Angriff Aus Dem Netz
weit bist du gekommen?«
»Hätte dem Präsidenten auf den Schreibtisch pinkeln können, wenn ich gewollt hätte«, grinste Sam. »Virtuelle Pisse natürlich.«
»Das ist Hardcore, Kumpel!«, stieß Kiwi beeindruckt hervor.
»Wie lange bist du schon hier?«, fragte Sam. »Oder wie lange musst du hierbleiben?«
»Nur drei Jahre. Hat mit meinem Alter zu tun. Hätte länger einsitzen müssen, wenn ich älter gewesen wäre. Das erste Jahr hier in Rector, dann noch zwei Jahre irgendwo im Norden. Danach werde ich ausgewiesen. Zurück nach Neuseeland. Mit anderen Worten, hinausgeworfen. Und du?«
»Keine Ahnung«, antwortete Sam. »Soweit ich weiß, ist gegen mich noch keine offizielle Anklage für was auch immer erhoben worden. Hab noch keinen Anwalt zu sehen bekommen, auch keinen Gerichtssaal. Überhaupt nichts. Durfte noch nicht mal mit meiner Mutter sprechen.«
»Typisch«, sagte Kiwi. »Typisch CDD.«
»Was soll das heißen? Wie lange können sie mich hier einsperren?«
»So lange sie wollen. Mich haben sie wegen Verstößen gegen Computerbetrugsgesetz angeklagt – das ist ein Verbrechen. Aber dich könnten sie nach dem Patriot Act anklagen – seit Vegas nennen sie es Anti-Terrorismus-Gesetz – und dann können sie mit dir machen, was sie wollen. Hier bleibst du, bis du achtzehn bist, dann schicken sie dich in ein anderes, ein richtiges Gefängnis. Mit erwachsenen Straftätern. Die Chancen stehen gut, dass sie den Schlüssel wegwerfen und dich glatt vergessen. Sorry, Kumpel, aber da stecke ich doch lieber in meiner eigenen Scheiße, wenn du weißt, was ich meine.«
Kiwi musste Sams Gesichtsausdruck bemerkt haben, denn er fügte schnell hinzu: »Du solltest deiner Mutter eine E-Mail schicken, damit sie weiß, dass es dir gut geht. In der Bibliothek stehen ein paar Rechner.«
»Es gibt eine Bibliothek?«, fragte Sam erstaunt.
»Dort drüben, neben dem Verwaltungsgebäude.«
»Mit Computern?«
9. Die Bibliothek
Die Bibliothek war alt und ihre Wände und Böden waren, was schier unmöglich schien, mit noch mehr Holz verkleidet oder belegt als der Zellenblock.
Die Tische allerdings waren übersät mit Graffiti, die meisten waren ziemlich obszön. An den Wänden stand ein Regal dicht neben dem anderen, alle vollgestopft mit Büchern, aber Sam nahm sich nicht die Zeit, ihre Titel zu lesen. Jetzt noch nicht. Im Moment hatte er nur ein Ziel – den Computertisch.
Es gab vier Arbeitsplätze, die durch halbhohe Blickschutzwände aus Holz voneinander getrennt waren. Nur ein Computer wurde benutzt – ein Junge mit Rattengesicht, auf dessen Nacken das Wort »BadAss« tätowiert war, allerdings nicht sehr professionell ausgeführt. Wie ein »Schlägertyp« oder »harter Bursche« sah er eigentlich nicht aus.
Trotzdem setzte sich Sam vor den am weitesten von ihm entfernten Computer.
Zuerst schickte er eine kurze E-Mail an seine Mutter, versicherte ihr, dass es ihm gut gehe und dass sie sich keine Sorgen machen solle, dann schaute er sich die Programme auf dem Computer genauer an, um herauszufinden, was den Insassen erlaubt war und was nicht.
Es war ein Standardrechner von HP mit dem üblichen Microsoft-Betriebssystem. Aber das System war stärker eingeschränkt, als er es jemals gesehen hatte. Eine Menge Programme wie Net Nanny, WebMarshal und so weiter waren in eine streng verwaltete Umgebung eingebunden, sodass der User keinerlei Möglichkeit hatte, den Rechner neu zu konfigurieren.
Der Internet Explorer war zwar vorhanden, aber man konnte damit nur eine kleine Auswahl von Websites aufrufen. Die einzigen verfügbaren Spiele waren Solitaire und Minesweeper, allerdings bot eine der zulässigen Websites die Möglichkeit, mit Nutzern aus aller Welt Schach zu spielen.
Na ja. Zumindest konnte er sich damit die Zeit vertreiben.
Man durfte nur das E-Mail-Programm des Gefängnisses benutzen sowie ein paar Hilfsprogramme wie Taschenrechner und Tabellenkalkulation.
Davon abgesehen, gab es sonst nichts.
Es gab auch keine Möglichkeit, Software vom Internet auf den Computer herunterzuladen. Tastatur, Maus und Monitor waren die einzigen zugänglichen Geräte. Alles andere befand sich unter dem Rechnertisch und war hinter einer starken Tür sicher verschlossen.
Ein kleines Schild auf dem Bildschirmgehäuse warnte den Nutzer, dass jeder Manipulationsversuch an den Programmen oder am Betriebssystem mit der Entfernung sämtlicher Geräte bestraft würde.
Zumindest würde er ihnen auf diese Weise klarmachen, dass er noch
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