Angor - Schatten der Vergangenheit (Kriminalroman)
sprach Jules an:
»Mr. Winthorp, Sie müssen wachbleiben. Ich bringe Sie jetzt zu einem Arzt, alles wird wieder gut. Leider bin ich ein paar Minuten zu spät aufgetaucht, weil ich mich an die beiden gehangen habe .«
»Nein Manmohan, machen Sie sich keine Vorwürfe. Ich hätte ähnlich gehandelt. Die Bastarde wollten mich hier durchlöchern und gleich begraben. Ich allein habe es vermasselt, weil ich meinem Freund blind vertraut habe. Ein Arzt wird mir nicht mehr helfen können, ich weiß es und Sie auch.« Jules war trotz der unheimlichen Stille nur schwer zu verstehen, der Inder beugte sich näher Richtung Jules´ Mund.
»Sie müssen aus den Taschen meines toten Freundes Schlüssel entnehmen, die gehören zu Schließfächern im Bahnhof von Rouen.
Dort finden Sie Wertgegenstände, überbringen Sie alles Ihrem Chef. Er weiß, was damit zu tun ist. Schieben Sie den Deckel des Grabes beiseite und schmeißen Sie alle Leichen rein. Dann befinden sich Walther, meine Wenigkeit und die beiden anderen Gestalten in guter Gesellschaft. Grüßen Sie mir Pranab Prakash und danke für al…«
Jules hustete ein letztes Mal und spuckte Blut in Richtung seines Helfers, Manmohan konnte dem aber ausweichen. Jules Winthorp verstarb in den Armen eines Fremden an einem friedlichen, geradezu idyllischen Ort.
Irgendwie war es ja doch im Kampfeinsatz, so wie er es sich immer gewünscht hatte.
Manmohan ließ Jules zu Boden sinken, emotionslos ging er seine Aufgabe an. Er musste alle Spuren beseitigen, hier und jetzt. Mit seiner erhabenen stoischen Ruhe suchte er sich eine gute Position, um den Sargdeckel zu verschieben. Seine riesigen Lackschuhe stemmte er tief in den festen, trockenen Boden. Seine massigen Arme suchten den besten Hebel, die Hände krallten sich regelrecht in die massive, in etwa hundertvierzig Kilo schwere Marmorplatte.
Sie bewegte sich Millimeter für Millimeter. Manmohan ächzte und stöhnte, unter größter Kraftanstrengung rann sein Schweiß an seinem gesamten Körper entlang. Es kam kein fluchendes Wort über seine Lippen, er hatte keine bösen Gedanken. Es war nur eine Aufgabe, die es zu erledigen galt. Er ließ nach, rutschte aus und sein Knie knallte auf die Kante der unteren Umrandung des Grabes. Schmerz durchzog sein Bein, wieder keine wirkliche Regung. Manmohan humpelte leicht, schaute nach, ob der Spalt schon groß genug war und die Körper schon durchpassen würden. Es reichte noch nicht, also begann er nochmals, die Platte zu verschieben.
Er musste aufpassen, nicht zu weit zu drücken, denn dann würde sie über die Kante rutschen und kippen. Wahrscheinlich würde sie dann zerbrechen, dann wäre alles umsonst gewesen, und er müsste eine andere Lösung finden. Nun ging er es noch vorsichtiger an, es fehlten nur wenige Zentimeter. Er hörte ein lautes Geräusch, näherte sich da jemand? Manmohan hielt inne und zog seine Pistole, wartete kurz und steckte si e wieder in das Holster. Es war wohl nur ein streunendes Tier, das herumirrte.
Eine letzte Anstrengung, dann reichte es. Als Erstes durchsuchte Manmohan den dicken Amerikaner, den angeblichen Freund von Jules.
Er lag direkt neben der Grabstelle.
Manmohan hatte ihn zuvor von der Platte runtergeschoben.
Er verstand diese abstruse Situation hier nicht, aber sofort brach er wi eder ab, darüber nachzudenken. Manmohan fand die erwähnten Schlüssel in der Seitentasche der Lederjacke und steckte sie in seine Sakkotasche.
Er fand auch Walthers Stableuchte und leuchtete in die Öffnung der Gruft, dabei beugte er sich darüber.
Manmohan wollte sehen, ob auch genug Platz für alle Leichen vorhanden ist. Es roch nach extremer Fäulnis, Duftnoten unbeschreiblicher Natur durchzogen seine Nase. Was er nun erblickte, war auch für ihn ziemlich bizarr …
»Das ist ja ein Ding !« entfuhr es dem furchtlosen Inder, der auch schon allerlei in seinem Leben gesehen hatte. Hier lagen nicht nur die rechtmäßigen Nutzer dieser Familiengruft, nein, hier lagen insgesamt in Schichten aufeinander geschmissen, sieben Leichen auf alten Holzsärgen. Es war ein Massengrab, nun wurde es nochmals um vier weitere erweitert. An dem oberen schon skelettierten Leichnam sah man noch deutlich blutdurchtränkte Kleidung und diverse Einschusslöcher darin. Manmohan schüttelte nur seinen Kopf und ging weiter methodisch vor. Als Letztes warf er Jules hinein. Dann verschloss er wieder das Grab mit der Marmorplatte. Persönliche Gegenstände beließ er bei den Toten, nur ihre Handys
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