Angor - Schatten der Vergangenheit (Kriminalroman)
geduldig auf eine Reaktion. Raven schaute seinen Freund milde an und meinte lächelnd:
»Es könnten wirklich die Zeilen meines Vaters sein. Danke, dass du diese Akte ausgegraben hast .«
»Sie ist definitiv von deinem Dad!
Ich sagte dir ja bereits, es gibt sie alle zweimal. Einmal sind die Berichte deines Vaters chiffriert. In der zweiten Akte dann entschlüsselt, also im Klartext verfasst.
Nur dass einige Abschnitte und vor allem Namen, nach gewisser Zeit geschwärzt wurden.
Diese Praxis erfolgte schon in den fünfziger Jahren, das kenne ich auch von anderen sensiblen Bereichen. Diese Einsatzberichte waren und werden für alle Zeiten unter Verschluss bleiben. Vielleicht werden sie nach den jüngsten Ereignissen auch geschreddert .«
Ravens Gesicht war entspannt wie schon lange nicht mehr, dementsprechend fiel seine Antwort aus:
»Das denke ich auch, vielleicht ist die Anweisung schon erfolgt. Dass du diese Akte aus alten Archiven noch herausbekommen hast, ist ein kleines Wunder.«
Nun lächelte Nolan geheimnisvoll, er freute sich sichtlich:
»Es war nicht leicht und auch nicht billig …
Ein dortiger Angestellter war mir wirklich wohlgesonnen, geradezu hocherfreut zu helfen.
Er hat ein paar Minuten weggeschaut und zuvor die Überwachungskameras manipuliert. Es wird nicht nachvollziehbar sein. Er weiß auch nicht, dass ich etwas mitgenommen habe.
In diesem abgesicherten Gebäudebereich des Außenministeriums liegen geschätzt Millionen von Geheimdokumenten. Gott sei Dank gibt es ein Zeit- und Ortsregister, sonst hätte ich da unten Monate gebraucht, etwas von Stewart zu finden. Sicherlich vermutet der Archivar, ich wollte eine von meinen eigenen alten Aktivitäten nachlesen. Für diesen Typen sin d alle SAS-Angehörigen Helden. Er war ebenso hocherfreut, mir die Hand zu schütteln. Nur meine Akten befinden sich in militärischer Obhut und lagern ganz woanders. Von diesen brisanten Lagerstätten gibt es reichlich in Großbritannien. Derartige Inhalte werden auch nicht auf Festplatten von Computern gespeichert, das hat sich bis heute nicht geändert.
Ich hätte gern noch mehr herausgeschmuggelt, aber ich wollte es nicht übertreiben. Dein Vater hat nach dem genannten Datum des letzten Berichtes wirklich vierzehn Monate in Schottland verbracht. Das konnte ich alles lückenlos recherchieren.
Er hat in einer Whiskeybrennerei gearbeitet und wahrscheinlich reichlich von dem guten Stoff vernichtet. Erst im Juli 46 ist er nach London zurückgekehrt.
Ich denke mal, dass ihm die Abgeschiedenheit und die harte Arbeit wirklich geholfen haben. Seinen weiteren Werdegang kennst du ja besser als ich. Belastet dich die Geschichte mit dem Gold?«
Raven ließ sich mit seiner Antwort Zeit:
»Man urteilt allzu gern vorschnell und emotional. Ich habe in den letzten Tagen viel darüber nachgedacht, auch über viele andere Begebenheiten und Geschehnisse. Es gibt Bedeutende und welche, die mir nur ein müdes Lächeln abringen. Das Verschwinden von Jules Winthorp zum Beispiel. Ein weiser Mann hat mir einmal zu erklären versucht, dass es keine Zufälle gibt. Ich habe es aber nicht verstanden, nun weiß ich aber, dass er recht hatte. Nichts geschieht ohne Grund oder einfach nur so! Ich kann dir aber immer noch nicht eine schlüssige Antwort darauf geben, was mich am meisten erschüttert oder belastet. Es ist alles noch zu nebulös. Wahrheiten kann man verschweigen, verfälschen, sie leugnen oder auch einfach nur akzeptieren. Ich werde Letzteres bevorzugen … lassen wir das für den Moment. Fliege du nach Frankreich und versuche, alles über diesen Alain Dupré herauszufinden.
Dass du sein vermeintliches Skelett und diverse Papiere in einen versifften Kopfkissenbezug gestopft und aus dem Keller mitgenommen hast, ist für mich nicht begreifbar.
Ich hätte es niemals fertiggebracht. Wie kann man menschliche Überreste, dann auch noch ohne Handschuhe, überhaupt anfassen? Und dann legst du alles wie eine Beute in den Kofferraum deines Autos und rufst selenruhig die Feuerwehr. Einfach unglaublich …«
Nolan zuckte mit den Schultern:
»Es war mein einzig lichter Moment. Diesen Fundus wollte ich unbedingt sichern und nicht durch Brand beseitigen. Alles andere lief dann automatisiert ab …
Vielleicht habe ich einfach zu viel Leid gesehen, mich haben definitiv zu viele Leichen umgeben.
Ich komme mit Toten besser zurecht als mit Lebenden, das ist schon seltsam .«
»Ja … ich neige immer dazu, es zu
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