Angor - Schatten der Vergangenheit (Kriminalroman)
Notfalldrücker, um eine Krankenschwester zu rufen. Er fand ihn und drückte mit seiner gesunden linken Hand fest zu.
Am liebsten hätte er dieses Plastikteil in tausend Teile zerdrückt.
Einfach so … alle s zerquetschen - zerstören - verschwinden lassen!
Nicht mehr lange, dann würde eine Sicherun g in seinem Kopf durchbrennen. Raven hatte Angst, unbeschreibliche Angst.
Nicht mehr vor irgendwelchen Konsequenzen, nein, nur noch davor - den Verstand zu verlieren. Er musste die Kontrolle behalten …
Ein älterer Blondschopf im schneeweißen Kittel betrat burschikos das Zimmer. Ihre ganze Haltung war auf Krawall gebürstet …
Die Krankenschwester warf ihm ihren wohl bösesten Blick zu, ihre Stimme ertönte schrill:
»Mr. Blackstone, schön, dass Sie wach sind. Einmal klingeln reicht, wir sind hier nicht schwerhörig. Bitte merken Sie sich das, sonst stell ich die Klingel ab! Zwei weitere Schwestern, ein Pfleger, ein Arzt und meine Wenigkeit sind rundherum nur für Sie da.«
Raven war über ihre Tonlage und ihre Mimik entsetzt.
»Ich wusste nicht, dass ich irgendjemand damit terrorisieren würde, entschuldigen Sie bitte. Bitte rufen Sie meine Frau, ich möchte sie und meine Kinder sehen und meinen behandelnden Arzt!«
Sie nickte nur und verließ wortlos das Zimmer.
Ihr Verhalten irritierte ihn vollends, warum nur war sie so unfreundlich?
Die Zeit verflog nur so, im Zimmer gab es keine Uhr und seine Armbanduhr hatte er nicht am Handgelenk. Er schätzte, dass mindestens eine Stunde vergangen war. Wo blieb Elise nur? Oder Nolan? Oder sonst jemand?
Seine körperlichen Schmerzen verdrängte er, aber seine Unruhe steigerte sich zusehends. Schweißperlen rannen an seinen Schläfen herunter, bekam er Fieber? Er versuchte aufzustehen, es gelang ganz gut.
D er Atemschlauch war extrem lang und er zog ihn hinter sich her. Raven erreichte die Tür, sie ließ sich aber nicht öffnen. Nun setzte eine richtige Panikattacke ein, er trommelte so gut es ging an die massive Holztür.
Raven schrie - aber niemand kam …
Er schleppte sich wieder z um Bett und suchte den Drücker. Raven ergriff ihn und drückte den Knopf - wieder wie verrückt, mehrmals und noch wütender als vorhin. Es verging keine Minute, da flog die Tür fast aus der Verankerung. Die Schwester von vorhin und ein stämmiger Pfleger stürmten herein.
Raven war fassungslos, sie wetterte wie eine Furie. Der Pfleger mit der glänzenden Glatze drückte Raven wortlos aufs Bett und hielt ihn fest. Sie suchte seine Armvene und setzte gekonnt eine Spritze.
Raven konnte sich nicht wirklich wehren, sein Schwall von Fragen und Beschimpfungen ging völlig unter. Dann wurde es ruhig und dunkel, er schlief in Sekundenbruchteilen ein.
Kapitel 19
Das Wetter in Hamburg hatte sich Henrys Stimmung angepasst, es war unangenehm kalt und es nieselte leicht. Dichte Wolken verdunkelten den Himmel und sein Gemüt. Fast hätte er auf den Absätzen kehrt gemacht, aber das ging einfach nicht. Das Institut für Rechtsmedizin in Eppendorf war Henry nicht fremd. Er musste Cora noch einmal sehen …
In seinem bewegten Leben war es heute sein zweiter Besuch, an diesen für ihn befremdlichen und eisigen Ort. Dennoch mit großem Respekt, Ehrfurcht und betrübter Seele betrat er das Gebäude. Der Berufstand der Pathologen ist sicherlich äußerst wichtig, dennoch verschloss sich Henry, wie jemand diesen Job ausführen konnte. Für kein Geld der Welt hätte er selbst an toten Körpern hantieren können. Geliebte Menschen ein letztes Mal anzusehen und Abschied zu nehmen, waren für ihn schon eine heikle und schwere Mission. So auch heute, denn Cora Deters bedeutete ihm eine Menge, sie war nicht nur eine Mandantin. Zu ihr hatte er ein sehr vertrautes und inniges Verhältnis über mehrere Jahre aufgebaut.
Dr. Cordula Kramer war eine liebe Ärztin ihrer Zunft und machte es Henry so erträglich wie möglich. Sie nahm ihn an der Anmeldung in Empfang und führte ihn durch die Gänge ohne viele unnötige Worte. Wie so eine zierliche attraktive Frau, mit ihren kleinen Fingern Leichen sezieren konnte, vermochte sein Verstand nicht zu verarbeiten. Es war für Henry einfach nicht vorstellbar.
Für einen klitzekleinen Moment war er abgelenkt, denn ihm wurde zusehends flauer in der Magengegend. Als Henry mit ihr den Leichenkühlraum betrat, war das Fach schon geöffnet und die Metallbahre herausgezogen. Diese ergreifende Stille versetzte ihn in eine andere Sphäre. Henry sah diesen
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