Schnee hinter sich her.
„Hey, Zach“, rief Kaia. Dann folgten eine kurze Pause, einfeuchtes Gluckern und Schluckgeräusche. Sie musste direkt aus der Flasche trinken. „Dir ist schon bewusst, dass du einen kopflosen Dämon auf dem Rücken trägst, oder?“
„Natürlich. Ich habe ihn dort festgebunden.“
Bianka blieb stehen und wedelte mit der Hand durch den pastellblauen Nebel neben ihr, in dem jetzt eine Türöffnung erschien. Schnell schob Zacharel sich an ihr vorbei und ging hinein.
In der Mitte wartete ein riesiges Bett, perfekt für einen Krieger mit überdurchschnittlicher Flügelspannweite, und jetzt auch perfekt für Menschen mit Dämonenschwingen. Vorsichtig legte er Annabelle auf die Matratze, strich ihr das Haar aus dem Gesicht und deckte sie zu. „Wir bleiben nicht lange. Dämonen spüren ihre Gegenwart, wo sie auch ist, und greifen jedes Mal an.“
„Kye und ich brauchen zufällig sowieso gerade mal wieder einen anständigen Kampf. Bleibt, solange ihr wollt.“
So war das mit den Harpyien. Sie mochten ihm auf die Nerven gehen, aber sie würden sich immer hinter ihn stellen. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, waren sie auch noch unfassbar gute Kämpferinnen. Und trotzdem, Bianka und Kaia einer gefährlichen Situation auszusetzen – und zwar betrunken –, war eine Garantie, sich den Zorn von Lysander und jedem einzelnen Herrn der Unterwelt zuzuziehen.
„Danke, aber wir werden noch vor Ablauf einer Stunde verschwinden.“
„Mann, du verpasst die besten Nunchaku-Moves, die du je gesehen hast, aber wie du meinst. Ich hab’s angeboten, mehr kann ich nicht tun – bevor ich so tue, als hättest du nichts gesagt, und genau das mache, was ich will.“ Dann hörte er Schritte, ein gegrummeltes „Lass mir auch noch was über, du Luder“ und schließlich nur noch Annabelles schweren Atem.
Er band den Dämon von seinem Rücken los und leblos purzelte der Leichnam zu Boden. Der Bastard musste die Urne geöffnet haben, und als er ins Innere gegriffen hatte, war die Essenzia in seine Haut eingedrungen.
Zacharel ließ seine Hand körperlos werden, griff in die Brust der Kreatur und – ja, warm fühlte er die Essenzia seines Brudersunter seiner Handfläche dahinströmen, das Prickeln von etwas, das mehr als bloß Blut war, das nach ihm suchte und fortwollte aus der körperlichen Hülle des Dämons.
Einen Moment lang war Zacharel wieder in jener Nacht, als er in die Brust seines Bruders gegriffen hatte. Damals wie heute griff er fest zu, und als er die Hand aus dem Dämonenkörper zog, bedeckte eine klare, dicke Flüssigkeit seine Haut. Die letzten Überreste seines Bruders. Darauf werde ich nicht reagieren .
Bevor auch nur ein Tropfen davon in seinen Leib eindringen konnte, befahl er der Wolke, eine Urne zu erschaffen. Mit der freien Hand hielt er die Urne bereit, und mit der anderen streifte er die Flüssigkeit am Rand ab, von den Fingerspitzen bis zum Ellenbogen, bis jeder Tropfen in das Behältnis geglitten war. Nachdem er den Deckel versiegelt hatte, versteckte er die Urne in einer Luftfalte. Engel und Dämonen gleichermaßen würden ihm folgen, angezogen von diesem Wunder, doch nie wieder würde er jemand anderem die Verantwortung dafür übertragen.
Schließlich wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Annabelle zu. Er machte sie sauber, verband ihre Wunden und hüllte sie in ein warmes pelzgefüttertes Gewand. Währenddessen drohten ihn immer wieder Emotionen zu überwältigen. Noch mehr Scham, noch mehr Zorn, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Er konnte sich nicht vorstellen, was ihr angetan worden war, um sie so zu verwandeln. Selbst wenn ein Dämon Besitz vom Körper eines Menschen ergriff, veränderte sich niemals das Erscheinungsbild dieses Menschen.
Annabelle war die Gemahlin eines Dämons – theoretisch, nicht wirklich, dachte er, als eine besitzergreifende Hitze durch sein Inneres strömte –, doch hätte das Einfluss auf ihre Gestalt haben sollen, wäre die Verwandlung schon vor vier Jahren eingetreten. Also … Was blieb dann
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